Der neue Krankheitserreger aus China ist gefährlich – aber nicht so tödlich wie andere. Und diesmal machen die Behörden einiges besser.
Der neue Krankheitserreger heisst 2019-nCoV und befällt die Atemwege. Er wurde Ende 2019 in Wuhan in China entdeckt. Im schlimmsten Fall führt eine Infektion zu einer Lungenentzündung. Anfängliche Begleitsymptome sind Schnupfen und Fieber. Zur selben Familie gehören die Erreger der Krankheiten Mers und Sars.
Weltweit sind fast 3000 Infizierte bekannt. Tote gab es mindestens 80.
Wie die Ansteckung von Mensch zu Mensch geschieht, ist nicht sicher geklärt. Die Tröpfcheninfektion (niesen, husten) wäre die ansteckendste Übertragungsart.
So wie vor einer Grippe: Hände oft waschen, Abstand zu Erkrankten halten. Gesichtsmasken schützen nicht sicher vor einer Viruserkrankung, verhindern aber, dass man sich immer wieder ins Gesicht greift. Eher schützen Erkrankte so die anderen.
Die Spitäler in der Schweiz haben sich vorbereitet, separate Zimmer stehen zur Verfügung. Im Inselspital in Bern sind laut Tamedia die logistischen Abläufe dafür aktualisiert worden, die Infrastruktur optimiert, die Mitarbeiter informiert. Ab sofort würden Patienten routinemässig gefragt, ob sie kürzlich in den betroffenen Gebieten in China waren.
Der grösste Unterschied zwischen den zwei Ausbrüchen liegt im Zeitpunkt: Das Chinesische Neujahr ist die Zeit, in der Chinesen ihre Familie sehen wollen und deshalb landesweit die Reisetätigkeit rapid ansteigt. So wird es schwierig, die Ausbreitung des 2019-nCoV einzudämmen.
Die Letalität hängt nicht nur vom Erreger ab, sondern auch von den Umständen. Für den 2019-nCoV vermutet man eine Letalität von rund 4 Prozent. Sie läge somit tiefer als beim Sars-Ausbruch von 2002/03 mit einer Todesrate von 9 bis 16 Prozent aller Infizierten. Mers ist weniger infektiös, bringt aber mehr Infizierte um: 30 bis 40 Prozent. Als bisher letalsten Virus vermutet man den Zaire-Typ des Ebola-Virus, an dem bis zu 90 Prozent der Infizierten starben. Der Marburg- und der Lassa-Typ von Ebola hatten dagegen Letalitäten zwischen 20 und 25 Prozent. An der Grippe sterben weniger als 0,1 Prozent der Erkrankten, bei der Spanischen Grippe 1918/1919 werden 2,5 Prozent vermutet. An den Röteln starben früher 3 bis 6 Prozent, an den Masern 0,1 bis 0,2 Prozent.
Die Reproduktionsrate R0 gibt ungefähr an, wie viele Menschen ein einzelner Virusträger anstecken kann. Es gibt dabei aber sehr viele Unsicherheiten wie zum Beispiel, dass die Anzahl der bekannten Fälle nicht den tatsächlichen entspricht, oder dass auch Infizierte ohne Symptome das Virus weiter verbreiten könnten. Und Einfluss hat auch, wie der Gesundheitszustand einer Bevölkerung ist. Für den aktuellen Corona-Virus gehen die Schätzungen auseinander von 1.4 bis 2.2 oder 3.3 bis 5.47. Eine R0, die grösser als 1 ist, bedeutet, dass sich das Virus ausbreitet. Die Grippewelle kommt auf eine R0 von 1 bis 2, bei Sars schätzt man 3. Die höchsten Werte zum Ansteckungsrisiko findet man in der Literatur bei Masern (12-18) und Keuchhusten (12-17).
Nein, denn die Krankheit ist trotz der niedrigen Sterblichkeit schwerwiegender als eine Grippe – es kommt zu mehr Einweisungen ins Spital. Hospitalisationen sind teuer und Ausfälle auf der Arbeit ebenfalls. Die Gesundheitssysteme könnten bei einer weiteren Ausbreitung schnell an ihre Grenzen kommen. Es ist also angemessen, wenn die Gesundheitsbehörden anders reagieren als bei einer Grippeepidemie. Dies auch, weil das Virus neu ist und noch niemand immun ist dagegen.
Das Bundesamt für Gesundheit rät momentan von Reisen in die chinesische Stadt Wuhan ab, da die Stadt unter Quarantäne steht und schwer zu bereisen ist. Für Reisen im übrigen China werden gute Hygienemassnahmen wie regelmässiges Händewaschen empfohlen. Märkte, an denen mit lebendigen oder toten Tieren gehandelt wird, sind zu meiden. Weitere Infos unter www.bag.admin.ch.
Die weltweit schnellen Reaktionen auf die Entdeckung des neuen Virus sind ein gutes Zeichen. Auch wenn Ansteckungsdynamik und Sterblichkeit keine Rekordwerte zu erreichen scheinen, muss man schnell reagieren, sonst kann trotzdem eine Pandemie, also eine globale Epidemie, drohen. China hat aus Sars gelernt und gleichzeitig auch die Gesundheitsämter weltweit. Heute, wo der Ursprung eines Virus zurückverfolgt werden kann, kann sich kein Land eine Verschleierung mehr leisten.
Weil ein Virus jederzeit mutieren kann. Corina Wirth, Geschäftsführerin von vom nationalen Fachverband Public Health, sagt aber: «Momentan sieht es nicht danach aus, weil sehr viel gegen die Ausbreitung unternommen wird.»
Man fürchtet sie, seit man die Epidemiegefahr etwas besser versteht. Gegen unbekannte Viren kann man nicht viel machen, die Therapie eines Patienten beschränkt sich auf Pflege. Bedingung für eine Pandemie ist die Fähigkeit eines Erregers, schnell von Mensch zu Mensch springen zu können. Am gefährlichsten sind Erreger, welche eine hohe Letalität, gleichzeitig aber eine lange Inkubationszeit und die Fähigkeit haben, auch ohne Symptome weitere Menschen infizieren zu können. Dagegen ist es schwer, epidemiologische Massnahmen zu treffen.
Die meisten Viren, welche bei Menschen Infektionskrankheiten verursachen, kommen aus dem Tierreich. Viren haben in der Regel ein Reservoir-Tier, dem das Virus nichts tut, und mehrere Tiere, welche es übertragen. Grippe- und ähnliche Viren, welche die Atemwege infizieren, stammen meist aus Vögeln (wo sie mutieren) und gehen dann via Schweine oder andere Tiere auf den Menschen über. Wo Menschen und Tiere wie in China auf engem Raum zusammen leben, kann eine Virusvariante entstehen, welche auf den Menschen überspringt und dann auch den Sprung von Mensch zu Mensch schafft.