Ostafrika
Donald Trump spricht stets davon, Opponenten zu verhaften – der ugandische Autokrat macht es

Was der US-Präsident im Wahlkampf grossspurig angekündigt hat, setzt Ugandas Langzeit-Herrscher schamlos um: Er lässt politische Gegner einsperren. Nach der Verhaftung seines berühmtesten Kritikers eskaliert die Situation im ostafrikanischen Land.

Jocelyn Daloz
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Protestierende berichten von erschossenen Demonstranten.
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Entrüstung in den Strassen der Hauptstadt Kampala.
Der Popstar tritt als Politiker stets mit dem roten Militärberet auf.
Der Machthaber Ugandas, Yoweri Museveni, geht nicht zimperlich mit Opponenten vor.
Die Polizei zeigt Präsenz in den Strassen der Hauptstadt.

Protestierende berichten von erschossenen Demonstranten.

Bilder: AP (Kampala, 18. November 2020)

Donald Trumps Weigerung, seine Niederlage einzugestehen, lässt die mächtigste Demokratie der Welt gar alt aussehen. Sein Gebaren gleicht dem von Despoten. Doch wie weit die USA selbst jetzt von autokratischen Systemen entfernt sind, zeigt ein Blick auf Uganda.

Das ostafrikanische Land ist in diesen Tagen ein trauriges Beispiel für die noch viel extremeren Methoden, die wahre Autokraten zuweilen anwenden, um ihren Posten zu behalten. Seit gestern sind urbane Zentren des Landes im Aufruhr, nachdem die Polizei den Oppositionsführer Bobi Wine – mit richtigem Namen Robert Kyagulanyi – verhaftet hat.

Wer ist Bobi Wine und wieso wird er immer wieder verhaftet?

Der ehemalige Reggae-Star ist der grosse Hoffnungsträger von Ugandas Jugend und Parlamentarier . Er hat vergangene Woche seine Kandidatur für die Präsidentschaftswahlen vom Januar 2021 angekündigt und will den Machthaber Yoweri Museveni aus dem Amt treiben.

Dieser hat seit seiner Machtergreifung 1986 schon zweimal die Verfassung geändert, um seine Amtszeit zu verlängern und tritt nun gegen neun Herausforderer an. Mit Opponenten geht Museveni unzimperlich um. Bobi Wine etwa liess er in den vergangenen Jahren regelmässig verhaften. Wine berichtete, in Gefangenschaft immer wieder gefoltert zu werden.

Wie wurde seine Verhaftung dieses Mal begründet?

Bisher zeigt er sich nach jeder Freilassung kämpferischer und verkündet seine Botschaft von Veränderung nur noch lauter. Seine jüngste Verhaftung begründet die Regierung damit, dass er bei Kampagnenanlässen gegen Pandemiemassnahmen der Regierung verstossen haben soll. Kurz darauf hat Museveni auch einen zweiten Kandidaten verhaften lassen.

Die Verhaftung hat landesweit Proteste ausgelöst, gegen die der Staat gewaltsam vorgeht. Die ugandische Tageszeitung «The Daily Monitor» spricht von 203 Toten, die «New York Times» von sieben.

Auf Facebook kursieren Videos vom Aufruhr. Eine Aufnahme zeigt, wie ein Polizist auf eine Büroangestellte schiesst, die aus ihrem Bürofenster die Strasse filmt.

Wie wurde Bobi Wine zum Hoffnungsträger der Jugend?

Die Entrüstung über die Verhaftung zeugt von der breiten Unterstützung, die Bobi Wine seit Jahren vor allem bei der städtischen Jugend geniesst. Von vielen Medien wird er als einzige wahre Gefahr für Museveni wahrgenommen. Seit Jahren erobern seine fröhlichen Reggae- und Dancehall-Beats die Dance-Klubs des Landes.

Er spricht in seinen Liedern von sozialer Ungerechtigkeit, Armut und Korruption. Er erlebte einen rasanten Aufstieg aus den Armenvierteln an die Spitze der nationalen Musikszene. 2017 wurde er mit 80 Prozent Stimmen ins ugandische Parlament gewählt. «The world is looking for somebody to do something, not explain why he did not» («Die Welt wartet auf einen, der etwas tut und nicht nur erklärt, weshalb er nichts tat»), schreibt er auf seiner Facebook-Seite.

Im März sprach diese Redaktion mit jungen Menschen aus Kampala, deren Hoffnungen auf dem Musiker beruhen. Die Frauenrechtsaktivistin Judith sagte, dass sie 2017 zum ersten Mal wählen ging, um Bobi Wines Namen in die Urne zu werfen. Ismail, einen Taxifahrer, sieht in Bobi Wine «die erste Alternative, die ein Ende der Ungerechtigkeiten, des Nepotismus und der Korruption» herbeiführen könnte.

Wie hat die Pandemie den Wahlkampf verändert?

Das Land hat bisher 16905 Coronafälle und 157 Toten vermeldet. Viele Menschenrechtsorganisationen erachten Musevenis Coronamassnahmen als puren Opportunismus: Mit den Massnahmen verstärkt der Autokrat seine Kontrolle über die Bevölkerung und kann die Verfolgung seiner Opponenten legitimieren.

Die Wahlen im Januar dürften alles andere als fair ablaufen in dem Land, das die Nichtregierungsorganisation Transparency International auf Rang 137 von 180 analysierten Ländern einstuft. In Uganda droht ein ähnliches Szenario wie in der Elfenbeinküste oder in Mali, in denen dieses Jahr umstrittene Staatschefs in intransparenten Wahlen im Amt bestätigt worden sind. Ernüchtert sagt Isaia: «Bobi kann nicht gewinnen. Aber die Menschen sind verzweifelt, deshalb unterstützen sie ihn.»