BILATERALE
Im zweiten Anlauf klappts doch noch: Mitte-Partei und EU-Christdemokraten geben «Freundschaftserklärung» ab

In einer gemeinsamen Resolution fordert die Europäische Volkspartei (EVP) und die Schweizer Mitte eine «konstruktive Zusammenarbeit» auch nach dem Aus des institutionellen Rahmenabkommens.

Remo Hess, Brüssel
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Bemühen sich um ihre christlichdemokratischen Kontakte in Europa: Die Baselbieter Mitte-Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter mit Parteichef Gerhard Pfister. (Archiv)

Bemühen sich um ihre christlichdemokratischen Kontakte in Europa: Die Baselbieter Mitte-Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter mit Parteichef Gerhard Pfister. (Archiv)

Keystone

Manchmal braucht es zwei Anläufe: Nachdem es im vergangenen Herbst nicht geklappt hat, verabschieden die Europäischen Christdemokraten am Mittwoch auf ihrem Parteikongress in Rotterdam eine Erklärung, welche sich für eine «konstruktive Zusammenarbeit» zwischen der Schweiz und der EU ausspricht.

Die Baselbieter Mitte-Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter, welche zusammen mit dem österreichischen EU-Parlamentarier Lukas Mandl (ÖVP) die «Freundschaftserklärung» initiiert hat und am Kongress in Rotterdam teilnimmt, sieht dies als «klares Zeichen» dafür, dass auch in der EU das Bewusstsein wachse, sich mit der Schweiz nach dem Aus des Rahmenabkommens mit gutem Willen an einen Tisch zu setzen.

Dies, zumal auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen der EVP angehört. Schneider-Schneiter: «Die aktuellen geopolitischen Entwicklungen rufen dazu auf, die Kräfte auf dem europäischen Kontinent zu stärken. Nur gemeinsam werden wir erfolgreich bleiben.»

Ausgewogene Formulierungen oder doch im EU-Interesse?

Allerdings: Viel Konkretes steht in der Resolution nicht drin. Es finden sich vor allem Allgemeinplätze, wie: «Die EVP fordert, dass alles Mögliche getan wird, die europäisch-schweizerische Zusammenarbeit zu stärken». Diese solle auf «robusten gemeinsamen Regeln» basieren. Vom von Aussenminister Ignazio Cassis lancierten «politischen Dialog» erwartet die EVP, dass dieser «konkrete Strategien und Konzepte» mit einem «konkreten Zeitplan» bringe.

Die EVP verlangt, dass die EU «rechtlich stimmige Regeln zum Wohle eins starken europäischen Binnenmarkts» fordere. Weiter betont die EVP, dass die Teilnahme der Schweiz am EU-Forschungsprogramm «Horizon Europe» unter «Berücksichtigung des Gesamtzustands» der Beziehung beiden Seiten Vorteile bringe und lobt die Schweiz für die Übernahme der EU-Sanktionen.

Während die Formulierungen zum bilateralen Verhältnis aus Sicht von Mitte-Nationalrätin Schneider-Schneiter ausgewogen sind, können sie aus EU-Sicht durchaus auch im Sinne der EU-Kommission gelesen werden, die von der Schweiz unverändert auf einer Lösung der institutionellen Fragen pocht. Schneider-Schneiter sieht darin kein Problem: «Die Mitte hat sich immer für eine Institutionalisierung ausgesprochen und auch einen konkreten Plan verlangt»

Warum die «Freundschaftserklärung» beim ersten Mal abstürzte

In der gescheiterten Freundschaftserklärung vom vergangenen Herbst waren die entscheidenden Passagen über eine institutionelle Lösung noch markanter im Sinne der EU formuliert, weshalb die Mitte sich nicht einverstanden zeigen konnte und in letzter Minute auf eine Rücknahme der Resolution drängte.

Der Grund für den «Unfall» war, dass der österreichische EU-Abgeordnete Lukas Mandl als «Vater» der Erklärung in der entscheidenden Vorbereitungssitzung abwesend war. Es war dann der EU-Kommissar Johannes Hahn, ebenfalls ÖVP-Mitglied und der ehemalige Schweiz-Verhandler von Kommissionschefin von der Leyen, der die Gunst der Stunde nutzte und eine betont harte EU-Haltung in den Text reingeschmuggelt hatte.

Angela Merkel (links) zusammen mit EU-Ratspräsident Donald Tusk und Ursula von der Leyen beim EVP-Kongress in Zagreb im Jahr 2019.

Angela Merkel (links) zusammen mit EU-Ratspräsident Donald Tusk und Ursula von der Leyen beim EVP-Kongress in Zagreb im Jahr 2019.

Keystone

Die EVP ist die gesamteuropäische Familie der christlichdemokratischen Parteien in Europa. Über viele Jahre knüpfte sie ein mächtiges Netzwerk und gab den Ton in der EU-Politik an. Nicht nur EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen gehört der EVP an.

Auch der vormalige Kommissionschef Jean-Claude Juncker, dessen Vorgänger José Manuel Barroso sowie ex-Ratspräsident Donald Tusk sind Christdemokraten. Nach dem Rücktritt von Bundeskanzlerin Angela Merkel, Wahlverlusten und diversen Regierungswechseln in Europa haben die Christdemokraten jedoch an Schlagkraft verloren.