Kinder spielen ihr Trauma unbewusst nach

Hinter Traumareaktionen verbirgt sich eine Überlebensstrategie. Trotzdem kann das Verhalten von traumatisierten Kindern überfordern.

Katja Fischer De Santi
Drucken

Traumatisierte Kinder und Jugendliche fordern mit ihren oft heftigen und unverständlichen Verhaltensweisen Eltern und Lehrer auf ganz besondere Weise heraus. Sie können bei den Erwachsenen Ohnmacht, Hilflosigkeit, Wut und Überreaktionen auslösen, die ungute Gefühle hinterlassen. «Instinktiv wollen wir mit traumatisierten Menschen nichts zu tun haben», sagt Marianne Herzog. Denn, «ein Trauma kann ansteckend sein». Sie ­erzählt, dass selbst Fachleute ­dadurch starken Belastungen ausgesetzt sind.

Traumatisierte Kinder würden das Ereignis unbewusst immer wieder inszenieren, ähnliche Konfliktsituationen heraufbeschwören und so Eltern und Lehrpersonen zum Beispiel in die Rolle der Verfolger zwingen. «Immer in der Hoffnung, dass das tragische Ereignis diesmal ein besseres Ende nehmen wird und abgelegt werden kann.» Hinter jeder traumabedingten Reaktion verbirgt sich eine Überlebensstrategie, die in der Gefahrensituation Sinn machte, aber in der Gegenwart das seelisch belastete Kind stark einschränken kann.

Und es könne immer wieder passieren, dass Kinder und Jugendliche im Echsenmodus sind, ohne dass sie Belastendes erlebt hätten. «Das hat mit der Hirnreifung zu tun, wo es Phasen gibt, in denen die Steuerung relativ schlecht ist, z. B. in der Pubertät», sagt Marianne Herzog beruhigend.