Ukraine-Krieg
Star-Historikerin Applebaum appelliert an die Schweiz: Keine gestohlenen Gelder aus Russland mehr annehmen

Die bekannte Osteuropa-Expertin fordert, dass die Schweiz kein Geld mehr annimmt von russischen Staatsbürgern, die Wladimir Putins Regime nahestehen.

Francesco Benini
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Sprach in Interlaken: Historikerin Anne Applebaum.

Sprach in Interlaken: Historikerin Anne Applebaum.

Keystone

Als Bürgerin der USA habe sie der Schweiz eigentlich keine Ratschläge zu erteilen, sagte die Historikerin und Journalistin Anne Applebaum in ihrer Rede am Swiss Economic Forum in Interlaken. Die Osteuropa-Expertin machte dann doch klar, dass sie von der Schweiz ein verstärktes Engagement gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin und dessen Angriffskrieg auf die Ukraine erwartet.

Russland sei eine Kleptokratie, sagte Applebaum – und die Kleptokraten sollten ihr gestohlenes Geld nicht in der Schweiz verstecken können. Die Rednerin erntete für diese Forderung zaghaften Applaus.

Auch Schweiz soll für Demokratie kämpfen

Applebaum verwies auch auf Schweden und Finnland, die erkannt hätten, dass in Anbetracht der russischen Aggression eine neutrale Haltung keinen Sinn mehr ergebe. Die Historikerin rief die Schweiz zwar nicht dazu auf, wie die beiden nordischen Länder der Nato beizutreten. Sie bezeichnete eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen der Schweizer Armee und dem Atlantischen Bündnis aber als sinnvoll.

Applebaum betonte, dass es eine naturgegebene liberale Weltordnung nicht gebe. Die demokratischen Länder müssten für ihre Werte kämpfen, denn Autokraten wie Putin versuchten, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit auch ausserhalb der eigenen Grenzen zu zerstören. Die Schweiz als Land mit einer langen demokratischen Tradition sei prädestiniert, einen Beitrag in diesem Kampf zu leisten.

Für ihre historischen Studien ist Anne Applebaum mehrfach ausgezeichnet worden. Ihr Buch «Roter Hunger» über die Hungersnot, die der sowjetische Diktator Josef Stalin vor 90 Jahren in der Ukraine willentlich herbeiführte und die vier Millionen Menschen das Leben kostete, gilt als Meisterwerk.

Die Ukraine soll entscheiden, ob sie Gebiete abgeben will

Applebaum unterstrich in Interlaken, es sei enorm wichtig, dass der Krieg in der Ukraine mit einer «Niederlage Putins» ende. Nur so könne man darauf zählen, dass der russische Präsident seine imperialistischen Ziele aufgebe und keine Nachbarländer mehr attackiere.

Was eine Niederlage Putins genau ist, sagte Applebaum nicht. Der Autokrat müsse gestoppt werden; darüber hinaus liege es nur an der Ukraine zu entscheiden, ob sie in Verhandlungen mit Moskau eigenes Staatsgebiet an Russland abtrete. Ein eingefrorener Konflikt wäre hingegen schlecht, weil Wladimir Putin dann früher oder später wieder Truppen in die Ukraine schicken würde.