Kapazitätsgrenze
Wenn das Virus überfordert: langsam kommen auch die beiden Basel an den Anschlag

Corona bringt die beiden Basel an ihre Grenzen. Altersheime brauchen Unterstützung, Contact Tracer sind überfordert: Behörden und Institutionen sind wegen der steigenden Infektionszahlen am Anschlag.

Kelly Spielmann, Zara Zatti, Jonas Hoskyn
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Wie andernorts in der Schweiz nun auch im Baselbiet: Zivilschützer sollen in der Coronakrise in Altersheimen aushelfen.

Wie andernorts in der Schweiz nun auch im Baselbiet: Zivilschützer sollen in der Coronakrise in Altersheimen aushelfen.

Benjamin Manser

Wer sich die tägliche Corona-Statistik auf der Website des Kantons Baselland regelmässig anschaut, dürfte in den letzten Tagen eine ungewöhnliche Feststellung gemacht haben: Während sich am Samstag noch 326 Personen in Isolation befanden, stieg diese Zahl am Sonntag um 600 auf 926 Isolierte. Gestern Montag waren es bereits 1105. In Isolation müssen diejenigen Personen, bei denen ein positiver Coronatest vorliegt. Diese Zahlen bewegten sich in den vergangenen Tagen jedoch in ganz anderen Bereichen: Am Sonntag gab es 147 Neuinfektionen, am Montag 157. Woher kommen also die hohen Isolationszahlen?

«Wir hatten beim Contact Tracing einen Rückstand bei der Kontaktierung der positiv getesteten Personen», erklärt Rolf Wirz, Mediensprecher der Volkswirtschafts- und Gesundheitsdirektion (VGD). Das Contact Tracing Team sei von der Menge der neuen Fälle schlicht überfordert gewesen. Dieser Rückstand sei nun aufgearbeitet worden, «deshalb die Diskrepanz». Es handelt sich also um einen rein statistischen und keinen realen plötzlichen Anstieg.

Wird das Contact Tracing bald aufgegeben?

Der grosse Rückstand zeigt: Das Baselbieter Contact Tracing Team ist an den Grenzen seiner Kapazität angekommen. «Unsere Leute vom Amt für Gesundheit sind wirklich am Anschlag», so Wirz. Personen, die in Quarantäne müssen, weil sie Kontakt zu einer infizierten Person hatten, werden deshalb seit einigen Tagen nicht mehr von den Contact Tracern informiert, sondern von einer externen Firma. Könnte diese, bei steigenden Fällen, auch bald die positiv Getesteten informieren? Wirz: «Wahrscheinlich nicht. Wenn es so weiter geht, denke ich, dass eher die Situation vom Frühling wieder eintreten würde: Dass man das Contact Tracing aufgeben muss, weil man die Fälle gar nicht mehr zurückverfolgen kann.»

In Basel-Stadt musste das Gesundheitsdepartement (GD) beim Contact Tracing den Fokus ändern. Die Priorität sei seit vergangener Woche, die Neuinfizierten noch am selben Tag zu kontaktieren, sagt Sprecherin Anne Tschudin. Zudem setzt das Contact-Tracing-Team den Fokus darauf, mögliche Infektionsherde zu finden. Gestern wurden 70 neue Fälle in Basel-Stadt gezählt. Vergangenen Donnerstag waren es gar 129 Neuinfizierte. Diese müssen dann alle zwei Tage, bei schwereren Verläufen täglich, vom Kanton kontaktiert werden.

«Aufgrund der hohen Anzahl Fälle können wir die Personen, die in Quarantäne müssen, nicht mehr direkt telefonisch kontaktieren», sagt Tschudin. Stand gestern Montag waren im Kanton Basel-Stadt erstmals über 2500 Personen in Quarantäne, weil sie Kontakt mit einer positiv getesteten Person hatten. Personen in Quarantäne erhalten die nötigen Anweisungen neu per Mail, über die infizierten Personen oder im Schulumfeld über die Schulleitungen. «Die Contact-Tracing-Strategie ist dadurch nicht in Frage gestellt», sagt Tschudin. Das Wichtigste sei, die erkrankten Personen früh zu kontaktieren. Gleichzeitig werde das Contact Tracing nochmals verstärkt mit dem Ziel, möglichst rasch wieder mehr direkte Kontaktmöglichkeiten mit dem kantonsärztlichen Dienst anzubieten, kündigt Tschudin an.

Altersheime verhängen wieder Besuchsverbote

Auch das erste Alters- und Pflegeheim im Baselbiet gerät coronabedingt an seine Grenzen. Im Alterszentrum Im Brüel in Aesch stehen seit gestern bis zu zwölf Zivilschützer im Einsatz. Das schreibt der kantonale Krisenstab in einer Medienmitteilung. Grund für die Unterstützung sei die momentane Zimmer-Quarantäne der Bewohner, die zu mehr Aufwand führe.

Auch darf nicht mehr überall Besuch empfangen werden. Mehrere Heime verhängten wieder ein Besuchsverbot oder Einschränkungen. Laut Anne Tschudin ist es in Basel-Stadt bis anhin noch nicht zu Personalengpässen in Alters- und Pflegeheimen gekommen. Stand Montag wurden total elf Bewohner positiv auf das Coronavirus getestet. Die betroffenen Heime verhängten ein Besuchsverbot. Eine allgemeine Einschränkung der Besuche sei vom Kanton laut Tschudin aber nicht vorgesehen, es solle situativ gehandelt werden.