Es ist ein Meilenstein in der Computergeschichte: Zum ersten Mal besteht ein Computer den legendären Turing-Test. Das bleibt nicht ohne Folgen.
Unterhalte ich mich mit einem Menschen oder einem Computer? Diese Frage mussten 30 Juroren aufgrund einer fünfminütigen Chatunterhaltung beantworten. Zehn von ihnen lagen beim Supercomputer Eugene falsch – sie glaubten, dass er ein 13-jähriger ukrainischer Junge sei. Damit ist Eugene gemäss der University of Reading in England, an dem der Supercomputer dieses Wochenende sein Können demonstrierte, der erste Computer, der den legendären Turing-Test bestanden hat.
Der Informatik-Pionier Alain Turing schlug 1950 einen Test vor, um festzustellen, ob eine Maschine ein dem Menschen gleichwertiges Denkvermögen hat. Ein Fragesteller führt über eine Tastatur und einen Bildschirm mit einem Computer und einem Menschen eine Unterhaltung und muss am Ende entscheiden, welcher der Gesprächspartner der Mensch und welcher die Maschine ist. Der Test gilt für einen Computer dann als bestanden, wenn 30 Prozent der Fragesteller in ihm einen Menschen vermuten.
Das von Vladimir Veselov und Eugene Dechenko entwickelte Programm Eugene täuschte 33 Prozente der Fragesteller erfolgreich. Vor zwei Jahren scheiterte Eugene am selben Test noch knapp; das Programm erreichte eine Überzeugungsquote von 29 Prozent.
Kann Eugene denken?
Schon früher wurde behauptet, dass ein Computerprogramm den Turing-Test bestanden habe. So macht die Webapplikation Cleverbot 59 Prozent der Kommunikationspartner glauben, dass er ein Mensch sei. Kevin Warwick, Gastprofessor an der University of Reading, weist jedoch auf einen wesentlichen Unterschied in der Testanordnung hin: «In einem richtigen Turing-Test werden die Themenfelder nicht eingeschränkt und die Fragen nicht im Voraus bekannt gegeben.» Deshalb habe erst jetzt zum ersten Mal eine Maschine Alan Turings Test bestanden.
Dass eine Maschine glaubhaft machen könne, sie sei ein Mensch, hätte Folgen für die Gesellschaft und könnte für cyberkriminelle Zwecke missbraucht werden, meint Warwick. Hacker könnten in Zukunft vermehrt intelligente Computerprogramme einsetzen, um Menschen zu täuschen und an ihre sensiblen Daten heranzukommen.
Doch, hat nun Eugene wirklich ein dem Menschen gleichwertiges Denkvermögen? Das kommt darauf an, wie man Denken definiert. Wenn es zum (menschlichen) Denken gehört, dass man versteht, was man denkt und das Denken also bewusst erlebt, kann Eugene nicht denken. Vielmehr ist Eugene ein System, das jemand anderem glaubhaft machen kann, dass es denken kann, ohne dass es dazu denken müsste.