Simon Tschopp
Reto Wetzel kommt ins Schwärmen, wenn er über Bier redet. Seit fünf Jahren produziert er in seiner eigenen Brauerei in Anwil «Ammeler Gugger». 10000 Liter im Jahr. Für den 48-Jährigen ist Bier brauen mehr als nur ein Hobby. Eine zeitintensive Nebenbeschäftigung zu seinem anspruchsvollen Beruf als Linienpilot bei der Swiss.
«Früher waren die Biersorten vielfältiger», stellt der Brauer fest. Es habe beispielsweise Bockbiere für Frühling und Weihnachten gegeben. «Heute ist das Bier eine Einheitspfütze», kritisiert Wetzel. Die grossen Brauereien Carlsberg und Heineken stellten bloss untergäriges, helles Lagerbier her.
Für den Oberbaselbieter ist Bier eine Kultur, die gepflegt sein will. Er hat als Brauer eine andere Beziehung zu diesem Getränk als der Kunde. Der 48-jährige Anwiler unterteilt Biertrinker in zwei Gruppen: «Die Kampftrinker gehen auf schnellen Bierkonsum aus, für sie darf der Liter nicht teurer sein als einen Franken. Und dann gibts die bewussten Trinker, die sich eine neue Bierkultur wünschen.» Er gehöre zur zweiten Gruppe, lässt Wetzel keine Zweifel offen.
Als Freizeit-Bierbrauer steht er in Konkurrenz mit anderen Alkoholika. In der Schweiz beträgt der jährliche Bierkonsum pro Kopf knapp 60 Liter, beim Wein sind es gegen 40 Liter. Weinorieniert sind die Süd- und Westschweiz. Reto Wetzel braut kleine Mengen für eine anspruchsvolle Kundschaft. «Ich habe Bier gerne und auch eine spezielle Beziehung dazu.» Deshalb wollte der Anwiler genau wissen, wie das Brauen funktioniert. Und so begann er 2005, selber Bier zu produzieren. Fürs Brauen benötigt er keine Bewilligung, hingegen ist der Ausstoss Biersteuerpflichtig.
Wetzel verfügt über eine ideale Infrastruktur mit Sudwerk, Gär-, Lagerkeller und Abfüllerei. Der Oberbaselbieter weiss, dass die Nachfrage nach mehr «Ammeler Gugger» vorhanden ist. Doch davon leben liesse sich nicht. Deshalb wird er vorläufig weiter als Swiss-Linienpilot, der in alle Kontinente ausser Australien fliegt, arbeiten und nebenbei seinen speziellen Gerstensaft brauen.
Doch da dürfte es bald zu Veränderungen kommen. Denn Informatiker Worzalla zieht beruflich ins Oberaargau nach Berken, einem Ausflugsgebiet, das an der Aare liegt. Dort hat der «Vater» des «Büchel-Bier» eine alte Käserei gekauft, in welcher er oben eine Wohnung und unten seine Brauerei mit Gasbrenner, Edelstahltöpfen und Rührwerk, das es selber gebastelt hat, einrichten wird. Markus Worzalla hat letztes Mal im Dezember in Zunzgen auf dem Balkon seiner Wohnung gebraut. Er hofft, dass er in zwei Monaten in Berken produzieren kann. Am neuen Ort hat Worzalla eine eigene Quelle. «Deshalb muss ich mein Rezept vermutlich den neuen Gegebenheiten anpassen», glaubt der Hobby-Bierbrauer, der seine Leidenschaft später semiprofessionell betreiben möchte, um ein zweites Standbein zu haben. Der Produktionsstandort Zunzgen wird verschwinden, der Name «Büchel-Bier» soll jedoch erhalten bleiben.
Ein Teil von Markus Worzallas Brauerei-Utensilien sind in den Räumlichkeiten der Strüby AG in Thürnen untergebracht. Laut Verwaltungsratspräsident Richard Strüby werde sie Worzalla wahrscheinlich an seinem neuen Domizil benötigen. «Je nachdem müssen wir neue Apparaturen beschaffen und uns nach einem anderen Bierbrauer umsehen», sagt Strüby. Für dessen Firma, die mit Wein und Spirituosen handelt, ist das «Homburger Bräu» ein Nischenprodukt.