Die Badener Sängerin Annakin hat sich im Lockdown in eine Musikdose verwandelt. Als solche tritt sie im November im Aargau auf.
Die Idee war schon einige Zeit am Gären. Aber im Lockdown hatte Annakin so richtig Ruhe, sie zum Blühen zu bringen. Sie sei fasziniert gewesen vom Anblick dieser Musikdosen, sagt sie. Die fragile Musik, und oben das Püppchen, das sich stoisch im Kreis dreht, bis die Energie ausgeht und man sie wieder aufziehen muss. Nun hat sie die Erfindung des Genfer Uhrmachers Antoine Favre aus dem Jahr 1796 in den Konzertsaal übersetzt. Im November kommt ihre Musikdose auf die Bühne. Zuerst im kleineren Rahmen von «Familienkonzerten» in der Begleitung eines Streichquintetts, eines Bläsertrios sowie Ephrem Lüchinger am Klavier. So richtig dick aufgetragen wird das Spektakel dann mit einem Konzert in der Alten Reithalle Aarau, zusammen mit dem 40-köpfigen argovia philharmonic.
«Das Coole am Konzept ist, dass es viel Raum für Spielereien mit dem Bühnenbild lässt», sagt die Sängerin. «Ausserdem ist die Musikdose eine Schweizer Erfindung, und das schafft einen reizvollen Subtext.» Selbstverständlich wird sich Annakin nicht zum mechanischen Täubchen reduzieren lassen. «Es war mir sehr bewusst, dass es kein sehr feministischer Ausgangspunkt war», sagt sie. «Und es war mir wichtig, dieses Bild zu durchbrechen. Es soll nicht nur ein Püppchen auf dem Drehteller sein, das chic aussieht. Ich steige auch mal herunter und emanzipiere mich.»
Zum Programm werden nicht nur ihre Evergreens gehören. Im Frühling hat Annakin auch noch ein neues Album aufgenommen. Es heisst «The Light Before Love Disappears», ihr siebtes. Für die Aufnahmen mussten sie und ihr neuer Produzent Ed Harcourt nach Alicante reisen, denn die Covid-Regelungen verunmöglichten zu diesem Zeitpunkt die Arbeit in Grossbritannien. Vor genau zwanzig Jahren hätte Harcourt mit seinem Début-Album «Here Be Monsters» beinahe den Mercury-Preis gewonnen. Seither hat er eine Reihe von feinen, orchestralen Singer/Songwriter-Alben veröffentlicht und sich als Produzent unter anderen von Sophie Ellis-Bextor betätigt. Annakin lernte ihn an der Hochzeit ihres vorherigen Produzenten Dimitri Tikovoi kennen. Um zwei Uhr früh habe es sich ergeben, dass sie mit Ed am Swimming Pool gestanden sei: «Ich sagte so: Es wäre doch cool, jetzt in den Pool zu springen. Und Ed hat das einfach gemacht. So musste ich natürlich auch. Da waren wir beide in den Kleidern im Pool.» Seine «schöne, tiefe Stimme» habe ihr schon immer gefallen, fährt sie fort. «Und er ist ein Supermusiker.» Bei der Taufe der Zwillinge des besagten Dimitri Tikovoi traf man sich wieder und zum ersten Mal kam dort eine Zusammenarbeit zur Sprache. «Aber ich wollte warten, bis ich den richtigen Song für ein Duett hatte.» Dieser Moment war mit der im Januar erschienen Single «Parachute» gekommen. Die Resultate gefielen.
Harcourt zeichnete schliesslich für das ganze Album mitverantwortlich. Seine Versiertheit mit feisten organischen Klängen (auffällig: die Glocken!), aber auch mit Synthesizer-Sounds und pfundigem Schlagzeug geben Annakins schwereloser Stimme und herrlichen Refrains Gewicht, aber auch Wärme. «Es geht in diesen Liedern eher um Liebe als um Verlust», sagt sie. «Aber auch wenn ich ein Superleben habe, in den Liedern kommt manchmal eine andere Seite hervor, die ich sonst nur schwer ergründen kann. Das ist einfach auch ich. Ich bin ein melancholischer Mensch, manchmal mehr, manchmal weniger, manchmal gar nicht. Es ist die Seite an mir, aus der ich die kreative Kraft herausziehe.»
Annakin: «The Light Before Love Disappears» (Phonag).
Familienkonzerte:
6.11., 11 Uhr, Scala Zofingen
7.11., 14 Uhr, Chappellerhof Wohlen
13.11., 13.30 und 16.30 Uhr, Druckerei Baden
14.11., 11 Uhr, Löwensaal Beinwil
14.11., 17 Uhr, KuK Aarau
Mit argovia philharmonic:
27.11., 19.30, Alte Reithalle Aarau