Kino
Die dickköpfige Königin aus der Sicht des Schweizer Regisseurs

«Mary Queen of Scots» könnte aus Hollywood stammen, ist aber ein Schweizer Film. Der Film basiert auf Stefan Zweigs Biografie von Königin Maria-Stuart, die mit 25 bereits drei Ehemänner und drei Königreiche verloren hat.

Irene Widmer (SDA)
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Eine Newcomerin in der Hauptrolle, von der man noch hören wird: Camille Rutherford als schottische Königin Mary. HO

Eine Newcomerin in der Hauptrolle, von der man noch hören wird: Camille Rutherford als schottische Königin Mary. HO

Regisseur Thomas Imbach hat mit der Wahl des Themas einen guten Riecher bewiesen: Nächstes Jahr ist eine «Mary Queen of Scots» des berühmten Tudor-Experten Michael Hirst («Elizabeth», «Elizabeth – The Golden Age») angekündigt, mit dem Jungstar Saoirse Ronan in der Hauptrolle («Atonement»). Zumindest bei der Hauptdarstellerin braucht sich der Autodidakt Imbach dem routinierten Hirst nicht unterlegen zu fühlen: Camille Rutherford spielt die tragische Königin, die schon vor ihrem 25. Lebensjahr drei Königreiche und drei Gatten verloren hat, mit Grazie und Leidenschaft.

Dazu kommt der leicht überhebliche Gestus der Thronerbin, die sich der durch Geburt erworbenen Herrschaft über England und Schottland gewiss ist. Als willkommenes Detail spricht Rutherford zudem perfekt Französisch und Englisch, wie es «Mary Queen of Scots» tat.

Der Film basiert auf der Maria-Stuart-Biografie von Stefan Zweig und legt das Augenmerk auf die jungen Jahre der später Hingerichteten: das Mädchen, das im Alter von sechs Tagen den schottischen Königsthron erbt, mit 16 mit dem französischen Dauphin verheiratet wird, mit 18 erstmals und mit 25 zum zweiten Mal Witwe wird und danach 19 Jahre bis zur Hinrichtung in Haft kommt.

Ob Mary ihren zweiten Mann, den Lord Darnley, wirklich hat ermorden lassen, oder ob sie das Mordkomplott einfach nicht verhindert hat, lässt Imbach offen. Frisch und leidenschaftlich verliebt in den Earl of Bothwell hatte sie jedenfalls Interesse an der Entfernung des machthungrigen Prinzgemahls.

Schwierige Finanzierung

Die mithin kopflose Kapitulation der Königin vor ihren erotischen Gefühlen, ihre etwas naive Ignoranz der politischen Konsequenzen sowie ihr Stolz und ihre Dickköpfigkeit gegenüber den überheblichen Männern, die sie umzingeln, machen sie zu einer erstaunlich modernen Frau.

Das war es auch, was Imbach laut eigenen Aussagen «wie ein Flash» traf und nicht mehr losliess. Seine Leidenschaft für das Thema stellte die Produktionsfirma vor nicht unerhebliche Probleme, wie Imbachs Lebensgefährtin und Koproduzentin Andrea Staka auf dem Festival del film in Locarno sagte: In einem Land wie der Schweiz Geld zu finden für einen Film über eine Monarchin, sei nicht einfach gewesen.

Erstaunliche Themenwahl

Mit seiner Vorliebe für Handycameras und Filmen wie der experimentellen Literatur-Interpretation «Lenz» oder dem modernen Märchen «I was a Swiss Banker» hat sich der gebürtige Luzerner nicht gerade als Regisseur eines Kostümdramas positioniert. Dennoch ist die Ausstattung (Kostüme: Rudolf Jost) akkurat, wie man sie noch selten in einer Schweizer Produktion gesehen hat.

Da die Handlung auf Marys Gefühlen und den Beziehungen zu ihren Vertrauten und Gegnern fokussiert, sind die meisten Szenen kostengünstige, aber durchaus authentisch wirkende Kammerspiel-Settings. Ein Glücksfall als Drehort war dabei das Schloss Chillon am Genfersee, das im Gegensatz zu musealen Gebäulichkeiten noch voll funktionstüchtig ist.

Mit zwei Stunden ist der Film etwas lang. Zur Zerdehnung beigetragen haben vor allem die Landschaftsaufnahmen: von dräuenden Wolken umspielte Hügel etwa oder die aufziehende Flut. Das ist ein Markenzeichen des Regisseurs und dient als Kommentar zur herrschenden oder drohenden Atmosphäre.

Mary Queen of Scots CH/F 2013. 120 Min. R: Thomas Imbach.

Heute findet die Premiere von Mary Queen of Scots inklusive Publikumsgespräch mit Thomas Imbach und der Hauptdarstellerin Camille Rutherford im Kult.Kino Atelier in Basel statt.