Kein Verbrechen der jüngeren Geschichte schockierte die Schweiz derart wie der Vierfachmord von Rupperswil kurz vor Weihnachten. Die Brutalität war ohne Beispiel, ein Motiv nicht erkennbar, die Ungewissheit über die Täter unerträglich.
Gestern kam die Erlösung: Der Täter ist gefasst und geständig. Das ist die gute Nachricht. Die schlechte: Was wir jetzt erfahren über die Details der Tat, schockiert noch mehr. Der Täter ist ein 33-jähriger Schweizer, wohnt 500 Meter von den Opfern entfernt, er wählt sie darum aus, weil er den 13-jährigen Sohn sexuell missbrauchen will. Er plant, für dieses Vorhaben vier Menschen umzubringen. Beschafft Waffe, Fesselmaterial, Brandbeschleuniger. Fesselt die Opfer. Schändet den Buben. Schneidet den Opfern die Kehle durch. Zündet sie an. Und kehrt dann in den Alltag zurück, lebt unter den Dorfbewohnern, besucht Fussballspiele von Juniorenmannschaften, diskutiert vielleicht sogar über den Mordfall wie alle Rupperswiler.
Das macht fassungslos. Wie kann ein Mensch so gefühlskalt, so berechnend, so brutal sein? In was für einer Gesellschaft leben wir, in der eine solche Tat möglich ist? Wie kann ein Mensch jahrelang nicht auffallen, nicht straffällig werden und dann eine solche Tat begehen?
Wie viel einfacher wäre es, das Schreckliche zu akzeptieren, wenn es zum Beispiel ein Kriminaltourist gewesen wäre? Oder ein Beziehungsdelikt. Oder ein Einbruch, der ausser Kontrolle geraten ist.
Der Aargauer Justizdirektor Urs Hofmann ist geschockt.
© Mario Heller
Hauptmann Markus Gisin, die Leitende Staatsanwältin Barbara Loppacher und Polizeikommandant Polizeikommandant Michael Leupold
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Diese Tat aber wird die Schweiz, den Aargau und Rupperswil noch lange beschäftigen. Der Schock wird nicht so rasch weichen, die Tat wohl nie erklärbar werden. Es läuft einem kalt den Rücken herunter, wenn man bedenkt, wie alles noch viel schlimmer hätte kommen können: Der Täter plante weitere, gleich gelagerte Taten. Unvorstellbar, was bei einem zweiten Fall Rupperswil passiert wäre: Panik im Kanton, eine Bevölkerung in Angst und Schrecken, massiver Druck auf Polizei und Staatsanwaltschaft, wachsende Kritik an deren Arbeit.
Zum Glück, und das ist das einzig Positive am Drama, ist es nicht so weit gekommen. Der Mörder ist 146 Tage nach der Tat gefasst worden. Polizisten und Ermittlungsbehörden hatten den unbändigen Ehrgeiz, den Mörder zu finden – koste es, was es wolle. 40 Personen arbeiteten am Fall. Tag und Nacht. Mit enormem persönlichem Engagement, mit Akribie und Hartnäckigkeit haben sie alle eines Besseren belehrt, die die Hoffnung bereits aufgegeben hatten, dass sie Erfolg haben würden.
Bei allem Schock, bei aller Trauer, bei allen Fragezeichen gibt es eine Gewissheit: Alle Ermittler und Polizisten, die mitgearbeitet haben, verdienen Respekt und grossen Dank.
Das Mordhaus in Rupperswil 146 Tag nach der grausamen Tat
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Das Mordhaus in Rupperswil 146 Tag nach der grausamen Tat (3)
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