Mongolei
Hitzeperiode nach Hitzeperiode: Kippt das Klima in Zentralasien?

In der Mongolei könnten Dürreperioden zur neuen Normalität werden und die Hitze sich in einem Teufelskreis verstärken. Während dort das Land zur Wüste wird, könnte Mitteleuropa zur Steppe werden.

Roland Knauer
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Die Region Altai in der Mongolei könnte zur Wüste werden.

Die Region Altai in der Mongolei könnte zur Wüste werden.

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Hitzewellen und Dürreperioden plagten die Mongolei und den Nordwesten Chinas in den vergangenen Jahren sehr häufig. Und sie könnten in Zukunft das Klima in Zentralasien dauerhaft prägen. Das vermuten Peng Zhang von der Universität Chonnam in Gwangju in Süd­korea und seine Kollegen in der Zeitschrift «Science».

Die Forscher schliessen dies aus Baumringen von Kiefern, Fichten und Lärchen aus dieser Region. Da Bäume jedes Jahr einen Ring um das Holz der Vorjahre legen, können Wissenschafter aus der Zahl dieser Ringe in einem Stamm nicht nur auf das Alter eines Baumes schliessen, sondern aus der Dicke einzelner Ringe auch auf die Wetter­verhältnisse in diesem Jahr.

Noch nie in 260 Jahren war der Boden so trocken

So fehlt in Dürrejahren dem Baum das Wasser zum Wachsen und die Jahresringe fallen viel dünner aus. Peng Zhang und Kollegen werteten Baumdaten von insgesamt 76 Orten in Zentralasien aus, um nicht direkt vom Klima abhängige Faktoren ausschliessen zu können.

In ihren Analysen finden die Forscher zwei auffällige Entwicklungen, die jeweils in den 1990er-Jahren begannen und bis heute andauern: Zum einen treten seither Hitzewellen im Sommer deutlich häufiger als vorher auf und zum anderen nimmt die Feuchtigkeit der Böden seit der Jahrtausendwende sehr stark ab. Kein einziges Mal wurde in den vergangenen 260 Jahren dort eine so niedrige Bodenfeuchte gemessen wie in den letzten Jahren.

Ist der kritische Punkt bereits überschritten?

Diese Entwicklung könnte sich selbst verstärken, vermuten Peng Zhang und seine Kollegen. Weil auch bei einer Dürre­periode die Pflanzen Wasser aus dem Untergrund holen, sinkt dort die Feuchtigkeit. Je trockener die Böden werden, umso weniger Wasser kann verdunsten und dabei die Luft kühlen. Dadurch steigen die Temperaturen noch mehr, Wasser verdunstet und der Teufelskreis verstärkt sich bis es kein Zurück mehr gibt und sommerliche Hitze­wellen und Dürreperioden zum Dauerzustand werden.

Möglicherweise ist durch diese Entwicklung inzwischen ein Kipppunkt überschritten worden, von dem aus das Klima in Zen­tralasien gar nicht mehr in seinen alten feuchteren und kühleren Zustand zurückkehren kann, vermuten die Forscher.

«Wenn man sicher sein will, dass ein solcher Kipppunkt bereits überschritten ist, sollte man solche Kombinationen aus Hitzewellen und Dürreperioden allerdings viel länger als zwei Jahrzehnte beobachten», gibt der Klimaforscher Mojib Latif vom Geomar Helmholtz-Zen­trum für Ozeanforschung Kiel zu bedenken.

Der Hitzesommer von 2003 lässt grüssen

Die sich gegenseitig verstärkenden Hitzewellen und die sinkende Feuchtigkeit im Boden sind dagegen in der Klimaforschung alte Bekannte: «So schaukelten sich im Hitzesommer 2003 in Mitteleuropa ebenfalls Hitzewellen und trockene Böden zu vorher kaum gekannten Werten hoch», erinnert Mojib Latif.

Und auch Kipppunkte ohne Rückkehr in den vorherigen Zustand wurden in der Klimageschichte bereits überschritten. «So war die Sahara einige Jahrtausende lang eine grüne Savannenlandschaft, bevor sie vor rund 6000Jahren fast sprunghaft zu einer Wüste wurde», erklärt Mojib Latif. In der Mongolei könnte eine ähnliche Entwicklung gerade begonnen haben.

Mitteleuropa drohen Überschwemmungen

Ähnliche Rückkopplungen könnte der Klimawandel auch einigen Regionen in Mitteleuropa bescheren, die gemessen in den vergangenen Jahren ausgedehnte Dürreperioden durchgemacht haben. Dabei dürfte aus dem Waldland eine Savanne werden.

Vom Mittelmeer können in der warmen Jahreszeit Tiefdruckgebiete nach Norden ziehen, die anhaltende, sintflutartige Regenfälle auslösen können. «Solche Tiefdruck­gebiete verursachten im Jahr 2002 die verheerenden Hochwasserkatastrophen an der Elbe und an der Donau», erklärt Mojib Latif.