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Mobile Beton-Elemente gehören seit den verheerenden Anschlägen in Nizza oder Berlin zum Inventar einer westlichen Stadt. Auch die Basler Polizei setzt vermehrt auf diese Sicherheitsmassnahme. Nicht so beim Jugendkulturfestival vergangenes Wochenende.
Der Terroranschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt führte zu einem Umdenken der Polizeikräfte. Als im Dezember 2016 ein Mann mit einem LKW in eine Menschenmenge raste und so elf Menschen in den Tod riss, standen die Sicherheitskräfte vor der Frage: Wie lässt sich das verhindern?
Die schweren Sperren gehören inzwischen zum Ortsbild vieler westlicher Städte: In unterschiedlicher Form stehen Betonelemente auf dem Times Square von New York, neben dem Camp Nou von Barcelona, vor dem Dom in Genua. Basel gehörte zu den ersten Städten der Schweiz, wo die grauen Blockaden zum Einsatz kamen. Bereits wenige Tage nach dem Attentat in Berlin bewachten sichtbar schwerer bewaffnete Polizisten neben den grauen Blöcken den Basler Weihnachtsmarkt.
Ein Konzept, das Anklang fand bei der Polizei: Auch die Bundesfeier wurde so gesichert und zuletzt schrieb das Justiz- und Sicherheitsdepartement vor dem Festival «Em Bebbi sy Jazz» in einer Mitteilung: «Aufgrund der positiven Erfahrungen bei Publikumsmagneten wie dem Weihnachtsmarkt oder der Bundesfeier am Rhein sichert die Kantonspolizei Basel-Stadt auch den Festperimeter des Jazzfestes mit mobilen baulichen Elementen. Das Publikum soll «Em Bebbi sy Jazz» unbeschwert geniessen können.» 40'000 Jazzfreunde flanierten bewacht durch die Innenstadt, Gleiches galt für das Klosterbergfest die Woche drauf.
Ein Wochenende später: 50'000 Jugendliche feiern das 20-jährige Bestehen des Jugendkulturfestivals (JKF). An den beiden Tagen sind es 10'000 Besucher mehr als am Jazz-Abend, die vor den Bühnen stehen. Kastenwagen und Maschinenpistolen sind aber nirgendwo zu sehen, generell markiert die Polizei kaum Präsenz. «Wir waren erstaunt über die fehlenden Betonelemente», sagt JKF-Geschäftsführerin Carole Ackermann, «wir hatten im Vorfeld mit diesen gerechnet.» Geärgert habe sie sich allerdings nicht: «Für uns war das in Ordnung so. Die Sicherheit liegt in der Verantwortung der Polizei», sagt Ackermann.
Polizeisprecher Toprak Yerguz bestätigt, dass keine Betonelemente am JKF eingesetzt wurden, «dafür aber mehr Mitarbeitende als in den Vorjahren». Warum ein Event gegen Attentate geschützt wird und ein anderer nicht, kann er nicht sagen: «In die Beurteilung geeigneter Sicherheitsmassnahmen fliessen verschiedene Faktoren ein. Jeder Einsatz erfordert ein angepasstes Dispositiv.» Mehr Informationen lässt er sich unter Berufung auf die Polizeitaktik nicht entlocken.
Der Grund für die polizeiliche Verschwiegenheit könnte woanders liegen: Die effektive Wirksamkeit der Betonblöcke ist umstritten. Der deutsche TV-Sender MDR etwa unterzog die schwersten im Handel erhältlichen Blöcke einem Test. Das Fazit: Schon kleinere LKW durchbrechen die Betonblocker mit lediglich 50 Stundenkilometern praktisch mühelos. Es ist zumindest denkbar, dass auch die Basler Polizeileitung vielmehr das subjektive Sicherheitsgefühl der Konzertbesucher erhöhen will, aber kein Patentrezept für terroristische Anschläge hat.
In diesen Kontext lassen sich auch die Massnahmen stellen, die die Organisatoren des Riehener Dorffestes getroffen haben. Dieses fand zeitgleich mit dem JKF am vergangenen Wochenende statt – und die Zufahrtswege wurden mit Beton gesichert. Nun hat sich die Polizei aber nicht einfach für einen Anlass entschieden. Die Riehener zeichnen selber für die Sicherheitsmassnahme verantwortlich. «Diskutiert haben wir dies wegen des Anschlags in der Innenstadt von Barcelona. Es hätte wohl kaum jemand nachvollziehen können, wenn wir dies nicht berücksichtigt hätten», sagt OK-Präsident Hans Ruedi Bärtschi. Die Gemeinde sei finanziell für die Elemente aufgekommen, die über den Werkhof beschafft wurden. Kostenpunkt: rund 10'000 Franken.