Historisches Museum
Machtkampf im Museum: Ackermann wollte den in Ungnade gefallenen Museumsdirektor Fehlmann loswerden

Die Meldung der Einigung zwischen der Basler Regierungspräsidentin Elisabeth Ackermann und dem Direktor des Historischen Museums vom Montag kam unerwartet. Während Monaten hatten sich Ackermann, Fehlmann aber auch Mitarbeiter des Museums einen Machtkampf geliefert. Recherchen der bz zeigen nun: Mit dem Frieden war es lange tatsächlich weit her. Vielmehr hatte Ackermann den in Ungnade gefallenen Museumsdirektor loswerden wollen.

Benjamin Rosch
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Marc Fehlmann arbeitet wieder als Direktor des Historischen Museums. (Archivbild)

Marc Fehlmann arbeitet wieder als Direktor des Historischen Museums. (Archivbild)

Nicole Nars-Zimmer

Selten schien eine Arbeitsbeziehung in der Basler Verwaltung dermassen in der Sackgasse zu stecken. Regierungsrätin Elisabeth Ackermann (Grüne) und Marc Fehlmann, Direktor am Historischen Museum Basel (HMB) hatten sich – man kann es kaum anders beschreiben – heillos zerstritten. Den Zwist trugen sie in aller Öffentlichkeit aus. Er leistete sich zahlreiche Indiskretionen, sie konterte mit Blossstellung und Maulkorb. Vier Wochen vor der Eröffnung der Münsterschatz-Ausstellung publizierte das Präsidialdepartement die Betriebsanalyse des Museums, und Fehlmann zerbrach schier an der Arbeitslast. Wenig später war er krankgeschrieben. Die kürzlichen Irrungen um ein sexistisches Nietzsche-Podium verfolgte er aus der Ferne. Da schien eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses nur noch eine Frage der Zeit.

Am Montag jedoch die grosse Wende: Im «Regionaljournal» von SRF zeigten sich Ackermann und Fehlmann in Minne. Der krankgeschriebene Museumsdirektor kehrt an seinen Arbeitsplatz zurück. Gemeinsam wolle das ungleiche Duo eine neue Strategie für das Haus in Schieflage ausarbeiten. Ist diese Versöhnung glaubwürdig?

Recherchen der bz zeigen: Noch Ende Jahr war Elisabeth Ackermann fest entschlossen, ihren in Ungnade gefallenen Direktor zu schassen. Zu jener Zeit kommunizierten die Regierungspräsidentin und Fehlmann nur über Anwälte. Im Fall von Fehlmann liegt das Mandat bei Philipp Nordmann von der renommierten Wirtschaftskanzlei Walder Wyss. Ackermann betraute ebenfalls eine private Kanzlei mit der delikaten Angelegenheit: die Basler Firma Neovius und ihren Partner Christoph Meyer.

Lesen Sie ausserdem

den Kommentar von bz Chef-Redaktor Patrick Marcolli:

- Qualvoller Frieden

Diese fanden schnell heraus: Fehlmann befand sich in einer ausgesprochen guten Verhandlungsposition. Der Kündigungsschutz wäre noch bis Spätsommer gelaufen – bis just vor den Wahlen. Das wohlwollende Basler Personalrecht hätte es der Regierungspräsidentin zudem sehr schwer gemacht, Fehlmann geräuschlos zu entfernen. Die jüngsten Fälle, etwa jener des früheren SVP-Politikers Lorenz Nägelin in der Basler Sanität, versprachen eine mehrjährige juristische Schlammschlacht mit dem mutmasslich schlechteren Ende für das Präsidialdepartement.

Druck auch von Seiten der Politik

Es zogen weitere dunkle Wolken auf. Die Geschäftsprüfungskommission schickte sich an, die Causa Fehlmann an die Hand zu nehmen. Sie hatte Wind davon bekommen, dass das Präsidialdepartement dem inzwischen nur noch zu 50 Prozent krankgeschriebenen Fehlmann den Zutritt zu seinem Museum verweigerte – bar jeder rekursfähigen Verfügung. Die GPK hätte wohl eine Untersuchung angestrebt und den allfälligen Bericht im Sommer publiziert. Ebenfalls just vor den Wahlen. Eine Einigung musste her und zwar plötzlich.

So machte Ackermann Fehlmann ein grosszügiges Abschiedsangebot: Manche reden von zwei vollen Jahressalären, was wahrscheinlich etwas hoch ist. Es wäre das maximal Mögliche. Doch Fehlmann lehnte ab. Schliesslich wusste auch er um seine guten Chancen, sollte Ackermann tatsächlich den juristischen Weg beschreiten. Er war gewillt, im Amt zu bleiben. Letztlich blieb Regierungspräsidentin Ackermann gar nicht viel anderes übrig, als auf Fehlmann zuzugehen und ihn wieder arbeiten zu lassen.

Als die bz Fehlmann mit dieser Darstellung konfrontiert, lädt er den Journalisten am frühen Abend zu sich ins Büro. Binnen weniger Minuten setzt er zwei Stellen ins Bild: seinen Anwalt und das Präsidialdepartement. Ersterer rät ihm zum Schweigen, über letzteres schweigt er. So sieht es die Vereinbarung vor, die er am Montag unterschrieben hat. Stattdessen nützt er die knappe Stunde, um seine Motivation zum Weitermachen zu betonen und auch seine eigene Läuterung zu bekräftigen.
Was bleibt? Fehlmann ist wieder im Büro und trifft auf eine Belegschaft, die kaum mehr mit seiner Rückkehr gerechnet hatte. Eine Gruppe von Mitarbeiterinnen opponierte offen in einem Leserbrief gegen den Direktor. Mit ihnen muss Fehlmann den Rank finden. Dafür sollen ein Mediator (für Fehlmann) und eine Mediatorin (fürs Team) sorgen.

Fehlmann führt ein Museum, das ihm zufolge auf 350'000 Franken Fremdmittel verzichten muss – so hoch beziffert er den krankheitsbedingten Ausfall in der Akquise. Das wiederum hat zur Folge, dass das Museum für 2020 aber auch 2021 mehrere Ausstellungen absagen muss. Und er muss der GPK erklären, warum nun plötzlich Friede herrscht und warum dieser glaubwürdig sei.

«Es gab Verletzungen auf beiden Seiten», sagt Fehlmann. Zumindest das ist nicht zu bezweifeln.