Der jetzige Operndirektor Jan Henric Bogen wird auf Beginn der Spielzeit 2023/2024 hin Gesamtleiter des grössten Kulturbetriebs der Ostschweiz. Gleichzeitig wird der Tanz zu einer gleichberechtigten Sparte. Bogen sieht sich nicht als Künstler, sondern als Kunstermöglicher.
Jan Henric Bogen wird neuer Direktor des Theaters St.Gallen. Der Verwaltungsrat der Genossenschaft Konzert und Theater St.Gallen hat ihn an seiner Sitzung vom 29. November gewählt. Über 30 Bewerbungen waren auf die Stellenausschreibung eingegangen. Bogen ist seit Beginn der laufenden Saison in St.Gallen als Operndirektor tätig.
Auf die Spielzeit 2023/2024 hin übernimmt er die Gesamtverantwortung des Hauses, das künftig vier gleichberechtigte Sparten haben wird: Der Tanz wird aus der Musiktheaterdirektion herausgelöst. Das teilt der Verwaltungsrat am Montagabend in einem Mediencommuniqué mit. Zur selben Zeit wurde die Personalie in der Tonhalle St.Gallen am Genossenschaftsabend bekanntgegeben.
Bogen wird anders als sein Vorgänger für alle Sparten und auch das Management und die Finanzen zuständig sein. Nachdem Kritik an der neu mit mehr Macht ausgestatteten Direktion aufgekommen war, unter anderem im Interview dieser Zeitung mit dem Theaterexperten Thomas Schmidt, versuchte Bogen, diese Bedenken zu entkräften. «Gesamtleitung bedeutet nicht Allmacht», betonte der künftige Direktor; Theaterarbeit sei für ihn «der Inbegriff von Teamwork». Er strebe «horizontale Strukturen» an und wolle «einbeziehen statt massregeln». Bogen, der auch als Gesamtleiter weiter als Operndirektor tätig sein wird, bemühte sich, den Eindruck zu vermeiden, dass dem Musiktheater eine bevorzugte Rolle zukomme:
«Alle künstlerischen Sparten sind gleichberechtigt.»
Der 38-jährige Bogen wird Nachfolger von Direktor Werner Signer, der im Sommer 2023 das Theater St.Gallen altershalber nach 23 Jahren verlässt. Beim mehrstufigen Auswahlverfahren unter Beizug von Expertinnen und Experten wurde der Verwaltungsrat von einer Zürcher Headhunter-Agentur unterstützt. Überzeugt habe das Wahlgremium die Breite von Bogens Ausbildungen im künstlerischen wie akademischen Bereich sowie die Erfahrungen aus seinen bisherigen Tätigkeiten an mehreren Häusern in verschiedenen Ländern.
Wie Verwaltungsratspräsident Urs Rüegsegger am Genossenschaftsabend ausführte, sei Bogen in der Theaterwelt bestens vernetzt und habe Zugang zu einer jüngeren Generation. Er verfüge über ein modernes, integratives und partizipatives Führungsverständnis:
«Die Zeiten, in denen über Gebrüll und Tobsuchtsanfälle geführt wurde, sind vorbei.»
Seine Tätigkeit als Operndirektor am Theater St.Gallen sei die beste Voraussetzung für einen Generationenwechsel und eine reibungslose Übergangsphase.
Bogen zeigte sich bei seinem kurzen Auftritt am Genossenschaftsabend «überwältigt» von seiner Wahl. Heimat sei für ihn dort, wo es eine Bühne gebe, sagte der in Ludwigshafen am Rhein geborgene Deutsche, der zuletzt stellvertretender Intendant an der Opera Vlaanderen in Antwerpen war.
«Ich bin kein Künstler, sondern verstehe mich als Kunstermöglicher.»
«Und ich bin kollaborativ unterwegs. Ich möchte Impulse geben, aber auch Impulse von anderen aufnehmen.» Gefragt, wie er mit den Ängsten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiten angesichts der neuen Leitungsstruktur umgehen werde, betonte Bogen, Kommunikation sei das A und O. Er setze auf eine klare Aufgabenteilung. Und er wolle das Theater ins Zentrum der Gesellschaft rücken.
Jan Henric Bogen studierte in Heidelberg und Köln Recht und Musikwissenschaft und bildete sich in an der HfMT in Hamburg in Kulturmanagement weiter. Im Laufe seines beruflichen Werdegangs hatte Jan Henric Bogen verschiedene Positionen inne, die sowohl künstlerische als auch administrative Kompetenzen verlangten. So war er ab 2009 Marketingreferent und Musiktheaterdramaturg am Theater Hagen, Künstleragent bei Parnassus Arts Productions in Wien und von 2012-2016 Referent des Geschäftsführers und Chefdisponent am Staatstheater Nürnberg. (pd/bk./gen)