Die Kartoffeln waren in Europa zunächst Fürsten und Königen vorbehalten, ehe sie zur Armeleutekost wurden. Ein butteriges Kartoffelpüree vereint beide Traditionen: Es ist preiswert, aber eine Delikatesse der Königsklasse.
«Wie, du machsch dä Härdöpfelstock no sälber?!» Diese fast schon entgeisterte Frage, diesen ungläubigen Ausruf höre ich immer wieder, wenn ich von meinem selbst gemachten Kartoffelstock schwärme, der eigentlich ein Püree ist. Dafür verkehre ich den alten Werbeslogan der Schweizer Fleischwirtschaft gerne in sein Gegenteil: «Alles andere ist Beilage» – jedes Fleischstück, jedes Gemüse.
Schon beim Abschmecken, wenn der Stock noch in der Pfanne dampft und allmählich die Konsistenz eines Pürees annimmt, wächst die Freude mit jedem Löffel, den ich von dieser so simplen wie wunderbaren Köstlichkeit probiere.
Ja, die Zubereitung dieses Kartoffelpürees ist ganz einfach, und nötig sind nur wenige Zutaten: fünf, um genau zu sein. Unnötig sind Emulgatoren, Stabilisatoren, Antioxidationsmittel, Kurkumaextrakt oder Aromastoffe, wie sie in den Anrührprodukten aus dem Beutel enthalten sein können.
Und es braucht auch keine computergesteuerte Küchenmaschine, ganz im Gegenteil, ein altehrwürdiges Passevite und eine Holzkelle reichen.
Für einmal darf man die Kartoffeln sogar verkochen lassen; übertreiben sollte man es allerdings nicht, denn sie saugen sich sonst mit Wasser voll.
So weit, so köstlich. Aber natürlich gibt es auch zu diesem Rezept unterschiedliche Ansichten und Vorlieben. Das fängt schon bei der Wahl der Kartoffeln an. Gefühlsmässig greift man zu Knollen, die beim Kochen mehlig werden. Dies wird auch von Spitzenköchen empfohlen – andere raten allerdings zu fest kochenden Sorten.
Zu ihnen gehörte auch der 2018 verstorbene französische «Koch des Jahrhunderts» Joël Robuchon, der für sein legendäres Kartoffelpüree die Sorte «La Ratte» verwendet haben soll. Diese Sorte kann man bei uns in Geschäften allerdings kaum kaufen, als Saatkartoffeln für Selbstpflanzer wird sie aber angeboten.
Der ebenfalls verstorbene deutsche Gastrokritiker Wolfram Siebeck plädierte ebenfalls für fest kochende Kartoffeln, «weil sie einen besseren, intensiveren Geschmack haben». Die mehligen würden das Kochwasser aufsaugen.
Robuchon war es auch, der das Kartoffelpüree in die Hochküche einführte, indem er Unmengen von Butter unter die pürierten Kartoffeln schlug – gar in einem Verhältnis von 1:1, wie kolportiert wurde. Er soll die fertige Masse auch noch durch ein feines Sieb gestrichen haben, um eine absolut cremige Konsistenz zu erreichen.
Wie auch immer – Kartoffeln und Butter gehen jedenfalls eine himmlische Verbindung ein, was man schon merkt, wenn man Gschwelti mit einem schönen Stück Butter und einer Prise Salz isst.
Natürlich passt dieses butterige Kartoffelpüree wunderbar zu einem Braten oder zu Voressen; das bei Kindern (und esstechnisch kindlichen Erwachsenen) so beliebte «Seeli» fällt jedoch flach. Es schmeckt aber auch ausgezeichnet zu einer sommerlichen Grillade. Ebenso macht sich gebratener oder grillierter Fisch gut zu diesem Püree – es müssen ja nicht immer Salzkartoffeln sein, die doch oft die Konsistenz eines schlecht aufgerührten Kartoffelstocks haben.
Diese möglichen Beilagen bringen Variationen des Pürees ins Spiel: etwa jene, bei der man ihm mehr oder weniger frisch geriebenen Meerrettich unterrührt, je nach Geschmack und Schärfe der Wurzel. Statt Butter kann man den durch das Passevite gedrückten Kartoffeln auch etwas Rahm und zirka 1 dl fruchtiges Olivenöl beifügen, das ein unwiderstehliches Aroma entfaltet. Wenn man noch in kleine Stücke geschnittene schwarze Oliven zufügt, hat auch das Auge etwas davon.
Schliesslich verträgt sich das butterige Püree auch gut mit über Dampf gegartem Sellerie, den man ebenfalls durch das Passevite drückt. Sehr gut schmeckt es schliesslich mit fein gehacktem Rosmarin oder Kerbel – je nach Beilage, ob Braten oder Fisch. Gewiss gibt es noch manche weitere Variation, aber das Original bleibt doch die Königsklasse.