Dramatische Wende im Fall der Messerattacke eines Einbrechers in Bergdietikon: Unter der Maske steckte der Ehemann des Opfers. Das Motiv des 40-Jährigen ist noch unklar. Der Schock sitzt tief: Die Familie galt bei den Nachbarn als glücklich.
Michael Spillmann
Der 40-jährige P. S. (Name der Redaktion bekannt) hat die Tat, seine Frau zu töten, offenbar eiskalt geplant. Vor dem Eingang platzierte er in der Nacht auf Donnerstag zwei Paar Turnschuhe - wie es auch Einbrecher tun, damit sie keinen Lärm machen. Dann schlich er sich maskiert ins Haus. Ob er dabei sogar Einbruchsspuren fingiert hat oder einfach mit dem Schlüssel durch die Haustür kam, ist noch unklar. Klar ist: In der Küche griff er nach einem Küchenmesser und ging ins Schlafzimmer im Obergeschoss, wo seine 39-jährige Frau und der zweijährige Sohn schliefen. Die fünfjährige Tochter schlief im Kinderzimmer.
Opfer glaubte an einen Einbruch
Um 1.20 Uhr, als die zweifache Mutter aus dem Schlaf schreckte, glaubte sie einen Einbrecher überrascht zu haben. Der Masken-Mann stach sofort zu. Die Frau - ahnungslos wen sie vor sich hatte - konnte noch um Hilfe schreien. Der Ehemann flüchtete, die Frau blieb stark blutend mit schweren Stichverletzungen am Hals zurück.
Ein durch die Hilferufe aufgeschrecktes Ehepaar im Nachbarhaus eilte sofort zu Hilfe. Auf dem Weg konnte der Nachbar erkennen, wie eine Person wegrannte. Was er da nicht wusste: Unter der Maske steckte ein guter Bekannter von ihm. Als die Sanitäter die verletzte Frau verarzteten, begann die Polizei bereits mit der Spurensuche. Ein Nachbar erklärte sich bereit, den 40-jährigen Ehemann des Opfers telefonisch zu informieren.
Geschäftsreise nur erfunden?
Kurze Zeit später fuhr P. S. bereits mit seinem Auto am Tatort vor - einen weiten Weg hatte er nicht. Die Polizeiermittler befragten auch den Ehemann. Auf dem Rückweg von einer geschäftlichen Auslandreise sei er gewesen, gab dieser an. «Ob es diese Geschäftsreise tatsächlich gab, muss noch abgeklärt werden», sagt Kantonspolizeisprecher Bernhard Graser. Die geschockten Kinder wurden während der Befragung von den Nachbarn betreut. Dann liess die Polizei den Ehemann wieder gehen.
Er besuchte seine Frau im Spital
Noch in der Nacht operierten Ärzte die 39-jährige Frau im Spital. Die Polizeiarbeit lief auf Hochtouren. Obwohl in alle Richtungen ermittelt werde, gehe man von einem Einbruch aus, hiess es später. Die Brutalität des Täters sei aber untypisch. Am Donnerstagmorgen wurde der Ehemann ein zweites Mal einvernommen, obwohl er nicht unter Tatverdacht stand. Skrupellos: Wie der «Blick» am Freitag berichtete, besuchte P. S. seine Ehefrau sogar im Spital, nachdem er Stunden zuvor versucht hatte, sie mit dem Messer zu erstechen.
Dann die Wende: Im Laufe des Tages plagte P. S. offenbar das schlechte Gewissen. Oder dachte er, dass die Polizei ihm auf die Spur kommen könnte? Jedenfalls fuhr er irgendwann zwischen 18 und 19 Uhr allein zum Kantonspolizeiposten in Baden, wo er zugab, seine Frau selber niedergestochen zu haben. «Er sagte auch, dass er die Tat allein begangen hat. Das Motiv ist noch unklar», so Kapo-Sprecher Bernhard Graser. Der zuständige Bezirksamtmann Stefan Kalt eröffnete ihm später die Haft. Wo P. S. in U-Haft sitzt, will die Polizei nicht sagen. Der Bezirksamtmann war es auch, der am Freitagnachmittag die im Spital liegende Frau über das Schockgeständnis ihres Ehepartners informieren musste.
Glücklichen Eindruck gemacht
Der Schock sitzt tatsächlich tief - Familienvater P. S. wollte alle täuschen. Noch am Donnerstag ging im Quartier die Angst um, nachdem alles auf einen brutalen Einbruch deutete. Denn: In den Reihenhäusern waren in der Vergangenheit immer wieder Einbrecher am Werk.
Am Freitag dann die Schreckensnachricht: Die Frau wurde Opfer ihres eigenen Partners. Dabei habe die Familie stets einen glücklichen Eindruck gemacht, wie Nachbarn der MZ versicherten. «Wir haben abwechslungsweise auf die Kinder aufgepasst», meinte einer. Von Streit in der Ehe habe er nie etwas mitbekommen. Eine Nachbarin schilderte, wie sie die Familie beobachtete, als diese auf einen Spaziergang ging. «Sie schienen so glücklich», erzählt sie.