Wahlsiegerin Aung San Suu Kyi bleibt weiter in Haft. Die Lage im Land spitzt sich zu.
Eigentlich hatte man Aung San Suu Kyi am Montag wieder auf freiem Fuss erwartet. Von 14 Tagen Untersuchungshaft war die Rede gewesen, ehe sie sich am Mittwoch dieser Woche vor einem Gericht verantworten würde. Der Demokratieaktivistin, Friedensnobelpreisträgerin und im November wiedergewählten Staatsrätin Myanmars wird vorgeworfen, illegal Funkgeräte importiert und benutzt zu haben.
Anfang der Woche aber erklärte Suu Kyis Anwalt, dass die Demokratieikone ihres Landes weiter festgehalten wird. Und was nach dem Anhörungstermin am Mittwoch geschieht, bleibt unklar.
Vor gut zwei Wochen putschte sich das Militär im südostasiatischen 54-Millionenland an die Macht, kurz bevor das dort im November neugewählte Parlament seine erste Sitzung abgehalten hätte. Bei jener Wahl hatte die von Aung San Suu Kyi angeführte Nationale Liga für Demokratie (NLD) einen krachenden Sieg errungen. Doch die Streitkräfte sprachen von Wahlbetrug. Auch ohne Beweise vorzulegen, übernahm der Oberste Befehlshaber Min Aung Hlaing Anfang Februar die Macht. Sofort wurde der Ausnahmezustand ausgerufen, danach das Kriegsrecht verhängt.
Was die im Land ikonenartig verehrte Politikerin Suu Kyi nun vor Gericht erwartet, ist schon deshalb offen, weil sie sich dort nach derzeitigem Stand eher wegen einer Lappalie verantworten muss. Der illegale Import und Gebrauch von Funkgeräten hat auf den ersten Blick auch wenig mit dem ansonsten erhobenen Vorwurf des Wahlbetrugs zu tun, den das Militär als Argument für den Putsch und damit die Verdrängung Suu Kyis von der Macht anführt.
Dabei hat das Militär ein politisches Urteil in der Causa Suu Kyi schon durch die Blume angekündigt. Als ein Nachrichtensprecher des unter Kontrolle gebrachten Staatsfernsehsenders MRTV Anfang des Monats die Machtübernahme des Militärs verlas, sagte er auch:
«Um die Wahllisten zu prüfen und Massnahmen einzuleiten, wird die Macht der nationalen Gesetzgebung, Regierung und Rechtsprechung auf den Obersten Befehlshaber übertragen.»
Unterdessen spitzt sich die Lage auf den Strassen des Landes weiter zu. Schon letzte Woche waren Wasserwerfer im Einsatz, erste Schüsse fielen. Am Montag rollten durch Yangon, die grösste Stadt und Wirtschafszentrum des Landes, auch Panzer. In der Metropole Mandalay wurde berichtet, wie Soldaten in Häuser schossen. Hunderte Demonstranten sind festgenommen worden, mehrere durch das harte Durchgreifen des Militärs bereits verletzt worden. Schliesslich dürfen die Menschen den mit dem Putsch verhängten Regeln zufolge nicht zu mehr als fünf Personen zusammentreffen. Auch motorisierte Proteste sind verboten.
Nur wollen sich Viele nicht daran halten. «Wir wollen unsere Anführerin zurück!», sagt ein 19-jähriger Demokratieaktivist aus Mandalay, der sich zu seiner eigenen Sicherheit Argon nennt. Seit zwei Wochen geht er wie viele andere junge Menschen abwechselnd auf die Strasse und verbreitet über die sozialen Medien Informationen über die Geschehnisse im Land. Am Montag verschickte er Bilder angeschossener Demonstranten sowie von Demonstranten mit Panzern im Hintergrund. «Aung San Suu Kyi ist eine ehrliche Person. Sie wird zu Unrecht festgehalten», sagt Audrey, eine weitere Gegnerin des Putsches. Seit Tagen ziehen Zehntausende auf die Strassen, um zu protestieren.
Dabei wird diesen Gegnern des Militärputsches zusehends das Leben schwer gemacht. In der Nacht zu Montag war erneut für Stunden das Internet abgeschaltet. Wer weiter protestiert und die Aktivitäten des Militärs aufhalte, so heisst es seitens der Armee um Oberbefehlshaber Min Aung Hlaing, müsse mit 20 Jahren Gefängnis rechnen.