Asylbewerber
Erstmals wurden in Lörrach Zelte für Flüchtlinge aufgebaut

Der Landkreis Lörrach erwartet bis Jahresende noch 1500 Flüchtlinge, die er aufnehmen muss. Als Zwischenlösung werden diese in Zelten untergebracht. Sie werden verpflegt, bekommen ein geringes Taschengeld und medizinische Versorgung.

Peter Schenk
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In solchen Zelten werden die Flüchtlinge bis spätestens November untergebracht. Sie sind alle mit einem Holzboden, Licht und Heizung ausgestattet.

In solchen Zelten werden die Flüchtlinge bis spätestens November untergebracht. Sie sind alle mit einem Holzboden, Licht und Heizung ausgestattet.

bz

Die Sozialdezernentin des Landkreises Lörrach brachte es auf den Punkt: «Dass wir erstmals Zelte als Notunterkunft für Flüchtlinge aufbauen müssen, ist der dramatischen Entwicklung geschuldet», sagte Elke Zimmermann-Fiscella gestern vor Journalisten in Efringen-Kirchen, 15 Kilometer nördlich von Basel. Fünf Zelte à 20 Betten werden ab Mittwoch 100 weitere Flüchtlinge aufnehmen – insgesamt sind es in Efringen-Kirchen dann 320. Weitere drei Zelte dienen als Kantine beziehungsweise für Schränke, die dort untergestellt werden, bevor sie in die Schlafzelte gezügelt werden.

100 freiwillige Mitarbeiter vom Roten Kreuz, dem Technischen Hilfswerk und der Feuerwehr hatten am Samstag bei tropischer Hitze beim Aufbau der Zelte geholfen. Zimmermann bedankte sich für die schnelle und unbürokratische Hilfe. Sie machte aber auch deutlich, dass in Zukunft jede Gemeinde und Stadt im Landkreis Flüchtlinge aufnehmen muss. Für 2015 rechnet der Landkreis Lörrach, der mit 220 000 Einwohnern mehr Bewohner als Basel-Stadt, aber weniger als das Baselbiet hat, mit 2300 Flüchtlingen entsprechend der aktuellen Prognose. Für September bis Dezember wird eine Zunahme von 1500 Personen erwartet.

Früher für Katzenbergtunnel

Das Land Baden-Württemberg muss bis Ende Jahr noch 68 000 Flüchtlinge aufnehmen. Die Zuweisungen an die verschiedenen Zentren werden zentral von Karlsruhe aus vorgenommen.

Derzeit gibt es in Rheinfelden, Todtnau, Schönau, Wieden, Lörrach und Efringen Gemeinschaftsunterkünfte. Die Zelte wurden neben die Gemeinschaftsunterkunft in Efringen-Kirchen aufgestellt – umgebaute Gebäude, die früher den Ingenieuren und Bauarbeitern sowie der Ausstellung zum Katzenbergtunnel diente. Die tiefergelegten Geleise verlaufen nur wenige hundert Meter entfernt von der Unterkunft. Die Zelte sind alle mit einem Holzboden, Licht und Heizung ausgestattet. Auch für WC und Duschen ist gesorgt.

Sie sind allerdings als Provisorien gedacht und werden spätestens im Oktober oder November wieder abgebaut. Bis dann müssen für die Unterbringung der Flüchtlinge andere Lösungen gefunden worden sein. So könnten eventuell 180 Personen in Maulburg in einer alten Halle untergebracht werden. In Schopfheim ist eine Leichtbauhalle geplant, die innerhalb von zehn Tagen aufgestellt werden kann.

In der Gemeinschaftsunterkunft Efringen-Kirchen stammen 57 Prozent der Bewohner aus dem Balkan. Heimleiterin Susanne Kraft versucht, neu ankommende Familien mit kleinen Kindern, wenn es irgend geht, in dem Gebäude unterzubringen. Auch bemüht sie sich, Angehörige gleicher Kulturen und Sprachen beieinander zu behalten und einzelne, junge Männer eher in den Zelten unterzubringen. Rassismus habe es bisher unter den Insassen nicht gegeben, betont sie.

«Flüchtlinge aus Afrika und Syrien kommen eher allein und werden von ihrer Familie vorgeschickt, um die anderen später nachzuholen», erklärt Thomas Vollbrecht, zuständig für Aufnahme und Integration.

Wer im Zelt schläft, kann nicht selber kochen und wird auch verpflegt. Er erhält dafür aber auch weniger Geld. Ein Erwachsener bekommt monatlich vom Landkreis 291 Euro ausgezahlt. Wer mit Essen und Trinken versorgt wird, erhält mit 144 Euro im Monat entsprechend weniger als Taschengeld, was insbesondere bei den jungen Männern für wenig Begeisterung sorgt.

24-Stunden-Sicherheitsdienst

Neu wird in Zukunft der Sicherheitsdienst nicht nur in der Nacht, sondern 24 Stunden am Tag präsent sein. Nennenswerten Widerstand hat es laut Sozialdezernentin Zimmermann bisher nicht gegen die Unterbringung von Flüchtlingen im Landkreis gegeben. Sie führt dies auch darauf zurück, dass sorgfältig und regelmässig über geplante Unterkünfte informiert wird. Bei einem Fall in Lörrach aber wurde das Gelände, das dafür vorgesehen war, von Anwohnern aufgekauft, die das Asylbewerberheim so verhindern wollten.

Arzt hält gratis Sprechstunden

Für Flüchtlinge, die einen offiziellen Termin haben, stehen zwei Monatskarten für den öV zur Verfügung. Ein weiteres Beispiel für unbürokratische Hilfe ist das Engagement eines pensionierten Arztes aus Efringen-Kirchen. Er hält regelmässig in einem für ihn hergerichteten Raum im Heim gratis Sprechstunden ab. Um ihn abzusichern, hat die Gemeinschaftsunterkunft für ihn eine Versicherung abgeschlossen. Braucht jemand Medikamente, rechnen die Apotheken die ausgestellten Privatrezepte des Arztes zum Tarif der deutschen Grundversicherung ab. Die Kosten übernimmt der Landkreis.