Demokratieförderung
Gymnasiasten diskutieren bei «Jugend debattiert» — auch ein Limmattaler war am Start

Bei «Jugend debattiert» schaffen es von über 900 teilnehmenden Jugendlichen aus Zürcher Kantonsschulen 16 in das Regionalfinal.

Kevin Capellini
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Die vier Finalisten von links nach rechts: Jonathan Daum, Anne-Sophie Skarabis, Nilo Cavalli und Henry Töpel, alle sind 16 jahre alt.

Die vier Finalisten von links nach rechts: Jonathan Daum, Anne-Sophie Skarabis, Nilo Cavalli und Henry Töpel, alle sind 16 jahre alt.

Kevin Capellini

Die Schweiz steht kurz davor, ein Überwachungsstaat zu werden. So wird eine Debatte über das Thema «Das Ende der Privatheit» eröffnet. Die auf der Bühne stehenden Redner sind jedoch keine Experten, die ihren Standpunkt kontrovers vertreten, sondern Schülerinnen und Schüler der verschiedenen Gymnasien des Kantons Zürich.

Die Vier stehen vor vollen Publikumsrängen in der Aula des Realgymnasiums Rämibühl in Zürich. Es herrscht Stille und Aufmerksamkeit, während die Jugendlichen ihre Meinungen äussern und miteinander debattieren, ob die Schweiz mehr und mehr zu einem Überwachungsstaat verkommt.

Jugend debattiert. Was ist das?

An den Zürcher Kantonsschulen werden innerhalb der Schulklassen aktuelle gesellschaftspolitische Streitfragen debattiert. Jeweils zwei Schüler vertreten die Pro-Seite, zwei andere die Kontra-Seite. Ein Zeitwächter überwacht, dass die Redezeiten aller Personen ausgeglichen sind. Die Schüler dürfen im Vorfeld nach Argumentationen zum Thema suchen, die Positionen werden im Wettbewerb jedoch erst 30 Minuten vor Beginn der Debatte zugelost. Somit vertreten die Teilnehmer nicht immer zwingend ihre eigene Meinung. Von den über 900 teilnehmenden Jugendlichen in den Klassen schaffen es 16 an das Zürcher Regionalfinal, das am Freitag ausgetragen wurde. Von den vier Runden schafft es je eine Person in die Endrunde, wo dann der Sieger — der beste Debattierende des Kantons — gekürt wird. (KEC)

Einer der Redner ist der 16-jährige Colin Jäckli von der Kantonsschule Limmattal, der dieses Jahr als einziger Limmattaler am Regionalfinal von «Jugend debattiert» teilnimmt. Und er debattiert mit Leidenschaft, versucht, seine Gesprächspartner zu überzeugen, und bietet Kontra, als das Argument kommt, der Überwachungsstaat bedeute gleichzeitig zu einer Diktatur zu verkommen. «Nein», findet Jäckli, «mehr Überwachung bedeutet mehr Sicherheit und das verbessert die Lebensqualität. Dies ist essenziell in einer Demokratie wie der Schweiz.»

Die Argumente ziehen sich weiter, das Thema wird von allen vier ausführlich diskutiert. Jeder will sein Bestes geben, denn nur einer kann in die letzte Finalrunde einziehen und dort sind drei von vier Plätzen bereits belegt. So überzeugend Jäckli auch spricht, für ihn reicht es nicht, die kantonale Finalrunde von «Jugend debattiert» findet ohne Limmattaler Vertretung statt.

Aktive Demokratieförderung

Für Organisatorin Villö Huszai, Deutschlehrerin an der Kantonsschule Stadelhofen, geht es jedoch nicht darum, wer von den Jugendlichen am Schluss im Final steht und gewinnt, sondern vielmehr um den Lernprozess, den die Schüler während des Projekts durchlaufen. «Die Debattierenden lernen, vor dem Publikum für ihre Meinung, für den Standpunkt, den sie vertreten, gerade zu stehen.»

Dass in der Schule mit dem Debattieren nicht nur Theorie gelernt, sondern Praxis auch angewandt werden könne, habe auch einen positiven Effekt auf das spätere Leben der Jugendlichen, findet Huszai. «Man lernt, andere Meinungen zu akzeptieren und diese miteinander zu diskutieren.» So ergebe sich Verständnis für Ansichten anderer Personen, was für Huszai eine Form aktiver Demokratieförderung für die Gymnasiasten sei.

In der Endrunde des diesjährigen Regionalfinals wird dann darüber debattiert, ob ein Teil des gymnasialen Unterrichts in selbstständige E-Learning-Lektionen umgewandelt werden soll. Die Diskussion gewinnt Jonathan Daum von der Kantonsschule Wetzikon, der, wie die Jury befindet, mit seiner stringenten Argumentationsweise überzeugen konnte. Für Daum ist der Sieg eine grosse Freude.

«Ich habe schon immer sehr gerne diskutiert und bin auch politisch sehr interessiert, daher ist es wirklich toll, darf ich hier als Sieger von der Bühne.» Das Niveau sei bei allen Mitstreitern hoch gewesen, jedoch sei das Debattieren nicht immer fair, sagt er. «Oft geht es nur darum, wer sich besser verkaufen und präsentieren kann, die Inhalte und Meinungen verlieren an Bedeutung. Und so sollte es eigentlich definitiv nicht sein.»