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Vier Frauen wollen es mit Präsident Macron aufnehmen – darunter ist auch eine Hexen-Befürworterin

Die Präsidentschaftswahl war in Frankreich seit jeher Männersache. Das ändert sich nun mit der Kandidatur der Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo.

Stefan Brändle, Paris
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Anne Hidalgo vom «Parti Socialiste»

Anne Hidalgo vom «Parti Socialiste»

Bild: Isore / imago

«La France» ist wie auch Nationalfigur Marianne weiblicher Natur - geleitet wird Frankreich hingegen von Männern. So war es schon in der Monarchie, und auch die Fünfte Republik von 1958 bleibt bis heute eine Abfolge bestandener Landesväter – von Charles de Gaulle über François Mitterrand und Jacques Chirac bis zu Emmanuel Macron, um nur ein paar zu nennen. Nur zwei Frauen drangen jemals in die präsidiale Stichwahl vor, die Sozialistin Ségolène Royal 2007 und die Rechtspopulistin Marine Le Pen 2017. Beide verloren deutlich.

2022 könnte das Präsidentschaftswahljahr der Frauen werden. Am Sonntag will die Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo ihre Kandidatur erklären. Die 62-jährige Sozialistin ist ein politisches Schwergewicht und tritt mit dem Anspruch an, die Linke hinter sich zu einigen – deren einzige Chance auf den Wahlsieg. In den Umfragen kommt Hidalgo erst auf acht Prozent, doch das rührt auch daher, dass sie bisher kaum über Paris hinaus gepunktet hat.

«Feministische Hauptstadt»

Deshalb kündigt sie ihre Kandidatur bewusst ausserhalb der Hauptstadt an, in der Normandie-Stadt Rouen. Die gebürtige Spanierin, die mit ihren republikanischen Eltern dreijährig aus Andalusien nach Paris gekommen war, ist eine hartnäckige Verfechterin rotgrüner Verkehrs- und Migrationspolitik. Ihr letzte, unangefochtene Wahl ins Pariser Rathaus stellte sie 2020 unter das Motto «Paris, feministische Hauptstadt». Ihre internen Widersacher wie Arnaud Montebourg oder der Kommunist Fabien Roussel werden sich kaum halten können, falls Hidalgos Kandidatur landesweit Anklang findet. Nur der Linksaussen Jean-Luc Mélenchon hat bereits klargemacht, dass er Hidalgo auf keinen Fall weichen will.

Sandrine Rousseau von den Grünen.

Sandrine Rousseau von den Grünen.

Die Grünen halten derzeit eine Primärwahl ab. Die Ausgangslage ist ähnlich wie bei den deutschen Grünen: Am populärsten ist ein Mann, Yannick Jadot, doch die weniger bekannte, in den internen Umfragen Zweitplatzierte, die Ökonomin Sandrine Rousseau, könnte letztlich das Rennen machen. Sie thematisiert Gewalt gegen Frauen, nachdem sie sich im Zuge der MeToo-Bewegung selber als Opfer des grünen Abgeordneten Denis Baupin geoutet hat. Radikaler als Hidalgo, sagte sie, es gebe ihr zu viele rationale Ingenieure – und «zu wenige Hexen».

Marine Le Pen vom «Rassemblement National»

Marine Le Pen vom «Rassemblement National»

Bild: Langsdon / EPA/EPA

Auf der Rechten bezeichnet sich heute sogar Marine Le Pen als Feministin. Das brachte ihr von der konservativen Präsidentschaftskandidatin Valérie Pécresse die giftige Bemerkung ein: „«Wenn Marine Le Pen nicht Cheftochter gewesen wäre, wäre sie nie Parteichefin geworden. Das ist kein Feminismus, sondern Nepotismus.»“

Die Liberale Valérie Pécresse.

Die Liberale Valérie Pécresse.

Bild: keystone

Pécresse steht der Grossregion Paris vor und gilt als liberal; sie scheut sich nicht, der Sozialistin Royal Komplimente zu machen, weil diese 2007 die «gläserne Decke» ihrer Partei gesprengt habe. Pécresse selbst muss zuerst noch beweisen, ob sie dazu in ihrer eigenen Bewegung «Les Républicains» fähig ist. Mit Xavier Bertrand und Michel Barnier hat sie intern zwei ambitionierte Widersacher. Und in der Wahl selbst müsste sie sich gegen die telegenen Platzhirsche Macron und Mélenchon durchsetzen.

Gratis-Verhütungsmittel für junge Frauen

Nach jetzigem Umfragestand würden Macron und Le Pen wie vor fünf Jahren mit jeweils gut 20 Stimmenprozent in die Stichwahl einziehen, wo der amtierende Präsident erneut gewinnen dürfte. Hidalgo, Rousseau und Pécresse können dieses Duell nur verhindern, wenn sie sich in den nächsten Monaten in Szene zu setzen vermögen. Unmöglich ist das nicht, denn laut einer anderen Umfrage wollen die Stimmberechtigten keine Wiederholung der Konstellation von 2017.

Die aufziehende Kampagne wird jetzt schon von Frauenthemen dominiert. Dafür sorgen nicht nur die Kandidatinnen; auch Konservative wie Bertrand wahren heute eine Geschlechterparität und portieren Frauenanliegen. Macron hat die Verhütungsmittel für Frauen bis zum 25. Altersjahr soeben für unentgeltlich erklärt. Weitere Geschenk-Versprechen für die französischen Wählerinnen dürften in den nächsten Monaten folgen.