Die 22. Ausgabe des Basler Clubfestivals lockte weniger Besucher an. Das Wetter war sicher ein Grund dafür – aber auch das Programm, das weniger auf arrivierte Basler Acts setzte. Dafür konnte man junge Bands und alte Bekannte neu entdecken.
Die Idee war nett: Erstmals stellte das BScene-Festival Pumpstationen vor die Basler Clubs, damit man mit genügend Luft in den Pneus von Konzertlokal zu Konzertlokal pedalen konnte. Nur das Timing war schlecht. Statt Luft hätte man Spikes benötigt. Velounfreundlich vereist und kalt war es am Freitag, sodass man sich zu Hause fragte: Wird das Clubfestival nicht auch auf Netflix übertragen?
Leider nicht, also ab auf die Gasse, rein in die Clubs. Diese waren am ersten Festivalabend nur locker gefüllt. Vielleicht weil das Festival in diesem Jahr auf wenige arrivierte Basler Musiker setzte und dafür auffallend vielen jungen Acts eine Plattform bot. Vielleicht weil am Freitag viele Festivalgänger auf die Schlitterpartie verzichteten und zu Hause blieben. Jedenfalls bleibt die Besucherbilanz (6300) deutlich hinter den Vorjahren zurück.
Pech für die zu Hause Gebliebenen. Sie verpassten stimmungsvolle Momente. Etwa den gelungenen Auftritt von Two and Yuna. Dieses Basler Duo ist in seinem fünften Jahr und hat eine längere Konzertpause hinter sich, wie Chantal Krebs (Gesang, Piano, Gitarre) sagte. Das merkte man ihr und Schlagzeuger Luzian Graber jedoch nicht an. Ihre catchy Popsongs, die vom distinktiven Gesang (think Kate Nash!) getragen werden, haben Two and Yuna stilsicher und gefühlvoll interpretiert. Und trotz der Ergänzung durch vorproduzierte Backing Tracks wirkte ihre Darbietung nicht statisch. Pop auf den Punkt gebracht, eingängig, poetisch.
Dabei war die Aufgabe für Two and Yuna keineswegs leicht gewesen. Sie mussten sich im Gastrotempel Klara durchsetzen, wo man bei freiem Eintritt und ohne richtige Bühne quasi einen Festival-Offspace installiert hatte. Das Duo meisterte die Aufgabe bravourös, umgeben von aufmerksamen Zuhörern, aber auch von Gästen, die gar nicht wegen des Festivals hier waren.
Ein gelungenes Experiment also. Und solche Experimente gehören zu BScene wie die Qual der Wahl (69 Acts, 13 Bühnen, ein Gjufel). Eine der schönen Nebenerscheinungen an dieser Fülle ist, dass man Orte neu entdecken kann, an denen man bislang vorbeiging – und Bands, die man noch nicht auf dem Radar hatte.
Zum Beispiel Echolot. Ein Basler Trio, das man in einer britischen Industriestadt oder in der Wüste von Nevada verortet hätte. Die Band hat Gründungsjahr 2014, wirkt aber wie aus der Zeit gefallen. Und spielt dermassen mitreissend, dass man sich ihrem atmosphärischen und zugleich harten Rock vollkommen hingibt. Ob man es nun als Stoner, Psychedelic, Progressive oder Doom etikettiert: egal. Was zählt ist der Rausch, den Echolot mit Bass, Gitarre, Drums und Gesängen auslösen, unterstützt von herrlich halluzinogenen Visuals.
Sie merken es: Da ist einer Fan geworden. Sind Echolot vielleicht sogar die nächsten Exportkandidaten aus der starken Basler Hardrockszene?
Einer, der den Schritt zum Export schon geschafft hat, aber in seiner Heimatstadt weniger als Musiker bekannt ist, spielte am Samstag in der Kasernen-Reithalle: Laurin Buser. Der Poetry Slammer ist seit über einem Jahr Protegé der Hamburger HipHop-Grösse Samy Deluxe. Buser hat seine Rap-Karriere entsprechend über Deutschland lanciert. Das merkt man seinen Ansagen an: Der Baselbieter spricht das Publikum schriftdeutsch an. Ein Fremder im eigenen Land.
Nach einem mässigen Auftakt findet Buser zu seiner Stärke: Smoothe, ruhige Tracks, in denen seine raffinierten Texte und seine Stimme am besten zur Geltung kommen; so wie in «Liquid» oder «Hot». Eine Uraufführung mit Latinanleihen wirkt dagegen weniger geschmeidig und stimmig. «Na, sollen wir den Track ausproduzieren?», fragt Buser. Die Zweifel sind berechtigt.
Während er seine (oft vom Basler Musiker Audio Dope produzierten) Reime mit einer Live-Band aufführt, macht Anna Aaron das Gegenteil: Die Singer-Songwriterin steht in der grossen Reithalle ganz alleine hinter Synthesizern und Sequenzern und liefert eine mutige und eindrückliche One-Woman-Show. In ihrer Soloperformance vereint sie die Inbrunst von Tori Amos mit den Sounds von Roisin Murphy (Moloko), setzt also ganz auf elektronische Begleitung und Drum-Loops. Man merkt ihrer physischen Präsenz an, dass die Künstlerin hier zum Befreiungsschlag ausholt. Tatsächlich hat die 33-Jährige eine Trennung mit ihrem Label und eine grosse Sinnkrise hinter sich, wie sie in der «TagesWoche» gesagt hat. Mit ihrem Comeback zeigt Aaron Eigensinn, was aber nicht heisst, dass ihr Konzert ausnahmslos begeistert. Manchen Liedern haftet etwas Fragmentarisches an.
Fragmentarisch, das trifft auch auf die Liveperformance von Zøla zu. Der Basler Sänger und Gitarrist mit Terence Trent d’Arby-Frisur (allerdings zu jung, um dessen Hochsteckfrisur noch zu kennen) ist eine auffällige Erscheinung, auffällig talentiert auch, wie man sich auf seinem Debütalbum «Solar» überzeugen kann: Er kombiniert in seinen sphärischen Songs repetitive, mantramässige Soulgesänge mit urbanen Beats. Live erzeugen die Songs aber noch nicht genügend hypnotische Wirkung, wirken monoton. Das mag auch am suboptimalen Sound im Sud liegen. Never mind, Zøla ist erst 20, hat noch viel Zeit, um sein Repertoire zu perfektionieren. Wir warten gerne. Denn die nächste BScene kommt bestimmt.