ENDINGEN – Im sechsten Surbtalk vom letzten Dienstag standen gleich drei wichtige Traktanden der nächsten Gemeindeversammlungen zur Diskussion. Schon in der kurzen Einführung von David Burgherr wurde klar, dass die schulergänzenden Tagesstrukturen nicht nur den Kindern, sondern ebenso den Eltern und Grosseltern nützen, dass die Schulsozialarbeit nebst den Jugendlichen auch die Lehrbetriebe unterstützt und die Sozialhilfe entlastet und dass «Wohnen im Alter» weit über den direkten Nutzen hinaus nachhaltig Einnahmen für die Gemeinde generiert. Die Investitionen zahlen sich nicht nur materiell aus sondern sichern und erhöhen die Lebensqualität für alle Generationen.
Jeder investierte Franken fliesst mehrfach zurück
Die zentrale Frage zu den ausserschulischen Tagesstrukturen in Lengnau war rasch auf dem Tisch: Warum soll die Gemeinde überhaupt Beiträge an die Betreuung leisten? Ebenso klar war die Antwort von Marcel Elsässer: Grundsätzlich tragen die Eltern die gesamten Kosten selbst. Damit der Betrieb aber überhaupt aufgenommen werden kann, muss die Gemeinde ein mögliches Defizit abdecken. Dazu wird ein Kostendach beantragt. Die Erfahrungen aus den Nachbargemeinden legen aber nahe, dass die tatsächlichen Kosten für die Gemeinde um ein Vielfaches tiefer liegen werden, da auch in Lengnau mit einer hohen Auslastung und wenig Tarifreduktionen gerechnet werden kann. Zudem sind diese Kosten nicht als Ausgaben, sondern als Investitionen zu betrachten. Laut einer vielbeachteten Studie zu den volkswirtschaftlichen Auswirkung von Kindertagesstätten (Sozialdepartement der Stadt Zürich, 2001) übersteigt nur schon der finanzielle Nutzen diesen Aufwand um ein Mehrfaches. Wenn beide Eltern arbeiten, steigen die Einkommen und die Steuererträge deutlich an, sinken die Sozialausgaben und verfügen die Unternehmen über mehr qualifizierte Arbeitskräfte.
Die Kinder profitieren von der Betreuung nicht nur sozial, sondern erbringen nachweislich höhere schulische Leistungen. Damit ist bereits für die nächste Generation der Grundstein für eine florierende Gemeinde gelegt. Nebst dem finanziellen Nutzen steigt aber auch direkt die Lebensqualität für alle Beteiligten. So wird zum Beispiel das Hüten der Enkel wieder zum angenehmen Privileg.
Der neutrale, ruhige Pol schafft Perspektiven
Es hätte den Rahmen vom Surbtalk gesprengt, die verschiedenen Aufgaben der Schulsozialarbeit zu erörtern, so zahlreich und vielfältig sind sie. Patrizia Oswald hob darum aus dieser Vielfalt vor allem den direkten Nutzen für die Jugendlichen hervor. Die Schulsozialarbeit bietet ihnen bei psychischen und sozialen Problemen eine neutrale und kompetente Anlaufstelle an, die der Schweigepflicht untersteht. Damit spielt sie eine andere Rolle als die Eltern, welche für ihre Kinder Partei ergreifen würden oder sonst bereits am Konflikt teilhaben. Sie unterscheidet sich aber auch von den Pädagogen, welche die Jugendlichen unter anderem beurteilen müssen, weshalb sich diese kaum eine Blösse geben wollen. Selbstredend können auch Gleichaltrige oder Online-Foren die Funktion der Schulsozialarbeit nicht ansatzweise erfüllen.
Sie leistet überdies einen erheblichen Beitrag dazu, dass benachteiligte Jugendliche eine Berufsausbildung antreten und selbstständig werden. Dies führt zu Einsparungen bei der Sozialhilfe, welche die Aufwendungen für die Schulsozialarbeit bei weitem überragen. Deren Einführung in der Kreisschule ist darum nicht nur wünschenswert, sondern dringend nötig.
Big Business für die Gemeinde
Das Projekt «Wohnen im Alter» in Lengnau beschäftigt weit mehr als nur die Seniorinnen und Senioren. In zwanzig Jahren wird sich im Surbtal der Anteil der Menschen über 60 Jahren verdoppelt haben. Gerade die Generation, welche heute mitten im Berufsleben steht, muss sich also besonders darum kümmern, wo sie im Alter wohnen will oder überhaupt kann. Isabelle Schmid zeigte auf, warum ein genossenschaftlicher Wohnbau im Baurecht den höchsten Nutzen sowohl für die künftigen Mieterinnen und Mieter als auch für die Gemeinde bringt. Die Parzelle an der Landstrasse wurde eigens für öffentliche Bauten eingezont und kann von der Gemeinde konkurrenzlos günstig erworben werden. Indem die Gemeinde das Grundstück im Baurecht vergibt, wahrt sie ihr Vermögen, profitiert von der zu erwartenden Wertsteigerung und erwirtschaftet ein zuverlässiges Zinseinkommen, welches die Steuern entlastet. Profitabler kann die Gemeinde gar nicht investieren. Ausserdem garantiert sie durch eine Zweckbindung, dass wirklich Alterswohnungen entstehen und sie kann bei Ablauf des Baurechtsvertrags die Anlagen zum Zeitwert übernehmen.
Eine Genossenschaft als Bauherrin sorgt naturgemäss für eine sowohl günstige als auch qualitativ und ästhetisch hochstehende Bauweise, die sich an den Bedürfnissen der künftigen Bewohnerinnen und Bewohner orientiert. Der Verzicht auf Profit und der tiefe Grundstückpreis führen zusammen zu moderaten Mieten und somit zu mehr verfügbarem Einkommen der Rentnerinnen und Rentner. Letztlich entlastet eine Baugenossenschaft die Gemeinde von einer wichtigen Aufgabe und verhilft ihr überdies zu einem klaren Mehrwert und Standortvorteil.