Die Weitergabe der eigenen Unternehmung beschert vielen Inhabern rauchende Köpfe. Welchen Sinn macht es, die Unternehmung an die eigenen Kinder weiterzugeben? Kann ein KMU in der heutigen Zeit noch bestehen, und wo sind die Grenzen? In tausenden von schweizerischen KMUs werden diese Fragen gestellt und müssen von den Eignern bzw. den Nachfolgern beantwortet werden. Diesem Thema widmete sich kürzlich die Vereinigung Christlicher Unternehmer (VCU) Aargau/Solothurn. Referent war Erwin Baumgartner der Heinz Baumgartner AG, Tegerfelden.
Die Heinz Baumgartner AG in Tegerfelden wurde im März 1962 als Einmannbetrieb gegründet. 1965 konnte bereits der erste Mitarbeiter eingestellt und 1968 der erste Lehrling beschäftigt werden. Nicht lange nachdem die Firma 1978 eine Aktiengesellschaft wurde, stiegen die Söhne Stefan und Erwin Baumgartner 1985 in das Familiengeschäft ein. Heute zählt das Unternehmen 50 Mitarbeitende, davon 9 Auszubildende, vorwiegend Polymechaniker. Im Durchschnitt arbeitet ein Angestellter 9,3 Jahre in diesem Betrieb. Als klassischer Lohnfertiger tätig, entstehen hier, verteilt auf zwei Standorte, vom einfachen Bearbeitungsteil bis hin zur komplexen Baugruppe unterschiedlichste Produkte.
Ein Familienunternehmen aus Gründerpaar und vier Kindern
Inzwischen ist die ganze Familie im Unternehmen tätig. Das Gründerehepaar hat sich in den Ruhestand zurückgezogen, wobei dies beim Vater nicht ganz zutrifft. Als Mitglied der Geschäftsleitung mit beratender Funktion bringt er seine Erfahrung weiterhin ein. Die Geschäftsführung wird von Erwin Baumgartner wahrgenommen. Stefan Baumgartner obliegt die Betriebsleitung. Agnes Huber-Baumgartner ist im Teilzeitpensum für die Buchhaltung zuständig. Markus Baumgartner arbeitet im Bereich Logistik und Material. Ein besonders stolzer Moment: 2010 gewinnt die Heinz Baumgartner AG den 1. Rang des Aargauischen Unternehmenspreises im Bereich Industrie und Produktionsunternehmen bis 250 Mitarbeiter.
Zurückhaltung und Anerkennung
Spannungsfelder, so Baumgartner, entstehen in verschiedenen Bereichen bei einer Übergabe, in diesem Fall an mehrere Kinder. Wesentlich ist dabei das Vertrauen zueinander und dies Generationsübergreifend. Als Absicherung gilt die Vereinbarung, dass Verträge doppelt unterzeichnet werden. Mitunter wird die Arbeitszeit abgestempelt. Jeder bekommt also was er verdient. Schlussendlich können sich auch alle im Verwaltungsrat einbringen. Somit herrscht Gleichberechtigung. Die Ferien der Geschwister sind abgesprochen und werden eingehalten. Während dieser Zeit verpflichten sich die anderen, dem Abwesenden die betrieblichen Verpflichtungen abzunehmen. ./.
Erwin Baumgartner weist aber auch daraufhin, dass der Erfolg der Firma nicht nur dem guten Zusammenspiel der Familie zu verdanken ist, sondern auch den familiären Strukturen der Mitarbeiter. Wertehaltung und Teambildung werden durch Ausflüge und sonstige Zusammenkünfte gefördert. Auch der verständnisvolle und unterstützende Partner darf nicht fehlen, damit Betrieb und Familie wie auch Freizeit auf einen gemeinsamen Nenner gebracht werden können. Die grundlegende Basis, so Erwin Baumgartner, ist Zurückhaltung und Anerkennung untereinander. Jeder spielt eine ebenso wichtige Rolle wie der Andere.
Respekt, Fairness, Verantwortung
Mit Anlässen zu aktuellen Themen fördert die VCU den Erfahrung- und Meinungsaustausch unter den Mitgliedern sowie mit Fachleuten und interessierten Gästen. Hauptfokus ist laut VCU-Präsident Louis Dreyer dabei das «Wirtschaften mit Werten». Ziel der Vereinigung ist es, ihren Mitgliedern unternehmerische, gesellschaftliche und ethische Impulse zu vermitteln und dabei ihre Verantwortung im Umgang mit Gesellschaft und der Welt wahrzunehmen. Dies ganz nach dem Motto: «Respekt – Fairness – Verantwortung ».
Louis Dreyer