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Leben
Eine unglaubliche Aufholjagt hat Roger Federer am Montag in Australien hingelegt. Mentale Stärke heisst sein Zauberwort. Dazu gehören Faktoren, die jeden unbesiegbar machen.
Sieben Matchbälle hat Roger Federer gestern am Australian Open abgewehrt und diese Partie danach klassiert zu den «Top 5 meiner grössten, wundersamsten Rettungen». Gerettet hat Federer seine mentale Stärke. Doch wie trainiert man das?
Klar ist, dass einige Faktoren dazu angeboren sind und dass ein gutes Selbstbewusstsein, welches dafür auch nötig ist, in der Kindheit entsteht. Ausserdem macht auch Erfahrung widerstandsfähiger und stärker. Acht Faktoren, die wir hingegen selber in der Hand haben.
Sieg ist Einstellungssache. Was plakativ tönt, kann tatsächlich funktionieren: Wer sich die anstehende Herausforderung mit einem guten Ausgang vorstellt und die positiven Gefühle dabei verinnerlicht hat einen Startvorteil.
Man zapft damit sein Unterbewusstsein an: Die positive Einstellung und das Selbstbewusstsein übertragen sich auf unser Auftreten – unser Gegenüber spürt das sofort und wir handeln damit unbewusst zielgerichteter. Es lohnt sich dabei, auch die kleinen Ziele zu visualisieren: Also lieber den nächsten Ballwechsel gewinnen wollen, als sich gleich mit dem ganzen Match unter Druck setzen.
Berühmte Menschen mit Erfolgen nach einem Karriereknick:
Positiv denken heisst nicht, dass Ängste und Zweifel verdrängt werden sollen. «Wird eine Angst nicht anerkannt, dann wird sie grösser», sagt Antoinette Wenk, Mitgründerin des Resilienz Zentrum Schweiz. «Wir müssen sie annehmen, um sie dann abzukühlen.» Eine wichtige Rolle dabei spielt der Körper: Eine starke Position einnehmen hilft, und auch Stress buchstäblich abzuschütteln kann funktionieren.
Weitere Strategien gibt es bei Coaches: Auch Spitzensportler und immer mehr Manager ziehen Mentaltrainer bei. Nebst deren Fachwissen und dem Aussenblick helfen die vereinbarten Termine auch, sich die nötige Zeit für die mentalen Fragen zu nehmen.
Humor hilft auf zwei Ebenen, schwierige Phasen durchzustehen. Einerseits schüttet der Körper beim Lachen Endorphine, sogenannte Glückshormone, aus und die Atmung verbessert sich. Tatsächlich wirkt es sogar positiv, wenn sich jemand bemüht, eine Minute lang zu grinsen.
Auf der anderen Ebene hilft Humor, kreative Lösungen zu finden. Die Kinder wollen am Morgen nicht aufstehen und zur Schule gehen? Gehen Sie sie verkleidet wecken – nach einem Lachen wird es einfacher gehen.
Das Gefühl, Dinge selber verändern zu können, erwerben wir mehrheitlich in der Kindheit. Doch Franz Holderegger, Psychologe und Geschäftsführer von Krisenintervention Schweiz, sagt: «Wer sich drei mal am Tag 20 Sekunden lang an ein eindrückliches Erfolgserlebnis erinnert, kann das verstärken.»
Denn es präge sich mit der Zeit in den präfrontalen Cortex ein, wo die Selbstwirksamkeit lokalisiert sei. Auch anderen helfen fördert dies übrigens.
Wir können nicht ständig fokussiert sein. Nicht mal Roger. Das ausgeschüttete Adrenalin und Cortisol muss wieder abgebaut werden, sonst führt das längerfristig zu Bluthochdruck, Kopfschmerzen, Schlafstörungen und einem schwächeren Immunsystem. Abschalten gelingt einfacher, wenn man auch räumlich an einem anderen Ort ist.
Am besten in der Natur. Gelingt es immer noch nicht, kann die zeitliche Distanz helfen: Stellen Sie sich vor, wie Sie die Situation in zehn Jahren beurteilen werden. Eine Pause hilft aber auch präventiv vor jedem wichtigen Gespräch oder einem Vortrag. Gerade dann ist es wichtig, ein paar mal tief ein- und auszuatmen. Ausgefeiltere Meditationstechniken gibt es viele. Wer vor lauter Ruhen nervös wird, sollte wissen: Dieses vermeintliche Nichtstun ist der Nährboden der mentalen Stärke.
Wenn wir uns bewegen, funktioniert der ganze Stoffwechsel besser und unser Gehirn wird mit mehr Sauerstoff versorgt: Wir fühlen uns wacher und sind konzentrierter. Diesen Vorteil hat Roger Federer ohnehin. Leute mit Bürojobs können Sport benutzen, um danach bei einer Herausforderung effizienter, ausdauernder und kreativer zu sein.
Sport nach der Arbeit führt dazu, dass wir den Stress schneller abbauen und bereit sind für Neues. Wenn wir uns ausserdem im Sport Durchhaltewillen antrainieren, dann gelingt das eher auch im Berufs- und Privatleben: Das Selbstvertrauen, das wir durch die sportlichen Erfolge gewinnen, kann sich auf die ganze Persönlichkeit übertragen.
Ob Tennismatch oder wichtige Sitzung: ausgeschlafen geht es besser. Doch genau in der Nacht davor stören die kreisenden Gedanken das Ein- und Durchschlafen. Nebst Entspannung (siehe Punkt 6) gibt es auch ganz praktische Wege, den Schlaf zu verbessern: kein Bildschirm im Bett, regelmässige Schlafenszeiten, keine Aktivitäten (ausser Sex) im Schlafzimmer.
Die letzte Mahlzeit sollte spätestens zwei bis drei Stunden vor dem Zubettgehen zu sich genommen werden und nicht zu viel Fett und Zucker enthalten. Und auch Alkohol – entgegen dem Volksglauben – stört den Schlaf. Für bessere Konzentrationsfähigkeit ist tagsüber vor allem genügend Flüssigkeit wichtig.