Eine bestimmte Helligkeit, Lichtfarbe und Leuchtenform könnte dabei helfen, die Tierwelt besser zu schonen, wie Feldversuche in Urdorf und Weiningen gezeigt haben. Weitere Studien, unter anderem in Uitikon, sollen nun bisherige Ergebnisse vertiefen.
Es ist ein altbekannter Anblick: Nächtliche Strassen, die vom Licht der Kandelaber durchflutet werden und Insekten, die wie hypnotisiert um den Lichtstrahl kreisen. Dieses Phänomen, dem man als Passant – wenn überhaupt – wohl eher beiläufig Beachtung schenkt, ist für die Insekten lebensgefährlich. Sie orientieren sich in der Nacht nämlich am Licht der Gestirne, das helle Strassenlicht verwirrt sie. Die Insekten bleiben so lange im Lichtschein stecken, bis sie sterben oder von anderen Kleintieren gefressen werden.
Eine andere Einstellung der Lichter, etwa eine geringere Helligkeit und eine wärmere Lichtfarbe, schmälert allerdings die Lockwirkung auf Insekten, wie bisherige Studien aus Urdorf und Weiningen der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) mit Sitz in Birmensdorf und der Elektrizitätswerke des Kantons Zürich (EKZ) gezeigt haben. Weitere Feldstudien in einem Wald in Uitikon, auf der Lägeren und im Schwyzer Alpthal sollen die bisherigen Erkenntnisse aus den Jahren 2017 und 2019 nun vertiefen.
Dafür haben die Forschenden am vergangenen Mittwoch an den erwähnten drei Orten je zwölf LED-Leuchten aufgebaut. Das Ziel ist es, den Einfluss der unterschiedlich eingestellten Lichter auf nachtaktive Insekten und Fledermäuse zu untersuchen. Bei den Fledermäusen geht es darum zu sehen, wie die Lichter das Jagd- und Fressverhalten der Tiere beeinflusst.
Die Leuchten unterscheiden sich hinsichtlich Lichtfarbe (kaltweisses, weisses und amberfarbenes Licht), Helligkeit (50-prozentige und keine Dimmung) sowie Leuchtenform. Bei letzterer haben die Forschenden manche Leuchten mit einem Schirmchen ausgestattet, sodass das Licht in die Umgebung streut. Bei den Leuchten ohne Schirm strahlt das Licht direkt nach unten auf den Boden.
Um nun den Einfluss der verschiedenen Variablen auf die nachtaktiven Insekten und Kleintiere wie etwa Spinnen und Käfer zu untersuchen, haben die Forschenden an den Leuchten und am Boden Fallen aufgebaut. Diese sind tagsüber geschlossen, öffnen sich am Abend automatisch und fangen die angelockten Insekten ein.
Einmal in der Woche werden die Fallen geleert. An den Vorrichtungen befestigte akustische Aufnahmegeräte zeichnen zudem die Laute (Echoortung) von jagenden Fledermäusen auf und erlauben es, die Fledermausarten zu identifizieren. Zum Vergleich haben die Forschenden auch Fallen in unbelichteten Arealen aufgestellt.
Die Feldversuche finden jeweils in den Sommermonaten von 2021 bis 2024 statt. Die beiden Studien, die 2017 unter anderem in Urdorf und 2019 in Weiningen stattfanden, dauerten jeweils nur wenige Monate. «Jetzt möchten wir über mehrere Jahre herausfinden, wie sich die lokale Insektengemeinschaft verändert», erklärt Janine Bolliger, wissenschaftliche Mitarbeiterin beim WSL und Mitinitiantin der Studie.
Daher hatten sich die beiden Forschungspartner WSL und EKZ auch entschieden, im Unterschied zu den bisherigen Studien, diese Versuche nicht mit bereits bestehenden Kandelabern durchzuführen, sondern neue Leuchten aufzubauen; und zwar an Orten, wo sonst nur wenig künstliches Licht hinfällt. Zudem war es laut Bolliger nicht möglich gewesen, die jetzt im Einsatz stehenden Bodenfallen auf Asphalt zu platzieren.
Komme diese Studie auf die gleichen Ergebnisse wie die vorangehenden, wäre das bereits ein grosser Hinweis darauf, welche Lichter wie auf die Insektenwelt wirkten, sagt Bolliger. Nämlich, dass warmes, gedämmtes und «geradliniges» Licht Insekten weniger stark anzieht als kaltes, helles Licht, das in die Umgebung streut.
Klar ist den Beteiligten allerdings auch, dass die obengenannten Charakteristika weniger vorteilhaft für den Autoverkehr sind. Deshalb gehe es darum den «goldenen Mittelweg» zu finden, sagt Jörg Haller, Leiter öffentliche Beleuchtung bei den EKZ. Er hat die Studie zusammen mit Bolliger von der WSL gestartet.
«Unser Anliegen ist es, zu untersuchen, welche Faktoren wie stark Einfluss haben auf die Umwelt. Wenn wir da mehr wissen, können wir zukünftig besser planen», erklärt Haller. Erkenntnisse aus den bisherigen Studien würden bereits heute in gewisse Planungen einfliessen.
Unabhängig vom weiteren Verwendungszweck der Studienergebnisse geht es den Beteiligten aber auch um etwas anderes, wie Wissenschafterin Bolliger erklärt:
«Wir wollen die Leute auch dahingehend sensibilisieren, dass Beleuchtungen nicht einfach nur nett aussehen, sondern auch Gefahren bergen.»