Schenkkreis-Morde – der Prozess
Anwalt vom «gmögigen Pädi»: «Lebenslänglich drängt sich nicht auf»

Am Montag hielten die Verteidiger von Guido S. und Patric S. ihre Plädoyers. Beide fordern nicht-lebenslange Haftstrafen für ihre Mandanten. Morgen geht es weiter mit dem Plädoyer vom Verteidiger von Ruth S.

Daniel Fuchs
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Pius Buchmann (ganz rechts), Verteidiger von Patric S., auf dem Weg ins Gericht (Bild von vergangener Woche)

Pius Buchmann (ganz rechts), Verteidiger von Patric S., auf dem Weg ins Gericht (Bild von vergangener Woche)

Keystone

16:25

Der Anwalt von Patric S. macht es kurz: Bereit ist er mit seinem Plädoyer am Ende. Der Staatsanwalt verzichtet auch im Fall Patric S. auf eine Replik. Damit beendet der Gerichtspräsident François Scheidegger die Gerichtsverhandlung für heute. Morgen um 8.15 Uhr geht es weiter mit dem Plädoyer von Daniel Walder, dem Verteidiger von Ruth S. Das Urteil könnte bereits am nächsten Freitag vorliegen, wahrscheinlich – so der Gerichtspräsident – aber erst am 25. Mai.

16:18

Patric S. wisse, dass ihm eine lange Freiheitsstrafe drohe. Es dränge sich keine lebenslange Strafe auf, weil damit der massive Druck Ruth S.' und sein frühes Geständnis nicht berücksichtigt würden. Sein Mandant habe sich gegenüber der Strafverfolgungsbehörde stets kooperativ gezeigt. Auch das sei zu berücksichtigen. Strafmildernde Punkte müssten deshalb unbedingt berücksichtigt werden. Eine Therapie sei nicht nötig, denn glaube sein Mandant, mit der Tat klar zu kommen, sie zu verarbeiten. Er zeige ehrliche Bemühungen, aufzuzeigen, dass er sich einmalig habe fallen lassen. Zudem zeige er grosse Reue über seine Tat und sei überzeugt, nach der Haftstrafe ein Leben zu führen, ohne gegen Recht zu verstossen. Buchmann ist froh, dass die Anklage von einer Verwahrung für seinen Mandanten absieht, da dieser Ersttäter sei.

16:03

«Ich will dem Gutachter nicht allzu viele Vorwürfe machen», sagt Buchmann. Doch habe sich der Forensiker Lutz-Peter Hiersemenzel offensichtlich überschätzt und hätte besser einen Spezialisten beigezogen. Denn das Vorgehen des Gutachters sei in «hohem Masse unprofessionell», so Anwalt Buchmann. Er selber sieht sich nicht in der Lage, einen Antrag auf die Dauer der Freiheitsstrafe zu stellen. «Ich weiss selber nicht, ob Patric S. wegen des Drogen- und Dopingkonsum voll schuldfähig war», erklärt er. Das Gutachten sei zu mangelhaft. Ein Zusatzgutachten müsste Licht in diese Fragen bringen. «Weshalb in aller Welt hat der gmögige Pädi sich zu dieser Tat verleiten lassen?», will Buchmann wissen.

15:34

Zum Drogenkonsum: Pius Buchmann wirft dem forensischen Gutachter Happiges vor. Dieser habe die Akten nicht richtig gelesen, sie nicht vollständig bekommen oder sie für sein Gutachten gar mit Absicht nicht berücksichtigt. Er habe ausgeführt, er kenne keine Aussagen von Zeugen, die von einer erhöhten Reizbarkeit von Patric S. gesprochen hätten. Buchmann zählt nun eine Reihe möglicher Zeugen auf, die zum Teil bereits zu Protokoll gaben, dass sich Patric S. wegen seines Drogen- und Dopingkonsums verändert habe. Er habe nicht mehr ruhig sitzen können, sei unsympathisch geworden, habe aggressive SMS geschrieben, sei auf bestem Weg dabei gewesen, durchzudrehen. Dann zählt Buchmann einen Substanzen-Cocktail auf, der Einen schwindlig werden lässt: Kokain habe er geraucht und auch gespritzt, daneben Alkohol konsumiert und verschiedene Substanzen geschluckt oder gespritzt: Testosteron, Insulin, Ritalin, Wachstumshormone – das sind nur die bekanntesten auf der Liste. Es müsse Patric S. gestattet werden, den Beweis zu erbringen, dass die konsumierten Drogen ihren Teil dazu beigetragen hätten, die schreckliche Tat überhaupt begehen zu können. Es sei offensichtlich, dass dem Gutachter bestimmte Kompetenzen abgesprochen werden müssten. So habe er die Stiftung «Anti-Doping Schweiz» nicht einmal gekannt. Dabei handle es sich um jenes Organ, das Kontrollen durchführe, sich um Prävention und Information kümmere.

15:01

Nun kommt Buchmann auf das «dominante Wesen» von Ruth S. zu sprechen. Es handle sich um eine Schutzbehauptung, wenn Ruth S. behaupte, aus purer Hilfsbereitschaft gehandelt zu haben. Im Gegenteil: Sie habe massiven Druck auf Patric S. und Guido S. ausgeübt. Sein Mandant habe sich zu einem gewissen Teil von ihr führen lassen. Hinzu komme, dass in einem Schenkkreis starke, gegenseitige Abhängigkeiten bestünden. Ohne die «generalstabsmässige Organisation» Ruth S.' wäre es gar nie dazu gekommen, dass ein solcher Prozess hätte aufgerollt haben müssen. Oder anders gesagt: Buchmann sieht es als erwiesen an, dass Ruth S. die Drahtzieherin des Raubmords ist, sie als «General» ihre «Soldaten» die schrecklichen Taten ausführen liess.

14:55

«Schenkkreise verursachen grosses Leid», erklärt Buchmann. So auch bei Patric S, sei dieser doch gezwungen worden, 15'000 Franken in den Schenkkreis als Investment einzuschiessen. Pius Buchmann staunt, wie Leute auf Schenkkreis-Systeme hereinfallen können – einem System, das nicht funktionieren könne. Auch sein Mandant Patric S. habe dies zusehends festgestellt. Bei seiner Tat habe er teilweise sein Geld zurückholen wollen und auch dasjenige von anderen Schenkkreis-Opfern, die er selber angeheuert hatte. Sein Mandat räume allerdings ein, dass er sich darüber hinaus finanziell sanieren habe wollen.

14:50

Mit dem psychiatrischen Gutachter ist Pius Buchmann überhaupt nicht zufrieden. In einem Punkt habe der Gutachter allerdings Recht: Zwar fehle die Begründung, doch teile er des Gutachters Einschätzung, wonach Guido S. Verantwortung abzuschieben und Gewaltbereitschaft auszublenden versuche. Und dies auf dem Rücken seines Mandanten Patric S.

14:40

Buchmann holt aus: «Patric S. hat so funktioniert, wie es die drei Angeklagten im Vorfeld der Tat abgesprochen haben», sagt der Verteidiger des ehemaligen Spitzensportlers. Zeit seines Lebens werde Patric S. mit seiner Tat leben müssen, die er selber schrecklich finde und sich dafür entschuldige. Regungslos sitzt Patric S. da. Tut es ihm auch wirklich Leid? Auch bei Guido S. ist keine Regung auszumachen. Auch dann nicht, als Pius Buchmann auf seine Rolle zu der Tötung des dritten Opfers Dania Dubey zu sprechen kommt. Guido S. habe diese schliesslich umgebracht. Sein Klient, Patric S., hätte plötzlich Skrupel gehabt. Es handle sich um eine Schutzbehauptung Guido S.', wenn dieser sage, Patric S. sei konditionell nicht mehr fähig gewesen, Dania Dubey zu töten. Das mute – so Buchmann – lächerlich an, zumal sein Mandant die Tochter der Dubeys auch hätte erschiessen können. Buchmann sagt: «Er hatte Skrupel, weil er dachte, dass Dania Dubey nichts mit den illegalen Schenkkreisen zu tun hatte.»

14:18

Nun ist es an Pius Buchmann, dem Anwalt von Patric S., für seinen Mandanten zu plädieren. Sein Ton unterscheidet sich stark von jenem, den Bruno Steiner vor der Mittagspause anschlug. Forsch und bestimmt greift er den psychiatrischen Gutachter frontal an. Dies aber in einem anderen Zusammenhang als Bruno Steiner. Er fordert die Einvernahme weiterer sechs Zeugen sowie, dass ein neues Gutachten erstellt wird. Zur Freiheitsstrafe könne er aber keinen konkreten Antrag stellen, weil zum Konsum von Doping und Drogen kein aussagekräftiges Gutachten erstellt worden sei. Entgegen der herrschenden Lehre sehe der Forensiker Lutz-Peter Hiersemenzel keinen Zusammenhang zwischen dem Konsum von Anabolika und aggressiverem Verhalten. Buchmann fordert einen Gutachter, der sich «mit der Materie auskennt». Die Schuld sehe sein Mandant ein und er würde «sein Leben hergeben» um die Tat rückgängig zu machen.

12:51

Der Staatsanwalt Jan Gutzwiller lässt verlauten, dass er auf eine Replik verzichtet. Um 14 Uhr geht die Verhandlung mit dem Plädoyer des Verteidigers von Patric S., Pius Buchmann, weiter.

12:48

Nun kommt Rechtsanwalt Bruno Steiner zur Strafzumessung. Aus seiner Sicht ist der Strafantrag des Staatsanwalts tendenziös und im Fall Guido S. zu hoch angesetzt. Er kann sich «in keinster Weise» diesem anschliessen. Obwohl er betont, kein Anhänger der Kuscheljustiz zu sein, fordert er eine tiefere Strafzumessung als der Staatsanwalt, der lebenslänglich fordert: «12 bis 16 Jahre Gefängnisstrafe sind aus meiner Sicht für meinen Klienten genug.» Die bisher abgesessene Strafe sei dieser Freiheitsstrafe anzurechnen. Er fordert zudem eine Therapie für seinen Klienten. Die Zivilforderungen der Hinterbliebenen anerkennt der Verteidiger von Guido S. Leider könne er sich dabei nicht auf ein psychiatrisches Gutachten abstützen, das diesen Namen verdient. Dasjenige von Hiersemenzel sei ungenügend. Zudem dränge sich keine Verwahrung auf, weil dem Angeklagten eine günstige Prognose gestellt werden könne. Die Situation, die zur Mitbeteiligung Guido S.' an der Tat geführt habe, sei eine einzigartige gewesen. Das intensive Abhängigkeitsverhältnis zu Ruth S. und Patric S. habe dazu geführt. «Ein solches Abhängigkeitsverhältnis lässt sich nicht noch einmal installieren», sagt Steiner. Sein Mandant werde nach Durchlaufen des Strafvollzugs sein normales, unauffälliges Leben, das er bis zum Zeitpunkt der Tat geführt habe, weiterführen. Zu guter Letzt appelliert Steiner an die Strafverfolgungsbehörde, seriöse Gutachten machen zu lassen. Es zeige sich an diesem Fall, welche Macht Gutachter hätten und zu welchen Schlüssen sich ein Staatsanwalt leiten lasse.

11:47

Bruno Steiner konzentriert sich seit einer Stunde voll und ganz auf das forensische Gutachten, respektive auf dessen Verfasser, den Psychiater Lutz-Peter Hiersemenzel. «Dieses Gutachten überzeugt inhaltlich in keiner Art und Weise», sagt er zusammenfassend. Weder sei das Gutachten schlüssig, noch nachvollziehbar. Dazu fehle es allenthalben an Begründungen. «Eigentlich mangelt es an allem», kritisiert der Anwalt von Guido S. Er habe den Eindruck, dass sich sein Mandant nach der Diagnose richten müsse, statt dass sich diese nach dem Angeklagten richte. Was der Angeklagte während der Begutachtung auch gemacht habe, es sei immer verkehrt gewesen. Damit kritisiert Steiner auch das Verfahren vor dem Amtsgericht Solothurn-Lebern. «Die Angeklagten haben ein Recht auf ein faires Verfahren», sagt er. Dies umfasse eben auch eine anständiges Gutachten.

11:01

Im entscheidenden Moment sei sein Klient nicht zurechnungsfähig gewesen: nämlich als es um den Start des Unterfangens ging. Einmal mehr spricht Rechtsanwalt Bruno Steiner an, dass Guido S. während der Tat noch immer betrunken war und überdies unter Schlafmangel litt. Der psychiatrische Gutachter hätte diesem Fakt mehr Beachtung schenken müssen, findet Steiner. Es handle sich hier schliesslich um keinen gefestigten Tatentschluss, wie das der Gutachter unterstelle, sagt Steiner. In seinem Plädoyer greift Steiner den psychiatrischen Gutachter Lutz-Peter Hiersemenzel nun frontal an. Über Umwege führt er aus, dass sein Mandant in seiner Reife zurückgeblieben sei. Man drehe es wie man wolle: Der Gutachter habe sich in keiner Art und Weise mit der zentralen Frage der Schuldfähigkeit auseinandergesetzt. Er - Bruno Steiner - selber sag nur soviel: «Die Schuldfähigkeit meines Klienten war zum Tatzeitpunkt bedeutend reduziert.» Den Gutachter beschreibt Steiner schliesslich als mimosenhaft und eitel. Während der Gerichtsverhandlung habe er Tritte unter die Gürtellinie ausgeteilt.

10:18

Nach einer kurzen Pause fährt nun Bruno Steiner mit seinem Plädoyer fort. Er zieht ein kurzes Zwischenfazit, indem er daran erinnert, dass es sich im Fall um einen Schenkkreis-Fall handle. Schliesslich habe sich Ruth S. in der Hierarchie des Schenkkreises nach oben arbeiten versucht. Im Rausch von Alkohol und Schlafmangel habe sein Klient die Tat wie «in einem Nebel» erlebt. Guido S. sei Mitläufer gewesen. Er sei zwar nützlich für die Tat gewesen, jedoch nicht unabdingbar. Für Steiner spielt Ruth S. demgegenüber ein unglaubwürdiges Spiel: Sie, die «knallharte und herrschsüchtige» Frau, wolle sich vor Gericht als hilfsbereite Madonna darstellen. Dabei wäre sie es gewesen, die Macht und Geld gesucht hätte.

9:54

In seinem Plädoyer dreht sich nun alles um die Person Guido S. Anwalt Steiner setzt alles daran, ihn als treuer und loyaler Freund der beiden anderen Angeklagten darzustellen. Sein Klient habe in völliger Abhängigkeit gehandelt. Das zeige auch der Umstand, dass Guido S. während des gesamten Strafverfahren nie auch nur ein schlechtes Wort über Patric S. oder Ruth S. verloren hätte. Patric S. sei für ihn ein Idol, ein Vorbild gewesen. Ruth S. hingegen habe in Guido S.' Leben die einzige stabile Komponente dargestellt. Sie sei zugleich Mutter, Schwester und Familie für ihn gewesen. Ihr habe er bedingungslos vertraut. Zugleich habe er sie aber auch gefürchtet, wie einen Vater. Guido S. habe sich mit «Treue und Loyalität» bei Beiden, Ruth S. wie Patric S., bedankt. Auch die Psychologie der Personen zeige, dass Guido S. nur zweitrangig für die Tat vorgesehen war. Erst nach dem Abspringen des bereits verurteilten Carsten S. sei dieser nämlich zum Zug gekommen. Dann stellt Steiner in Frage, ob man beim Motiv seines Mandanten tatsächlich von Geldgier ausgehen könne. Sein Klient habe sich zum Tatzeitpunkt nicht in finanziellen Schwierigkeiten befunden. Vielmehr habe Guido S. Ruth S. nicht enttäuschen wollen. Er habe seine Vertrauensperson nicht verlieren, «sie nicht vor den Kopf stossen» wollen. Anwalt Steiner: «Die Bindung meines Klienten zu Ruth S. war stärker als seine Hemmung, bei einer solchen Tat mitzumachen. Ich wage zu behaupten, dass er auch mitgemacht hätte, wenn es bei der Tat gar nicht um Geld gegangen wäre.»

9:15

Im Moment dreht sich alles um Guido S.' Verhältnis zu seinem Kollegen Patric S. während der Tat. Patric S.' Blick vefinstert sich zusehends. Immer wieder schüttelt er den Kopf ob dem Gehörten. Offensichtlich gefällt Patric S. überhaupt nicht, in welche Rolle er sich im Plädoyer Bruno Steiners wiederfindet. Dieser macht geltend, dass sein Klient Guido S. Angst vor Patric S. gehabt hatte. Stark alkoholisiert - Steiner schätzt den Promillegehalt seines Klienten während der Tat zwischen 2 und 2,5 - und völlig verladen durch den Schlafmangel sei Guido S. zum ersten Mal in seinem Leben Zeuge einer kaltblütigen Ermordung einer Frau, später eines Mannes in Anwesenheit seiner Tochter geworden. Patric S. habe dabei zielstrebig und kaltblütig gehandelt. Guido S. habe schliesslich auch während der Vernehmungen betont, seinen Freund nicht wieder erkannt zu haben.

8:55

Es sind drastische Vorwürfe, die sich Ruth S. vom Anwalt von Guido S., Bruno Steiner, anhören muss. Ohne grosse Regung hört sie sich sein Plädoyer an. Einmal mehr wird vor Gericht der Tathergang geschildert. Bruno Steiner stellt seinen Mandanten Guido S. als Anweisungsempfänger, Fahrer und Mitläufer dar. Sein Klient habe vom Chauffeur bis zum Aufpasser alle Aufgaben übernommen. Patric S. sei Ruth S.' Mann fürs Grobe gewesen. Guido S. sei immer von einem Einbruch ohne Gewaltanwendung ausgegangen. Die Idee eines Raubmords stammte demgegenüber von Ruth S. Sie habe schliesslich auch den Tatzeitpunkt bestimmt. Dabei spricht Steiner immer wieder den Alkoholkonsum und fehlenden Schlaf seines Mandanten an. Dabei richtet er happige Vorwürfe an die Untersuchungsbehörden. Diese hätten den Alkoholkonsum seines Mandanten nämlich nie abgeklärt, obwohl es möglich gewesen wäre. Steiner: «Eine dramatische Unterlassung der Polizei». Als er vom Tag der Tag spricht, macht Steiner geltend, sein Klient habe während der vorhergehenden 24 Stunden nicht mehr als zwei Stunden geschlafen. Er habe erst bei der Tat realisiert, an was genau er sich eigentlich beteilige. Der Anwalt erkennt bei seinem Klienten keine Eigeninitiative zur Tat.

8:28

Der Verteidiger von Guido S., Bruno Steiner, beginnt sein Plädoyer mit Hinweis auf ein Zitat, wonach ein Täter sich «in der Zeit zwischen Tat und Verhaftung ohnehin Gedanken macht, sich das Leben zu nehmen». Sein Klient, Guido S. sei geständig. Das Geständnis sei umfassend und in sich schlüssig. Es habe ermöglicht, die schreckliche Tat restlos aufzuklären. Das Verbrechen sei sinnlos, abscheulich und grausam. Die Tat lasse sich weder entschuldigen noch wieder gut machen. Doch in diesem Fall sei es halt so: «Die Tat zerstört auch ihre Täter.» Steiner würdigt die Arbeit des Staatsanwalts, kritisiert aber, dass der Alkoholkonsum seines Mandanten in der Nacht vor der Tat nicht berücksichtigt zu haben. Besondere Aufmerksamkeit gelte dem psychiatrischen Gutachten. Steiner kritisierte von Beginn weg den Gutachter, der die Gutachten aller drei Angeklagten verfasst hat. Insgesamt würdigt Steiner die Arbeit der Staatsanwaltschaft und der Polizei des Kantons Solothurn. Man habe gut gearbeitet und Guido S. stets korrekt behandelt. Letzteres sei nicht selbstverständlich.

8:15

Es geht los. Die Angeklagten sind alle da. Auch Ruth S. ist vor Gericht erschienen. Gerichtspräsident François Scheidegger erklärt das Vorgehen: Beginnen wird der Verteidiger von Guido S. Bruno Steiner. Scheidegger kündigt bereits jetzt an, dass das Gericht erst am Nachmittag des 25. Mai das Urteil eröffnen wird.

Geständige Männer, freie Frau

Es ist der vierte Tag in den Gerichtsverhandlungen um die sogenannten Schenkkreis-Morde: Heute, ab 8.15 Uhr, ist es an den Verteidigern der drei Angeklagten Patric S., Guido S. und Ruth S., ihre Plädoyers zu halten. Das Urteil wurde für nächsten Freitag angekündigt.

Die Angeklagten müssen sich wegen dreifachen Mordes vor dem Amtsgericht Solothurn-Lebern verantworten. Während die beiden Männer geständig sind, streitet Ruth S. eine Beteiligung ab. Sie leide an einem Helfersyndrom, habe den Beiden nur auf Anfrage mit Tipps zum Raub weitergeholfen. Unter Tränen beschied sie letzte Woche vor Gericht, dass von Mord nie die Rede gewesen sei.

Doch nun muss sich die Frau warm anziehen. Die Verteidiger von Patric S. und Guido S. werden sie und ihren Verteidiger Daniel Walder frontal angreifen.

Lebenslängliche Haft gefordert

Doch der Staatsanwalt Jan Gutzwiller nimmt ihr diese Version nicht ab und fordert für alle drei Angeklagten Höchststrafen, also lebenslängliche Haftstrafen. In Ruth S. sieht er die Drahtzieherin der Grenchner Schenkkreis-Raubmorde. Sie habe die beiden Männer fest im Griff gehabt, insbesondere für Guido S. sei sie wie eine zweite Mutter gewesen.

In seinem über vierstündigen Plädoyer vom letzten Mittwoch beliess es der Staatsanwalt bei der geforderten Haftstrafe. Die Frage einer Verwahrung warf er zwar bei beiden männlichen Tätern auf, sah jedoch davon ab.

Für Ruth S. forderte Gutzwiller jedoch, dass sie in Sicherheitshaft genommen werden müsse. Der Hintergrund: Während Patric S. und Guido S. seit ihrer Verhaftung das Gefängnis nie wieder verlassen durften, konnte Ruth S. das Gefängnis Hindelbank nach einem Urteil des Bundesgerichts wieder verlassen. Die beiden Männer erscheinen deshalb unter einem grossen Sicherheitsaufgebot vor Gericht, Ruth S. dagegen als freie Frau.