Musik
Take That sind erwachsen - und erfolgreich

«Progress», das neue Album der wieder vereinigten Boyband aus den 90ern, erscheint heute. Für nächstes Jahr ist bereits eine gemeinsame Tournee angekündigt. Gut möglich, dass die Band auch in der Schweiz auftritt.

Pascal Münger
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Eigentlich hat sich bei Take That gar nicht viel verändert in all den Jahren. Die Rückkehr von Robbie Williams hat weder mit Nostalgie noch mit einem grossen Sack voll britischer Pfund zu tun, welche die wiedervereinigte Boyband mit Sicherheit verdienen wird. Nein, es geht bei Robbie Williams und Gary Barlow, dem künstlerischen Kopf der Truppe, wie immer ums eigene Ego: Barlow hat nun fast ein Jahrzehnt lang darunter gelitten, dass Robbie Williams, der chaotische Lebemann aus vergangenen Take- That-Tagen, zum grössten Popstar Europas aufgestiegen ist. Das gleiche Kunststück soll er nun nochmals mit den Barlow-Songs hinkriegen.

Robbie Williams wiederum, dessen Solokarriere seit dem 2006er-Album «Rudebox» stetig an Glanz verliert, hat sich in mehreren Interviews tief beeindruckt vom letzten Take-That- Album «Circus» gezeigt. Mit der Single «Greatest Day» von dem Album landeten seine Ex-Kumpels sogar einen Nummer-eins-Hit in England. Williams gelang dieses Kunststück zuletzt vor sechs Jahren. «Ich wollte einfach wieder diese wunderbaren Songs singen, die Gary Barlow schreibt», sagt er heute jedem ins Mikrofon, der es hören will. Zur Take-That-Reunion kam es also in erster Linie deswegen, weil sich die Kräfteverhältnisse zwischen Williams und Take That wieder angeglichen haben. Wäre Robbie immer noch der Star aus «Feel»-Zeiten, hätte er für seine ehemaligen Kumpels, mit denen er von 1990 bis 1996 sang, höchstens ein müdes Lächeln übrig.

Tanzbare und erwachsene Musik

Ein ganzes Jahr hämmerten und schliffen Gary Barlow, Jason Orange, Howard Donald, Mark Owen und Robbie Williams nun an ihrem Reunion-Werk «Progress». Was hat dieses Album zu bieten, das bereits vor seinem Release Hysteriewellen auslöste? Herausgekommen ist das tanzbarste, aber auch erwachsenste Album ihrer Karriere. Produzent Stuart Price, der auch schon für den Sound von Madonna oder The Killers verantwortlich zeichnete, fiel die schwere Aufgabe zu, aus einem Haufen Potenzial und einem noch grösseren Haufen Erwartungen ein exquisites Album zu zimmern. Gemeinsam mit der Band entschied er sich für einen Soundmix aus Dance-Pop und Synthie-Rock. Die erste Single, «The Flood», mit ihrer leicht untersetzten, an Depeche Mode erinnernden elek-tronischen Kälte, gibt den Weg vor. Songs wie «SOS» wiederum treffen den Zeitgeist mit einem rockigen Retro-Look, der an aktuelle Chartstürmer wie The Killers erinnert. «Pretty Things» ist ein euphorischer Popsong, «Eight Letters» die obligatorisch weihnachtliche Ballade.

Gott sei Dank hat es die Band vermieden, Robbie Williams auf dem Album eine Art Sonderrolle zuzugestehen. Der erfolgreichste englische Sänger der Neuzeit fügt sich brav ins Kollektiv ein und gibt dem Ganzen dadurch einen ernst gemeinten Grundton. Die Euphorie über die Wiedervereinigung ist anscheinend nicht nur bei den Fans allgegenwärtig, sondern hat auch Take That dazu bewogen, alle Ellen auf gleiche Längen zu stutzen, damit die Geschichte hier funktioniert. Das lässt «Progress» gelassen und in sich stimmig klingen.

Schweizer Konzert möglich

Für nächstes Jahr ist bereits eine gemeinsame Tournee der fünf angekündigt. Die 1,34 Millionen Tickets für die Shows in England wurden innert dreier Stunden verkauft. Der Fan-Hype ist so gross, dass die Jungs unter anderem siebenmal hintereinander im City of Manchester Stadium und siebenmal im Wembley Stadium in London vor ausverkauften Rängen spielen werden. Ein Termin für die Schweiz ist momentan noch keiner bestätigt, aber da der offizielle Tourplan der Band nur Konzerte bis Ende Juli 2011 aufgelistet hat, wäre es immer noch möglich, dass Take That im Spätsommer ein grosses Open-Air-Konzert à la U2 hierzulande geben könnten.