Rechtsextremisten aus Chemnitz wegen Terrorverdachts festgenommen

Zugriff wegen Terrorverdachts gegen Rechtsextremisten aus Chemnitz: Kurz vor dem Tag der Deutschen Einheit an diesem Mittwoch hat der deutsche Generalbundesanwalt in den Ländern Sachsen und Bayern sechs Männer wegen des Verdachts der Bildung einer rechtsterroristischen Vereinigung festnehmen lassen.

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Die Polizei mit einem Verdächtigen am deutschen Bundesgerichtshof in Karlsruhe. (Bild: Franziska Kraufmann/EPA (Karlsruhe, 1. Oktober 2018))

Die Polizei mit einem Verdächtigen am deutschen Bundesgerichtshof in Karlsruhe. (Bild: Franziska Kraufmann/EPA (Karlsruhe, 1. Oktober 2018))

(sda dpa) Die Gruppe namens "Revolution Chemnitz" habe am 3. Oktober zuschlagen wollen, teilte die Bundesanwaltschaft am Montag mit. Details zu Anschlagsplanungen gab es noch nicht.

Die Mitglieder sollen jedoch bewaffnete Angriffe auf Ausländer und Politiker geplant haben. Die Männer wollten demnach mit Gewalt gegen den Rechtsstaat kämpfen und hatten sich auch um halbautomatische Schusswaffen bemüht.

Nach bisherigen Erkenntnissen gehören die Beschuldigten der Hooligan-, Skinhead- und Neonazi-Szene im Raum Chemnitz an und sollen sich als führende Personen in der rechtsextremistischen Szene des Bundeslands Sachsen verstanden haben.

Wohnungen durchsucht

Nach den Ermittlungen hatten sie sich spätestens am 11. September 2018 zur Gruppierung "Revolution Chemnitz" zusammengeschlossen. Die Polizei durchsuchte mehrere Wohnungen sowie weitere Räumlichkeiten im Raum Chemnitz. Dabei wurden unter anderem Schlagstöcke, ein Luftdruckgewehr und Speichermedien gefunden.

Zur Erinnerung: In Chemnitz hatte es Ende August und im September fremdenfeindliche Übergriffe und Proteste gegeben. Auslöser dafür war der gewaltsame Tod eines 35-jährigen Deutschen am Rande eines Stadtfestes. Tatverdächtig sind drei Asylbewerber.

Es folgten von Hooligans angeführte Demonstrationen und sogenannte Trauermärsche, bei denen es zu ausländerfeindlichen Übergriffen kam. Ein Video, das eine kurze Jagdszene zeigt, löste eine Debatte über den Begriff "Hetzjagd" aus. Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maassen hatte zunächst die Echtheit des Videos angezweifelt. Wenig später musste er seinen Posten räumen.

Zwei Verdächtige in Untersuchungshaft

Am Montag kamen zwei Verdächtige in Untersuchungshaft. Dabei handelt es sich um die mutmassliche Führungsfigur, den 31-jährigen Christian K., sowie um Thomas W.. Zwei weitere Verdächtige sollten noch am Montag dem Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs vorgeführt werden, die anderen am Dienstag.

Zusammen mit den Behörden in Sachsen werde man nun klären, wie weit die Vernetzung gehe und ob die Beschuldigten an den Ausschreitungen im August in Chemnitz beteiligt waren, hiess es aus Karlsruhe. Christian K. war bereits am 14. September wegen besonders schweren Landfriedensbruchs festgenommen worden und sitzt seither in U-Haft.

Wie K. sollen auch fünf der nun festgenommenen Männer am 14. September mit Glasflaschen, Quarzhandschuhen und einem Elektroschocker auf der Schlossteichinsel in Chemnitz Ausländer angegriffen und verletzt haben.

"Bürgerwehr"

Die Täter hätten sich laut Zeugenaussagen als "Bürgerwehr" definiert. Am 15. September hatten die Behörden in Chemnitz mitgeteilt, es seien 15 Mitglieder einer selbst ernannten Bürgerwehr vorläufig festgenommen worden.

Gegen sechs der Männer im Alter zwischen 27 und 33 Jahren wurde Haftbefehl erlassen, hiess es damals. Sie sollen an dem Abend nach einer Kundgebung der rechtspopulistischen Bewegung Pro Chemnitz auf der Schlossteichinsel zunächst die Gäste einer Geburtstagsfeier bedroht und Ausweise von ihnen verlangt haben.

Anschliessend habe die 15-köpfige Männer-Gruppe in dem Park sieben Menschen unterschiedlicher Nationalitäten eingekreist. Dabei seien fremdenfeindliche Äusserungen gefallen, und ein Iraner sei mit einem Gegenstand verletzt worden.

Die Bundesanwaltschaft erklärte am Montag, die Mitglieder sollen Angriffe auf Ausländer und politisch Andersdenkende geplant haben. "Zu den politisch Andersdenkenden zählen die Beschuldigten den Erkenntnissen zufolge auch Vertreter des politischen Parteienspektrums und Angehörige des gesellschaftlichen Establishments."

Seehofer begrüsst Festnahmen

Der deutsche Innenminister Horst Seehofer warnte vor einer generell unverändert hohen Terrorgefahr. Zugleich begrüsste er die Festnahmen. "Das ist die Realisierung unseres Grundsatzes "Null Toleranz gegenüber Rechtsradikalen und Rechtsextremisten"", sagte er.

Der Zugriff lässt Erinnerungen an den NSU und die Gruppe Freital aufkommen. Der "Nationalsozialistische Untergrund" flog 2011 auf, seine Mitglieder Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt hatten fast 14 Jahre lang im Untergrund gelebt. Die beiden Männer ermordeten zehn Menschen mit zumeist ausländischen Wurzeln. Zschäpe erhielt im Juli im NSU-Prozess lebenslänglich.

Die Gruppe Freital hatte 2015 fünf Sprengstoffanschläge auf Flüchtlingsunterkünfte und politische Gegner in Freital und Dresden verübt. Dabei wurden zwei Menschen leicht verletzt.