Unser Autor stellt jeden Monat ein musikalisches Juwel aus seiner Sammlung vor. Das Thema diesmal: Das Debütalbum von Toad.
Rockmusik hatte in der Schweiz eine schwere Kindheit. Mit den langhaarigen Wilden wollte in der konservativen Schweiz lange kaum jemand etwas zu tun haben. Das änderte sich langsam, langsam in den frühen 1970er-Jahren. Am 25. Mai 1971 knackte die Rockband Toad aus Basel die Top Ten der Schweizer Hitparade. «Stay» schaffte es auf Platz 9 und das Debütalbum, das erste Schweizer Hard-Rock-Album, sogar auf Platz 3 der «Blick»-Hitparade (eine Schweizer Album-Hitparade gab es noch nicht). Der Erfolg hatte Signalwirkung. Rock war in der Schweiz angekommen und die Platte mit der Kröte auf dem Cover ist bis heute etwas vom Besten, was die Schweiz in Sachen Rock zu bieten hat.
Toad stand die Welt offen, sie hatten internationales Potenzial, doch es war eine schwierige Bandkonstellation. Der Zürcher Benj Jäger war zwar einer der besten Sänger der Schweiz, aber Supergitarrist Vittorio Vic Vergeat konnte es nicht ertragen, wenn jemand anderes im Scheinwerferlicht stand. Der Gitarrist gewann den Kampf der Alphatiere, Jäger musste gehen und Vergeat übernahm auch die Rolle des Frontmannes am Mikro.
Vic Vergeat war das Herz von Toad: Er war Hauptkomponist, an der Gitarre schienen ihm keine Grenzen gesetzt zu sein, doch als Sänger war er höchstens durchschnittlich. Die folgenden Platten waren nicht schlecht, erreichten aber nie mehr das Niveau des Debüts.
Vergeat ist ein Musiker zwischen Genie und Wahnsinn. Sein aussergewöhnliches Talent war für Toad Fluch und Segen. Sein schwieriger Charakter, sein übergrosses Ego verhinderten die grosse Karriere. Er stand sich selbst im Weg. Die Spannungen in der Band hielten denn auch nach dem Abgang von Jäger an. Es kam zu zahlreichen Wechseln, ein ewiges Auf und Ab. Doch die Ur-Formation mit Jäger, Werner Fröhlich (Bass) und Cosimo Lampis (Schlagzeug) blieb unerreicht.
Trotzdem hat die Band in der Schweizer Rockgeschichte tiefe Spuren hinterlassen. Werner Fröhlich lebt heute in der Nähe von Lausanne und sagt: «Es vergeht kein Tag, an dem ich irgendwie an Toad erinnert werde. Und wenn Vic mich besucht, reden wir über ein Comeback».
Zuletzt wieder diesen Frühling. Alle wären bereit gewesen, auch Vergeat, der sich in Domodossola niedergelassen hat. Doch ein Motorradunfall verunmöglichte das Comeback, bevor es begonnen hatte.