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«Es ist ein Problem», sagt SP-Nationalrat Beat Jans über die vielen Bettelnden in der Stadt. Parlaments-Kollege Mustafa Atici fordert gar Lösungen von Bundesbern.
Seit mehreren Wochen ist eine starke Zunahme an Bettlern in Basel zu beobachten. Osteuropäische Familien nehmen Parks und Spielplätze in Beschlag, lassen sich gemäss Augenzeugenberichten für eine längere Zeit hier nieder. Im Wahlkampf ist das für die bürgerlichen Parteien ein gefundenes Fressen. Sie werfen den Linken vor, sich im Grossen Rat für die Abschaffung des Bettelverbots eingesetzt zu haben. «Offensichtlich hat sich das bis nach Osteuropa herumgesprochen», schrieb die SVP in einer Medienmitteilung.
Die Linke machte bisher einen Bogen um das Thema. Nun aber preschen sie vor – und das gleich auf nationaler Ebene. Der Basler SP-Nationalrat Mustafa Atici wird kommende Woche einen Vorstoss in Bundesbern einreichen, in welchem er auf die Zustände in Basel-Stadt aufmerksam macht. Auch er anerkennt die Probleme. «Ich bewege mich selbst viel in der Stadt und habe auch beobachtet, dass es plötzlich viel mehr Bettler gibt», sagt er.
Auch Atici will sich dagegen wehren, dass Basel «zum neuen Hotspot für Bettler» wird, wie er sagt. Er fordert allerdings, dass das Problem an der Wurzel angepackt wird. Will heissen: Dass die Schweiz mehr Geld in die soziale Integration der Roma-Minderheiten in ihren Herkunftsstaaten Bulgarien, Rumänien, Ungarn und Slowakei investiert.
«Ihre Teilhabe am gesellschaftlichen Entwicklungsprozess hat sich in den letzten Jahren leider kaum verbessert», schreibt Atici im Vorstoss, welcher der bz vorliegt. Und: «Nicht wenige Roma, die mit den Behörden in Kontakt kommen, sind Analphabeten.» Die mangelnde soziale Integration und die Ausgrenzung berge «gewaltiges Konfliktpotenzial», führt Atici aus.
Die Polizei soll das Ausländergesetz anwenden.
(Quelle: Mustafa Atici, SP-Nationalrat)
Der SP-Nationalrat sieht nun den Bund in der Pflicht. Denn dieser messe der Integration von Roma zwar eine wichtige Bedeutung zu, lege den Fokus aber einseitig auf die «Palliativ- und Langzeitpflege», wie Atici schreibt. Er will vom Bundesrat wissen, ob er gewillt ist, mehr in die schulische und berufliche Integration von Roma zu investieren. Dies wäre im Rahmen des Erweiterungsbeitrags der Schweiz an die Europäische Union möglich. Dieser Beitrag fliesse bekanntlich nicht in den Kohäsionsfonds.
«Die Schweiz entscheidet autonom, welche Projekte und Programme sie unterstützen möchte», so Atici. Bis diese Massnahmen greifen, will er aber nicht nur einen Kuschelkurs gegenüber den Bettlern. «Die Polizei soll und muss das Ausländergesetz anwenden», sagt der Sozialdemokrat. Nach ein paar Monaten werde man nachweisen können, dass diese hier keinem Job nachgehen und keinen Wohnsitz haben.
Sukkurs erhält Atici von seinem Nationalratskollegen und Regierungskandidaten Beat Jans. Auch er zeigt sich wenig begeistert über die Entwicklung im Stadtkanton. «Dass es ein Problem ist, geben auch wir Linken zu», sagt er auf Anfrage. Er übt sich in Selbstkritik. Seine Partei räume ein, dass sie unterschätzt habe, wie viele Bettler mit der Aufhebung des Bettelverbots nach Basel kommen.
Auch Jans hat eine klare Haltung: «Als Präsident des Vereins Surprise bin ich mit vielen in Kontakt, die selber an der Armutsgrenze leben. Viele von ihnen sagen, dass man Bettlern nichts geben soll. Es gibt die entsprechenden Institutionen, die sich um die Armen kümmern.» Denkbar sei, dass man auf gesetzgeberischer Ebene wieder tätig werde. «Ob dies ein Bettelverbot sein muss, kann ich aber nicht beurteilen.»
Damit muss sich früher oder später ohnehin das Kantonsparlament auseinandersetzen. Selbst aus gemässigt bürgerlichen Kreisen werden Rufe nach einer Wiedereinführung des Bettelverbots laut. LDP-Grossrat Alex Ebi beispielsweise hat seinem Ärger über die «teilweise sehr lauten und aggressiven» Bettler in einem Vorstoss Luft verschafft und gefragt: «Ist der Regierungsrat bereit, dem Grossen Rat eine Vorlage zu unterbreiten, welche ein Bettelverbot enthält?»