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Leben
Das Corona-Virus breitet sich in der Bevölkerung exponentiell aus. Das überfordert den menschlichen Geist.
Man falte ein A4-Blatt in der Mitte. Danach nochmals, und so weiter, so dass ein immer kleineres, dickeres Gebilde entsteht. Wie oft gelingt das Zusammenfalten? Mit Mühe sieben Mal. War das Papier anfänglich einen Zehntelmillimeter dick, ist das entstandene Gebilde nun mehr als einen Zentimeter dick. Das nennt sich exponentielles Wachstum, und es widerstrebt der Intuition.
Der Mensch neigt dazu, ein solches Wachstum zu unterschätzen. Dabei sind solche Kurven überall zu finden. Sie erklären die Bevölkerungsexplosion und stehen hinter den Zinseszinsen. Sie zeigen, wie sich Bakterien oder Viren im Körper anfänglich vermehren. Und sie bilden ab, wie sich die Corona-Epidemie ausbreitet. Die Kurve mit der Anzahl Infizierten zeigt nach oben, und dies immer steiler. Steckt eine infizierte Person im Schnitt drei Personen an, hat sie innert eines Monats bereits rund tausend infiziert. Mathematisch nennt sich das exponentielle Ausbreitung, im Volksmund heisst es schlicht und treffend «explosionsartig».
Die gute Nachricht: Gelingt es, die Ausbreitung zu bremsen, verstärkt sich auch dieser positive Effekt rapide. Darauf hoffen nun die Behörden – in den nächsten Tagen sollten sich die Auswirkungen der Massnahmen des Bundesrats in den Zahlen niederschlagen. Das Virus verbreitet sich dann auf einer flacheren Kurve. Ob sich die Bevölkerung ein bisschen besser oder ein bisschen weniger gut an die Massnahmen hält, macht dabei rasch einen grossen Unterschied. Bisher hat sich die Anzahl Infizierter ungefähr alle drei Tage verdoppelt. Wenn wir aber nach drei Tagen nicht mehr zweimal so viele, sondern nur noch 1,8 Mal so viele Infizierte haben, so sind es nach einem Monat nur rund 350 statt 1000.
Schätzungen des Verlaufs sind dabei sehr schwierig. Wenn die Behörden bei der Anzahl Ansteckungen pro infizierter Person nur leicht daneben liegen, können sie beim Resultat nach einem Monat um ein Vielfaches falsch liegen. Gestoppt wird das Wachstum erst, wenn jede infizierte Person im Schnitt weniger als eine weitere ansteckt – sei es weil die Abstands- und Hygieneregeln greifen oder weil ein grosser Teil der Bevölkerung die Krankheit durchgemacht hat und immun geworden ist.
Die Schwierigkeiten mit exponentiellem Wachstum sind übrigens nichts neues. Der Legende zufolge soll der Erfinder des Schachbretts einst vom König eine scheinbar bescheidene Belohnung verlangt haben: ein Reiskorn aufs erste Feld, zwei aufs zweite Feld und so weiter. Der König stimmte zu – und hätte achtzehn Trillionen Reiskörner zahlen müssen.