Mehrere Krater im Süden der Insel La Palma spucken Feuer. Bewohner werden evakuiert. Probleme könnte es im Flugverkehr geben.
Am Sonntagnachmittag begannen die Krater auf der Kanareninsel La Palma Feuer zu spucken. Zuerst hörten die Menschen im Südwesten der zu Spanien gehörenden Ferieninsel eine laute Explosion. An mehreren Stellen riss die Erde in der Gebirgskette Cumbre Vieja (Alter Gipfel) auf. Aus den Öffnungen flogen Gesteinsbrocken. Glühend-flüssiges Magma quillt seitdem aus mehreren Kratern und fliesst den Berg hinunter Richtung Meer.
Die Eruption hatte sich durch tagelange kleine Erdbeben auf der Insel angekündigt. Insgesamt waren in der vergangenen Woche mehr als 25'000 Erdstösse festgestellt worden. Der heftigste ereignete sich am frühen Sonntagmorgen mit einer Stärke von 3,8 auf der Richterskala und war auf der gesamten Insel spürbar. Die Epizentren Beben lagen stets im Süden und Südwesten der Insel und hatten sich zuletzt immer mehr der Erdoberfläche genähert.
Die südliche Inselhälfte, in der die Orte Los Llanos de Aridane, El Paso, Mazo und Fuencaliente liegen, waren bereits vor Tagen in Alarmbereitschaft versetzt worden. Dort leben 35'000 Menschen. Insgesamt hat La Palma 84'000 Bewohner. Jedes Jahr wird die Vulkaninsel, die als Naturparadies gilt, von Hunderttausenden Touristen besucht. Auch jetzt im September halten sich viele Feriengäste auf der Insel auf, die besonders bei Wanderern beliebt ist.
Der Vulkanausbruch ereignete sich in einem weitgehend unbewohnten Gebiet des Cumbre Vieja, in einer bis zu etwa 1000 Meter hohen Gebirgszone namens Cabeza de Vaca (Kuhkopf). Die betroffene Region gehört zur Gemeinde El Paso, in der 8000 Menschen leben und in der auch zahlreiche Ferienhotels liegen. Im Laufe des Nachmittags öffneten sich immer mehr Vulkanlöcher. Bis zum Abend zählten die Behörden bereits sieben Krateröffnungen. Die Cumbre Vieja ist das aktivste Vulkangebirge der Kanarischen Inseln. Zuletzt war dort vor 50 Jahren ein Ausbruch registriert worden, der mehrere Wochen dauerte.
Gefahr ging am Sonntagabend vor allem von mehreren Lavaströmen aus, die sich den Hang hinunter über Bergstrassen hinweg auf bewohntes Gebiet zubewegten und auch Teile des Ortes Los Llanos de Aridane erreichen könnten. Die glühendheisse, dickflüssige Masse, in der Temperaturen von bis zu 1000 Grad gemessen wurden, setzte auf ihrem Weg Richtung Meer Teile des umgebenden Kiefernwaldes in Brand. Über der Insel stand ein dichter Rauchpilz. Auch kilometerweit von den Vulkankratern entfernt regnete Asche auf den Boden nieder.
Bis zum frühen Abend wurden nach Behördenangaben mindestens 2000 Menschen evakuiert. Darunter befinden sich auch Touristen, die ihre Unterkünfte verlassen mussten. Die Menschen wurden an der Küste, ausserhalb der Gefahrenzone, in Notunterkünften und Sporthallen untergebracht. Die Menschen im Inselsüden waren bereits vor Tagen aufgerufen worden, sich auf eine mögliche Evakuierung vorzubereiten. Am Sonntag, nach dem Ausbruch, wurde dann im südlichen Inselteil maximaler Alarm ausgelöst.
Die Behörden baten Touristen und Bewohner auf der ganzen Insel Ruhe zu bewahren. Sie sollten die Nachrichtenlage aufmerksam verfolgen und sich nicht dem Vulkangebiet nähern. Trotzdem versuchten am Sonntagnachmittag Hunderte Schaulustige, mit dem Auto die Kraterzone zu erreichen. Dies war nicht nur gefährlich, sondern behinderte auch die Einsatzkräfte. Auf vielen Strassen in der Vulkanumgebung bildeten sich lange Staus. «Bitte kommen sie nicht zu den Kratern», warnte Inselpräsident Mariano Zapata am Abend. Beim letzten Vulkanausbruch in der Cumbre Vieja im Jahr 1971 waren zwei Schaulustige durch eine Rauchvergiftung gestorben.
Die massive Eruption könnte die nächsten Tagen den Flugverkehr zur Ferieninsel, die vor der westafrikanischen Küste im Atlantik liegt, beeinträchtigen. Spaniens Flugbehörden empfahlen den Airlines, den Flugverkehr zum im Inselosten liegenden Airport in Santa Cruz de La Palma vorübergehend einzustellen. Vor allem wegen der Rauch- und Aschewolken, die sich über der Insel ausbreiten. Es wurde aber noch kein Flugverbot verhängt, sodass die Entscheidung über Absagen bei den Airlines liegt. Passagiere sollten sich deswegen vor Reiseantritt mit ihrer Fluggesellschaft in Verbindung setzen.
Der regionale Regierungschef aller Kanarischen Inseln, Ángel Víctor Torres, wollte am Sonntagabend noch keine Prognose wagen, wie sich der Vulkanausbruch entwickeln könnte. «Wir müssen abwarten», sagte er. «Wir hoffen, dass sich die Schäden in Grenzen halten».