CDU-Mitglied Hans-Georg Maassen moniert einen Linksdrall bei der ARD und fordert nun einen Eignungstest. Die Empörung ist gross. Wie reagiert Kanzlerkandidat Armin Laschet?
Aus Sicht von Armin Laschet lief es zuletzt nahezu perfekt. Zuerst stellte der Kanzlerkandidat der Union ein wolkiges Wahlprogramm vor, das ein bisschen Klimaschutz verspricht und Steuererhöhungen ausschliesst und niemandem so richtig wehtut. Dann taten ihm die Grünen einen grossen Gefallen, vor allem die Kanzlerin in spe Annalena Baerbock. Die ist nach Vorwürfen des Plagiats vollends in die Defensive geraten, ihre Partei rutscht in Umfragen ab. Und da ist noch die SPD und ihr Anwärter Olaf Scholz. Die Genossen können, Stand heute, froh sein, wenn sie zweitstärkste Kraft hinter der Union werden.
Quasi im Schlafwagen ins Kanzleramt? Da hätte Laschets nichts dagegen einzuwenden. Doch daraus wird vorderhand nichts. Nun ist auch der CDU-Kanzler in spe in Bedrängnis geraten. Der 60-Jährige hat ein Problem mit einem prominenten Parteimitglied.
In Südthüringen kandidiert der ehemalige Verfassungsschutzchef und CDU-Mitglied Hans-Georg Maassen für die Bundestagswahlen. Maassen polarisiert. Dem heute 58-Jährigen wird immer mal wieder eine Nähe zur AfD unterstellt. Als Geheimdienstchef musste er 2018 den Hut nehmen, nachdem er der Kanzlerin widersprochen hatte. Die Regierung sah in Chemnitz eine Hetzjagd von Rechtsextremen auf Flüchtlinge, es existierte sogar ein Video davon. Maassen stellte eine Hetzjagd in Abrede. Der Geheimdienstler tauchte nach seiner Entlassung nicht einfach ab, im Gegenteil: Das CDU-Mitglied gefällt sich seither in der Rolle als Provokateur.
«Wer einen Gesinnungstest für Journalisten fordert, fällt in dunkelste Zeiten zurück»
Mit seiner jüngsten Provokation bringt er nun Parteichef Laschet in die Bredouille. In einem Interview mit einem Lokal-TV fordert Maassen eine Gesinnungsprüfung für Mitarbeitende des öffentlichen Rundfunks. Einige der Redakteure bei der «Tagesschau» würden Verbindungen zur linksextremen Szene unterhalten, unterstellte Maassen, ohne Belege dafür zu liefern. Die Biografie einiger Redakteure müsse «auf den Prüfstand» gestellt und die Mitarbeiter auf deren «charakterliche Eigenschaften» überprüft werden. Der «klare Linksdrall» führe zu einer «Manipulation der veröffentlichten Meinung».
Maassen wusste, dass er mit seiner Kritik auf viel Zuspruch bei Konservativen und in Kreisen der AfD stossen würde. Dort sieht man die Öffentlichen-Rechtlichen seit Jahren rot-grün unterwandert. Maassen ruderte später zurück. Doch seine Taktik war längst aufgegangen: Provozieren, Thema besetzen. Danach, wenn sich die Debatte verselbstständigt, relativieren.
Die Empörung über diese Auslassung, die als Angriff auf die Pressefreiheit interpretiert werden kann, liess nicht lange auf sich warten - und kam selbst aus den eigenen Reihen. CDU-Mann Dirk Toepffer sagt: «Wer einen Gesinnungstest für Journalisten fordert, fällt in dunkelste Zeit zurück». Vor allem aber waren die Fantasien des Ex-Geheimdienstlers über Gesinnungskontrollen für Journalisten gefundenes Fressen für die politische Konkurrenz. Die CDU, hiess es, müsse Mitglieder wie Maassen aus der Partei ausschliessen. Die Brandmauer nach Rechts bröckele zusehends bei der Union.
Für Laschet ist Maassen ein Problem. Am liebsten würde er den umstrittenen Kandidaten gar nicht erwähnen, damit die Personalie nicht zu viel Aufmerksamkeit bekommt. Ein Parteiausschluss wäre ein langes Verfahren mit unklarem Ausgang. Zudem will Laschet die Konservativen nicht vergraulen, Maassen hat durchaus seine Fans in der CDU.
Laschets Taktik: die hektische Phase auszusitzen. Und auf die Konkurrenz hoffen. Zum Beispiel, dass sie bei den Grünen weiter patzen und die SPD nicht aus der Baisse findet. Dann reicht es für Laschet auch im Schlafwagen ins Kanzleramt.