Konzert
Auftritt in Augusta Raurica: Joss Stone serviert Grooves für den gepflegten Genuss

Die britische Soulsängerin Joss Stone hat in Augusta Raurica das Publikum in ihren Bann gezogen.

Michael Gasser
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Blütenweisse Abendgarderobe: «Das Baby ist schuld.»

Blütenweisse Abendgarderobe: «Das Baby ist schuld.»

Benno Hunziker / Theater Augusta Raurica

Auf der Bühne in Augusta Raurica werden gleich drei Perserteppiche ausgelegt – ein sicheres Anzeichen dafür, dass das vom Z7 organisierte Konzert der stets barfuss auftretenden Joss Stone unmittelbar bevorsteht.

2003, als die Britin mit 16 Jahren ihr Début «Soul Sessions» veröffentlichte, war sie in Hippiekleidern unterwegs. Im gut gefüllten Amphitheater trägt sie am Mittwoch eine blütenweisse Abendgarderobe, die weniger an die Zeit der Blumenkinder als vielmehr an die Antike erinnert – und nicht gleich auf den ersten Blick preisgibt, dass die Sängerin schwanger ist.

Direkt spricht sie diesen Umstand zwar nie an, aber sie räumt ein, dass sie aktuell Mühe habe, sich an die Lyrics ihrer Songs zu erinnern: «Mein Hirn ist ganz matschig», seufzt sie. Und lässt in einer kurzen Gesangsstrophe durchblicken, wer daran schuld sein könnte: «You can blame it on the baby».

Die 35-Jährige ist gut gelaunt, gesprächig und kichert oft. Ihr Set eröffnet die in Nashville lebende Künstlerin mit «The Chokin’ Kind» von ihrer ersten Platte. Das von Herzschlagrhythmen, Orgelklängen und linden Licks geprägte Stück von Harlan Howard gibt die Marschrichtung für die kommenden 100 Minuten vor: Joss Stone – eigentlich: Joscelyn Stoker – liefert zusammen mit ihrer achtköpfigen Begleitband einen Sound, der warm, genussvoll, gepflegt und leicht verdaulich zugleich ist.

Geballte Kraft in der Kehle

Die Grooves sind durchgängig geschmeidig, die Arrangements auf grösstmögliche Gefälligkeit bedacht, und dann ist da noch dieser Gesang. Dank ihrer Stimme, die zwischen Mezzosopran und Contralto zu wechseln vermag, wird Stone gerne als «die weisse Aretha Franklin» bezeichnet. Tatsache ist, dass es ihr mühe- und ansatzlos gelingt, von einem Moment auf den nächsten zu beschleunigen und dabei den Druck kontinuierlich zu erhöhen. In ihrer Kehle steckt geballte Kraft, die bis an die akustische Schmerzgrenze geht.

Furioses Crescendo: Joss Stone.

Furioses Crescendo: Joss Stone.

Benno Hunziker / Theater Augusta Raurica

Mit Liedern wie dem wohltemperierten und von zartem Funk unterlegten «Never Forget My Love», dem Reggae-Verschnitt «Harry’s Symphony» oder der Soul-Ballade «Right To Be Wrong» zieht Stone das Publikum zusehends in ihren Bann – bis dieses ihr aus der Hand frisst und sich den geschmackvollen Melodien hingibt.

Die Show ist derart gekonnt konzipiert und einstudiert, dass sie auf jeder Bühne der Welt funktionieren dürfte – von Augusta Raurica bis Las Vegas. Weshalb es sich Stone sogar erlauben kann, die Zügel zwischendurch fahren zu lassen: Ihr «Oh To Be Loved By You» ist einlullender Kitsch, und auch ihr Cover von Screamin’ Jay Hawkins’ «I Put A Spell On You» entpuppt sich als erstaunlich zahnlos.

Doch rechtzeitig aufs Konzertende hin besinnt sich Stone wieder ihrer Fähigkeiten: Mit «Music», ihrem «Liebesbrief an die Musik», fährt sie nochmals alle Maschinen hoch, vermengt Soul mit Pop und setzt zu einem furiosen Crescendo an, das die Sängerin vorübergehend ausser Atem bringt – und das Publikum vollends entzückt.