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Jahrzehntelang im Dienst der Nation: Das Vereinigte Königreich verneigt sich vor Prinz Philip. Die Zeremonie auf Schloss Windsor folgt einem akkuraten Plan. Doch es ist auch Platz für persönliche Momente.
(dpa/chm) Farewell, Prinz Philip! Mit einer bewegenden Trauerfeier hat die britische Königsfamilie Abschied vom Ehemann von Queen Elizabeth II. (94) genommen. Wegen der Corona-Pandemie fand die Zeremonie auf Schloss Windsor nur im kleinsten Kreis mit 30 Gästen statt - doch landesweit nahmen die Menschen Anteil. An allen Orten des Königreichs hielten sie zu einer Schweigeminute inne. Prinz Philip war am 9. April im Alter von 99 Jahren gestorben.
Sehr gefasst und mit gesenktem Haupt, offensichtlich Lied- und Redetexte verfolgend, sass die Queen bei der Trauerfeier in der St.Georgs-Kapelle alleine in der ersten Reihe. Die Corona-Regeln machten es notwendig, dass die Monarchin Abstand hielt zu ihrer Familie. Den Trauermarsch begleitete sie in ihrer Staatslimousine. Sohn und Thronfolger Prinz Charles (72) wirkte sehr angefasst, als er dem Sarg seines Vaters folgte.
Nach der Trauerfeier für ihren Grossvater haben sich die Brüder Prinz William (38) und Prinz Harry (36), denen schwere Differenzen nachgesagt werden, unterhalten. Auf TV-Bildern war zu sehen, wie Harry am Ausgang der St.Georgs-Kapelle zunächst mit Williams Ehefrau Herzogin Kate (39) sprach. Als William hinzu kam, schritten die drei gemeinsam - Harry mit Maske in der Mitte - über das Gelände.
seeing william, harry and kate talking, and walking together was really great to see! ❤️ pic.twitter.com/j6fXz2geBS
— 𝒜.🕊 (@acupofanna) April 17, 2021
Die Beziehung der Söhne von Thronfolger Prinz Charles gilt als belastet, seitdem Harry und seine Frau Herzogin Meghan ihre royalen Pflichten aufgegeben haben und in die USA gezogen sind. Ein Interview des Paares im US-Fernsehen, bei dem sie schwere Vorwürfe gegen den Palast erhoben, hatte die Kluft noch verstärkt. Ein Telefonat zwischen den Brüdern soll wenig konstruktiv gewesen sein. Meghan ist wegen ihrer Schwangerschaft nicht nach Grossbritannien gereist.
Während des Trauermarsches bestand noch ein sichtlicher Abstand zwischen den beiden Brüdern. Ihr Cousin und Sohn von Prinzessin Anne, Peter Phillips, reihte sich zwischen ihnen ein. Damit, so spekulierten Medien, wollte die Königin sichtbare Spannungen zwischen den Brüdern vermeiden.
Als die Königin in ihrer Staatslimousine sich dem Zug anschloss, erklang die Nationalhymne. Vertreter der Armee marschierten in Gardeuniformen entlang des Leichenwagens. Dabei handelte es sich um einen Landrover, der nach Philips eigenen Vorgaben gestaltet war. Jede Minute feuerte die königliche Artillerie einen Schuss ab.
Millionen Menschen weltweit verfolgten die Zeremonie vor dem Fernseher. Die Trauerfeier war eine sehr persönliche Veranstaltung. Zwar wirkte vieles sehr formal. Noch zu Lebzeiten hatte Philip sich ständig in die Vorbereitungen eingemischt, Vorgaben gemacht. Den Leichenwagen, einen umgebauten Landrover, gestaltete er über 16 Jahre lang selbst. Und auch die Musikauswahl sowie andere Elemente wie die Orden, die präsentiert wurden, waren von Philip selbst gewählt.
Schliesslich dominierten Anklänge an die militärische Vergangenheit Philips, der im Zweiten Weltkrieg in der Royal Navy gedient hatte. Auf dem Sarg des Royal Consort, wie der Prinzgemahl offiziell heisst, ruhten sein Marinesäbel und seine Admiralsmütze. Und auch die deutsche Familiengeschichte fand Berücksichtigung. Drei deutsche Angehörige - mit Philip über seine vier Schwestern verwandt - gehörten zu den 30 Gästen, die die Queen selbst ausgewählt hatte.
Vor der königlichen Residenz nahe London versammelten sich bei strahlendem Sonnenschein zahlreiche Royal-Fans und Schaulustige. Im Anschluss an die landesweite Schweigeminute am Samstagnachmittag sorgte eine Frau für Aufregung: Mit nacktem Oberkörper rief sie laut«Rettet die Erde» und stürzte in Richtung einer Statue von Queen Victoria, wie die Nachrichtenagentur PA meldete.
Eine Reporterin der Deutschen Presse-Agentur beobachtete, wie die Frau versuchte, an Sicherheitskräften vorbeizukommen. Polizisten überwältigten die Frau und führten sie in Handschellen ab. Innerhalb des Schlosses wurde der Zwischenfall nicht bemerkt.
«Ich wollte ein Teil davon sein», sagte Laura Griffiths, die aus den West Midlands angereist war, der Deutschen Presse-Agentur. «Es ist unsere Royal Family, daher hatte ich das Gefühl, dass ich persönlich meinen Respekt erweisen muss - obwohl uns geraten wurde, dies nicht zu tun», erzählte Griffiths. Gegenüber dem Schloss stiessen Pub-Gäste auf den Prinzgemahl an.
«Er war ein Nachbar», sagte Riad Terha von einem Fish-and-Chips-Laden. «Er war ein echt netter Kerl. Alle Briten mochten und respektierten ihn. Er hat der Nation lange gedient.» Zu einer Schweigeminute kehrte dann Stille ein. Landesweit hielten die Menschen inne. Um das Gedenken in Windsor nicht zu stören, hatte der nahe gelegene Flughafen Heathrow rund um die Schweigeminute Starts und Landungen verboten.
Mit einem grossen Porträt von Philip erinnerte an der Absperrung in Windsor auch der Künstler Kay Mar an den Herzog von Edinburgh, wie Philip im Vereinigten Königreich wegen seines Titels genannt wird. Der Prinzgemahl sei ein grossartiger Mann gewesen, weil er stets so «unverblümt» geredet habe, sagte der 63-Jährige. Von der Trauerzeremonie innerhalb der Schlossmauern drang - bis auf die Salutschüsse - wenig.
Wie die königliche Familie den Trauertag verbringt, wurde nicht bekanntgegeben. Aber klar ist: An diesem Sonntag endet die Trauerzeit. Schon bald steht ein weiterer wichtiger Termin an, auch wenn wegen der Corona-Regeln ebenfalls keine Feier möglich ist - die Queen wird am Mittwoch 95. Es ist ihr erster Geburtstag ohne ihren Gatten seit ihrer Hochzeit 1947.