Coronakrise
Ab Tag 11 folgt der Lagerkoller: Was Sie jetzt dagegen tun können

Nach der ersten Aufregung folgt der Koller: Spätestens ab Tag 11 der Quarantäne soll sie uns zu schaffen machen. Was jetzt zu tun ist, finden Sie hier.

Jara Helmi/watson.ch
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Wenn der Lagerkoller einsetzt, muss man sich zu helfen wissen. (Symbolbild: Esther Michel)

Wenn der Lagerkoller einsetzt, muss man sich zu helfen wissen. (Symbolbild: Esther Michel)

CH Media

Innerhalb kürzester Zeit wurde der Alltag der Schweizerinnen und Schweizer komplett auf den Kopf gestellt. Home-Office, Familienverhältnisse, soziale Isolation – dieses temporär auf den Kopf gestellte Leben geht nicht an allen spurlos vorbei. Das zeigt auch eine Mitteilung des Sorgentelefons Die Dargebotene Hand. «Seit Anfang März laufen die Drähte heiss: innert 15 Tagen würden 1'720 Gespräche zum Thema Coronavirus verzeichnet», schreibt der Verband. In den kommenden Wochen wird er die Kapazitäten ausbauen und die Schichten um 17 Prozent ausbauen. Das Sorgentelefon hält fest: «Das Coronavirus ist für die psychische Gesundheit eine grosse Gefahr.»

Doch was macht diese «Quarantäne light» mit uns? Die englische Medizin-Fachzeitschrift «The Lancet» hat in einem Artikel Ergebnisse aus 24 Studien zu diesem Thema zusammengetragen. Die Daten stammen vorwiegend aus SARS- oder Ebola-Quarantäne-Massnahmen.

Die Auswirkungen

Die Fachzeitschrift hält fest, dass die meisten Studien über negative psychologische Auswirkungen berichteten. Dazu gehören:

  • Stress
  • Schlechte Stimmung
  • Reizbarkeit
  • Schlaflosigkeit
  • Posttraumatische Belastungssymptome
  • Wut
  • Emotionale Erschöpfung
  • Infektionsängste
  • Frustration
  • Langeweile

In den Studien werden zudem die psychologischen Auswirkungen bei Menschen, die sich in Quarantäne begeben mussten, weil sie in Kontakt mit Personen waren, die potentiell mit SARS infiziert waren, miteinbezogen. Diese Probanden berichteten von Angst, Nervosität, Traurigkeit und Schuldgefühlen.

Die Untersuchungen halten ausserdem fest, dass die Quarantäne auch langfristige Auswirkungen haben kann. Drei Jahre nach dem Ausbruch von SARS wurden beispielsweise Alkoholmissbrauch oder andere Abhängigkeitssymptome mit der Quarantäne in Verbindung gebracht.

Die Stressfaktoren

Die Auswirkungen der Quarantäne auf die psychische Verfassungen hängen von verschiedenen Faktoren ab:

  • Die Länge der Quarantäne
    Je länger die Quarantäne dauert, desto schlechter geht es der psychischen Gesundheit. Eine Studie zeigte, dass diejenigen, die mehr als zehn Tage in Quarantäne waren, signifikant mehr Stresssymptome zeigten.
  • Befürchtung einer Infektion
    Viele Studienteilnehmer wurden von der stetigen Angst begleitet, mit der Krankheit infiziert zu sein oder andere anzustecken. Sie wurden besonders besorgt, wenn sie irgendwelche körperliche Symptome verspürten, die möglicherweise mit der Infektion zusammenhängen konnten.
  • Soziale Isolation
    Das Wegfallen der gewohnten Routine und der verminderte soziale und physische Kontakt mit anderen Menschen führten häufig zu Langeweile, Frustration und Isolation vom Rest der Welt.
  • Unzureichende Informationen
    Die schlechte Information durch die Gesundheitsbehörden wurde von vielen Teilnehmern ebenfalls als Stressfaktor wahrgenommen. Der Zweck und die Richtlinien der Quarantäne wurde unzureichend kommuniziert. Insbesondere mangelnde Klarheit über die verschiedenen Risikoniveaus führten dazu, dass die Teilnehmer das schlimmste befürchteten.

Wie die Studien ergaben, nimmt die psychische Belastung spätestens nach zehn Tagen zu. In der Schweiz wäre das dieses Wochenende der Fall.

Diese konkreten Tipps können helfen

Damit die psychische Belastung möglichst klein gehalten werden kann, hat der Berufsverband der Psychologinnen und Psychologen Tipps veröffentlicht, die in dieser Zeit helfen können.

  • Soziale Kontakte pflegen (beispielsweise via Telefon oder Video)
  • Tagesstruktur halten (regelmässig Essen und Schlafen)
  • Routine einhalten (tägliche Tätigkeiten)
  • Zeit sinnvoll nutzen (z.B. Fotoalbum nachführen)
  • Räumlichkeiten nutzen, um alleine zu sein
  • Hilfe anbieten und Hilfe annehmen

Die Stiftung Rheinleben, die Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen begleitet und unterstützt, gibt auf ihrer Webseite weiterführende Tipps:

  • Bewusste Mediennutzung (übermässigen Konsum von Nachrichten verhindern)
  • Auf eigene Gefühle achten (Gefühle wahrnehmen, teilen und ausdrücken)
  • Bewusst machen, dass die Situation vorübergehen wird (Aktivitäten für nachher planen und sich darauf freuen)
  • Auf Positives konzentrieren (positive Seiten vor Augen halten)

Hier wird geholfen

Speziell während dieser Zeit haben Fachstellen ihre Hotlines ausgebaut oder Plattformen öffentlich zugänglich gemacht. Hier eine Auswahl: