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So endet das Familienleben zwischen sechs und acht Uhr abends nicht im Chaos

Für viele Familien sind die Abendstunden zwischen sechs und acht Uhr der reinste Stresstest. Endlich sind alle zu Hause, aber da sind einfach zu viele Dinge in zu wenig Zeit zu erledigen.

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Hausaufgaben machen, Znacht essen, zusammen reden, klappt nicht immer so harmonisch.

Hausaufgaben machen, Znacht essen, zusammen reden, klappt nicht immer so harmonisch.

CH Media

Zuerst die gute Nachricht: Eltern verbringen heute doppelt so viel Zeit mit ihren Kindern wie vor fünfzig Jahren. Waren es 1965 noch durchschnittlich 54 Minuten, sind es heute 104 Minuten am Tag. Klingt nach wenig, ist aber viel. Noch vor zwei Generation verbrachten Väter im Schnitt gerade mal 16 Minuten täglich mit ihren Kindern.

Die verflixten zwei Stunden am Abend

Und jetzt die schlechte Nachricht: Die gemeinsame verbrachte Zeit schrumpft bei vielen Familien unter der Woche auf ein sehr kleines Zeitfenster zusammen, von sechs bis acht Uhr abends. Und meist sind diese Stunden von der berühmten «Quality Time» soweit entfernt wie die Schweiz von Australien.

Da sind einfach zu viele Dinge, die in zu wenig Zeit passen müssen: Hausaufgaben machen, Klavier üben, ins Fussballtraining fahren, über den Tag reden, mit Grosi telefonieren, zu Abend essen, Küche aufräumen, Kuscheln, Spielen, Vorlesen.

Für viele Familien sind die frühen Abendstunden darum die reinste Chaosphase, einer läuft immer Sturm und frisches Brot hat auch niemand gekauft.

Die Autorin, Dreifachmutter und Bloggerin Nathalie Klüver hat dafür den treffenden Begriff «Afterwork Familie» kreiert. In ihrem gleichnamigen, neuen Buch gibt sie Tipps wie man, «mit wenig Zeit sich und seine Kinder glücklich macht.» Wir haben die Ratschläge mit eigenen Erfahrungen aus unserem Feierabend-Familienleben ergänzt.

1. Kinder im Alltag mitnehmen

Kinder wollen am Leben der Eltern teilnehmen. Sie brauchen keine Spezialprogramme. «Quality Time ist gemeinsam verbrachte Zeit. Man muss dafür nicht zusammen am Strand sitzen», schreibt Nathalie Klüver. Klar würde es zigmal schneller gehen, die Geschirrspülmaschine alleine auszuräumen und das Gemüse selber zu rüsten, statt um kleine Finger zu bangen. Aber die Dinge wollen erledigt sein, die Kinder wollen an der Welt der Erwachsenen teilhaben, auch wenn sie noch so nörgeln. Und wenn Sie mit ihrem Teenager endlich mal wieder ein anständiges Gespräch führen wollen, drücken sie ihm das Geschirrtuch in die Hand. Sie werden sich wundern, wie Abtrocknen die Zunge löst.

2. Weniger Nörgeln, mehr Verständnis

Die Jacken und Schuhe lagern in Schichten in der Garderobe, in der Stube ist vor lauter Legoteilchen kein Durchkommen mehr und der Znacht ist auch noch nicht auf dem Tisch. Statt mit einer Standpauke in den Familien-Feierabend zu starten, besser einfach Hallo sagen und alle umarmen. Auch der Partner und die Kinder hatten wohl einen anstrengenden Tag.

3. Begrüssungen und Berührungen zelebrieren

Wenn das Kind mal wieder wütend ins Haus stapft und seinen Thek in den Gang wirft, nicht sofort aus der Küche heraus belehren. Besser: Die eigene Tätigkeit unterbrechen. Auf Augenhöhe gehen und etwas sagen wie: «Schön, dass du da bist.» Und wenn es das Kind zulässt, es berühren: Ein Kuss, über die Haare streicheln, umarmen, schnell über den Arm streichen. Körperkontakt stärkt die Bindung und lässt den Stresspegel sofort sinken. Studien haben ergeben, dass Kinder, die viel mit ihren Eltern kuscheln, deutlich seltener krank sind. Wir sollten unsere Kinder also mehr umarmen. Nicht nur die Kleinen auch den zwölfjährigen störrischen Teenager.

4. Ämtliplan auch für Mama und Papa

Hirnforschern zufolge treffen wir rund 20000 Entscheidungen täglich. Nicht aushandeln müssen, wo die Hausaufgaben gemacht werden oder wann es Zeit fürs Bett ist, entlastet das Gehirn und den Familienalltag. Denn seien wir ehrlich; das Leben mit Kindern ist chaotisch genug, ein paar Regeln tun da ganz gut. Dazu gehört auch einen Ämtliplan für Mama und Papa. Damit man sich nicht streiten muss, wer fürs Abendessen verantwortlich ist.

5. Einen ewigen Menüplan erstellen

Martina Seebers war es leid, sich immer wieder den Kopf darüber zu zerbrechen, was am Abend auf den Tisch kommen soll. Sie erstellte einen «ewigen Essensplan» der sich alle zwölf Wochen wiederholt, Überaschungsmenüs und Jokertage inklusive. «Wir haben nachgerechnet: Seit wir nach Plan einkaufen und kochen, haben wir im Schnitt täglich 30 bis 45 Minuten mehr für andere Dinge», erzählte die Stuttgarterin kürzlich der «Süddeutschen Zeitung». Man muss es ja nicht so konsequent durchziehen wie die Seebers. Aber mittwochs immer Omeletten und freitags Fischstäbchen erleichtert die Sache mit dem Einkaufen und Kochen auch schon sehr.

6. Schluss mit Multitasking

«Multitasking ist ein Irrtum», schreibt Nathalie Klüver in ihrem Ratgeber. «Es funktioniert einfach nicht.» Man könne nicht mehrere Dinge gleichzeitig erledigen, bei jedem Sprung zwischen den Tätigkeiten gehe Konzentration verloren. Also nicht mit einem Ohr die Kindergartengeschichte hören und dabei eine Mail schreiben, sondern zuerst das eine, dann das andere tun. «Bekommen Kinder nur die halbe Aufmerksamkeit, kippt plötzlich alles andere als zufällig ein Wasserglas um oder muss der kleine Bruder dran glauben», schreibt Klüver. Darum: Weniger Multitasking , weniger Geschrei.

7. Hausaufgaben alleine machen lassen

Wer wie ein mürrischer Wachhund neben seinen Hausaufgaben machenden Kindern sitzt, muss sich nicht wundern, wenn diese nervös werden. Besser nur helfen, wenn es die Kinder wünschen. Eltern müssen auch nicht jeden Fehler korrigieren, dafür gibt es Lehrpersonen. Und ein Zeitfenster abmachen. Es ist zielführender, ein Kind arbeitet zehn Minuten konzentriert an seinen Hausaufgaben, als dass es eine Stunde auf dem Stuhl zappelt.