Geschmacksverlust, trockener Husten und Atemnot? Klar: Covid-19. Was aber ist mit Schluckweh und Schnupfen? Unsere Übersicht, wie Sie Corona von einer Grippe oder einer Erkältung unterscheiden können.
Der Hals kratzt, nur leicht, nur ein bisschen, kaum merklich. Die Nase tropft, nur leicht, nur ein bisschen, kaum merklich. Der Kopf schmerzt, nur leicht, nur ein bisschen, kaum merklich – ist es eine Erkältung? Eine Grippe? Bin ich bloss ein überempfindlicher Hypochonder? Oder ist es womöglich doch Covid-19?
Dass das ganze Land rotzt, niest und schnupft, ist Mitte Oktober so gewöhnlich wie der Duft von Marroni in einer Einkaufsstrasse oder erste weihnachtlich dekorierte Pralinéschachteln im Supermarktregal. Ungewöhnlich ist, dass nebst den üblichen Influenza- und Rhinoviren, die Grippen und Erkältungen auslösen, eben auch Coronaviren von Schleimhaut zu Schleimhaut zirkulieren: Tendenz stark steigend. Die täglich publizierten Fallzahlen sind die Fieberkurve der Coronakrise. Und diese kennt derzeit nur eine Richtung: Einen ebenso steilen wie eleganten exponentiellen Schwung nach oben. In der Schweiz steigen die Zahlen zurzeit im europäischen Vergleich am stärksten. Steiler als in Deutschland, steiler als in Italien und steiler als in den Niederlanden, dessen Regierung kürzlich einen Teil-Lockdown ausgerufen hat.
Das perfide am Virus mit dem sperrigen Namen SARS-CoV-2 ist, dass sich die Symptome seiner Krankheit kaum von herkömmlichen Erkältungen oder der saisonalen Grippe unterscheidet. Ein kratzender Hals, eine tropfende Nase, ein schmerzender Kopf – Wer ist der Übeltäter: Rhino-, Influenza-, oder Coronavirus? Betrachtet man die Symptome, so sind die Unterschiede gering, gleichen und überschneiden sich. Trotzdem: Es gibt leichte Unterschiede in den Symptomen und im Krankheitsverlauf. Wir haben die wichtigsten für Sie aufgelistet:
Beginnen wir bei der harmlosen Erkältung, die in aller Regel nach rund einer Woche ausgestanden ist. Krankheitserreger können verschiedene Viren sein: Rund 40 Prozent werden von Rhinoviren, 30 Prozent von verschiedenen der herkömmlichen Coronaviren (nicht des neuartigen Coronavirus) und 10 bis 15 Prozent von RSV-Viren ausgelöst. Typische Symptome – Sie kennen sie – sind: Halsschmerzen, verstopfte Nasen, Niesen, Gliederschmerzen, zum Teil Husten. Eine Erkältung kommt meist leise und schleichend und aus dem Hinterhalt wie ein Ninja.
Eine echte Grippe kommt hingegen wie der Schlag eines Schwergewichtsboxers: abrupt und heftig. Das Fieber ist oft hoch, teils mit Schüttelfrost und Schweissausbrüchen, die Kopfschmerzen stark und bohrend, starke Halsschmerzen mit Schluckbeschwerden treten ebenso auf. Schnupfen und der Verlust des Geruchs- und Geschmackssinns sind hingegen seltener. In der Regel dauern die Symptome eine bis zwei Wochen an. Auslöser sind die Influenzaviren.
Covid-19 ist hingegen ein echter Gestaltswandler: Die eine nennt Atemnot und Schluckbeschwerden als Symptome, der nächste beschwert sich über Husten und Geschmacksverlust. Und wieder eine andere ist von Fieber und Gliederschmerzen betroffen. Niesen kommt hingegen nicht vor. Das Bundesamt für Gesundheit nennt in seinem wöchentlichen Situationsbericht Fieber (64 Prozent), Husten (63 Prozent) und Atembeschwerden (41 Prozent) als häufigste Beschwerden des hospitalisierten Patienten. Bei 44 Prozent liegt eine Lungenentzündung vor.
Zu ähnlichen Werten kommt auch ein Überblick des Britisch Medical Journals, in dem verschiedene internationale Studien gesammelt und ausgewertet werden: Bei 77 Prozent der Patienten trat Fieber auf, trockener Husten bei 68 Prozent, Atembeschwerden bei 38 Prozent. Gliederschmerzen, Müdigkeit, Enge im Brustbereit oder Kopfschmerzen treten bei knapp 20 Prozent aller Patienten ein (je nach Symptomen sind es aber auch nur 16 Prozent...). Dies stuft das Britical Medical Journal als «üblich» ein. Covid-19, ein Gestaltwandler – die britische Fachzeitschrift schreibt deshalb auch: «Differentiating Covid-19 from respiratory tract infections is not possible from signs and symptoms.» Auf deutsch:
Covid-19 von anderen Atemwegserkrankungen zu unterscheiden, ist nicht möglich aufgrund von Zeichen und Symptomen.
So schreibt denn auch Swissmedic, die schweizerische Zulassungs- und Kontrollbehörde für Heilmittel, in einem Merkblatt auch: «Durch den direkten Nachweis von viraler Nukleinsäure in einem Nasen-Rachenabstrich kann bei Patienten mit Covid-19-kompatiblen Symptomen auf eine SARS-CoV-2-Infektion geschlossen werden.» Im Klartext: Hat man Symptome und einen positiven PCR-Test-Befund, so ist eine Infektion mit dem neuartigen Coronavirus wahrscheinlich. Um es noch deutlicher zu machen:
Dieser Artikel ist höchstens eine Hilfestellung, erst ein Test bringt Gewissheit.
Eine grosse Mehrheit der angesteckten Personen erlebt gemäss dem BAG einen milden Verlauf der Krankheit. Konkret: «Sie haben Symptome, die mild bleiben und nur wenige Tage anhalten.» Auch bei einem schweren Verlauf sind die Symptome zunächst mild, verschlimmern sich aber nach fünf bis zehn Tagen. «Bei einem schwerem Verlauf dauert die Erkrankung in der Regel zwei bis vier Wochen», schreibt das BAG. Mit guter medizinischer Behandlung würden die Erkrankten in den allermeisten Fällen wieder gesund.
Auch bei einem kritischen Verlauf, bei dem sich die Symptome eines schweren Verlaufs noch verschlechtern, überleben mehr als 80 Prozent. Gemäss aktuellem Wissensstand sterben rund 5 Prozent der positiv getesteten Personen an den Folgen der Erkrankung.