Rainer Held spielt in London Heinrich Sutermeister ein

Der ehemalige Dirigent des Kammerchors Aarau hat für die CD-Aufnahme ein berühmtes Orchester: Das Royal Philharmonic Orchestra.

Sibylle Ehrismann
Drucken
Immer für eine Überraschung gut: Dirigent Rainer Held.

Immer für eine Überraschung gut: Dirigent Rainer Held.

Bild: PD

Rainer Held ist immer für eine Überraschung gut. Hierzulande schätzte man ihn als originellen Dirigenten des Kammerchors Aarau (1994–2015). Und nun legt er eine CD-Einspielung mit dem weltbekannten Royal Philharmonic Orchestra London vor: Orchesterwerke des Zofinger Komponisten Heinrich Sutermeister (1910–1995), der als Opernkomponist international Erfolge feierte. Wie kommt das? Rainer Held hat sich als Orchesterdirigent vor allem als «Erster ständiger Gastdirigent» des Radio-Sinfonie-Orchesters Minsk (2003–2010) profilieren können. «Zum Londoner Royal Philharmonic bin ich über das CD-Label Toccata Classics London gekommen», so Held. «Dieses hat sich auf die Einspielung grosser Werke weniger bekannter Komponisten spezialisiert und arbeitet mit diesem Orchester zusammen.»

Überhaupt sei eine solche Produktion in London viel effizienter als in der Schweiz, meint Held. Die Orchester bräuchten weniger Proben, in zwei Tagen war Sutermeisters Musik eingespielt. Schon immer interessierte sich der Luzerner Dirigent für die Schweizer Musikgeschichte. Dabei scheut er keinen Aufwand, grossbesetzte Werke liegen ihm besonders. Rainer Held verdanken wir etwa auch die Einspielung des Klavierkonzerts op. 160 des nach Brasilien ausgewanderten Aarauer Komponisten Ernst Widmer.

Sutermeister – vom Aargau über Paris nach München

Und nun also Heinrich Sutermeister. Dieser wurde vor allem als Opernkomponist bekannt, 2020 jährt sich sein Todestag zum 25. Mal. Als Bürger von Zofingen lebte Sutermeister ab 1942 im Welschland. Die Musikstadt Paris faszinierte ihn, vor allem die Musik des aus Zürich stammenden Arthur Honegger. Zum Studieren ging er aber nach München, wo bedeutende Musikerpersönlichkeiten wie Carl Orff und Werner Egk zu langjährigen Freunden wurden. Sein Durchbruch kam 1940 – also mitten im Krieg – mit der Uraufführung seiner Oper «Romeo und Julia» an der Semperoper Dresden unter Karl Böhm. Sie wurde danach in mehrere Sprachen übersetzt und nachgespielt. Auch Herbert von Karajan und Wolfgang Sawallisch dirigierten seine Musik. Rainer Held beschäftigt sich schon länger mit Sutermeisters Orchester- und Chormusik, nach dieser ersten CD sollen noch weitere folgen. «Mich packt Sutermeisters Musik, er war ein grandioser Instrumentator», begründet er seine Wahl. «Zudem hat er sich für die damals neuen Medien wie Radio und Fernsehen interessiert und schrieb eigens Werke dafür. So etwa das für eine Audioproduktion entstandene Melodrama ‹Die Alpen. Fantasie über Schweizer Volkslieder für Orchester und Sprecher›, das wir eingespielt haben.»

Statt Heimatpathos farbenfrohe Musik

Was auf den ersten Blick «altväterisch» nach Heimatpathos klingt, entpuppt sich auch dank der starken Natur-Dichtung des Autors Albrecht von Haller (1708–1777) als beeindruckendes Farbenspiel für Orchester, das der Alpensinfonie von Richard Strauss kaum nachsteht. Plastisch und dramaturgisch packend ist die «Romeo und Julia»-Suite für grosses Orchester, wogegen das lichte «Divertimento Nr. 2» (1959/60) eher Sutermeisters französisches Flair aufklingen lässt. Einmal mehr ein spannendes «Swissness»-Projekt mit Aargauer Touch, das Rainer Held da in London lanciert hat.