Mit Premieren in rascher Folge haben die Solothurner Filmtage das Rennen um die grossen Festivalpreise lanciert. Sehr zu Recht hielt das Festival für die skurrile Komödie «Der Sandmann» den besten Programmplatz frei.
Die Uraufführung des Films von Peter Luisi fand am Samstagabend in der 900 Personen fassenden Reithalle statt. Das Werk läuft im Sommer in der Deutschschweiz an. Der Zürcher Regisseur erzählt von einem Mann mittleren Alters (Fabian Krüger), der Sand verliert - erst nur ein paar Körner, dann ganze Strände.
In seiner wachsenden Verzweiflung wendet sich Benno an einen Psychologen, einen Spiritisten und sogar an die verhasste Nachbarin Sandra (Irene Brügger). Er entdeckt Regeln in seinem Sandverlust: Lügen etwa beschleunigt den Prozess. Gleichzeitig schickt Bennos Sand andere Menschen ins Reich der Träume.
In seiner Schrägheit mutet «Der Sandmann» fast österreichisch an. Der lange in Zürich tätige Krüger ist denn auch Schauspieler am Wiener Burgtheater. Als Sandra ist die unter anderem aus der TV- Sendung «Giacobbo/Müller» bekannte Künstlerin Frölein Da Capo zu sehen. Beat Schlatter ist als Aggro-Bünzli mit von der Partie.
Luisis Geschichte, die im Zürcher Niederdörfli spielt, unterhält nicht nur, sie berührt auch. Nach der Lebensmitte bleibt keine Zeit mehr für Halbheiten, heisst wohl das Fazit. Der Film rittert in Solothurn um den «Prix du Public».
Damit konkurriert er mit Léa Pools Streifen «La dernière fugue», der auch gleich noch für den «Prix de Soleure» nominiert wurde. Diese mit 60'000 hoch dotierte Auszeichnung soll an einen Film gehen, der durch «ausgeprägten Humanismus» überzeugt.
Zwiespältiges Drama
«La dernière fugue», der Ende Februar in die Kinos kommt, berührt anfänglich durchaus. Die Geschichte handelt von einem alten Patriarchen, der an der Parkinson-Krankheit leidet.
Seine grosse Familie begegnet Anatole (Jacques Godin), der einst alle ängstigte, zunehmend mit Mitleid statt Respekt. Der Enkel findet, dass Grossvater tot besser dran wäre. Und in Rückblenden wird erzählt, weshalb insbesondere Anatoles Sohn André (Yves Jacques) wenig Liebe für den Vater empfindet.
Die Episode, die Andrés Trauma ausgelöst haben soll, wirkt jedoch nachgerade lächerlich. Zudem kommt der Film, der tragische Themen berührt, zu einem fast schon einvernehmlichen Ende. Pools Film aus Québec dürfte auf gemischte Kritiken stossen.
Vom Mitläufer zum Verbrecher
Christine Repond hält sich mit ihrem Erstling «Silberwald» auf der sicheren Seite. Sie erzählt schlüssig, wenn auch im ersten Teil etwas gar ausführlich, von gelangweilten Jugendlichen im Emmental, die sich vom Neonazitum angezogen fühlen.
Erst zieht es vor allem Sascha (Saladin Deller) zu den Glatzen. Später, als er wieder Tritt fasst in seinem Leben, ist sein bester Freund zum gewaltbereiten Rechtsextremen mutiert. Repond zeigt, wie unpolitische Mitläufer zu Verbrechern werden. (sda)