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Stofflarven sind eine absolute Besonderheit an der Basler Fasnacht. Eine Ikone dieser besonderen Kopfbedeckungen war Marianne Baumgartner. Jetzt sind ihre Werke erstmals an einer Ausstellung am Spalenberg zu bewundern – und zu kaufen.
Der Schlüsselmoment war 1978. An der Basler Hammerstrasse hatte Felix Handschin in einer alten Fabrik die Hammer-Ausstellung organisiert, in der fast alle grossen Schweizer Künstler beteiligt waren und unter anderen auch Eva Aeppli, Textilkünstlerin und erste Frau von Jean Tinguely. Aepplis Werke – grosse Stoffpuppen – waren in einem abgedunkelten Raum ausgestellt; die Wirkung war enorm, einige Leute erschraken, als sich im Dunkel die Schemen abzeichneten.
Unter den Gästen war auch eine gewisse Marianne Baumgartner, eine leidenschaftliche Fasnächtlerin und ein Mitglied der Basler Frauenclique «Die Abverheyte». Sie sah die Figuren und war von deren handwerklicher Umsetzung ergriffen. So sehr, dass sie im gleichen Jahr zu Stoff, Schere und Faden griff und ihrem Bruder für die Fasnacht die erste Stofflarve, die «Nummer 1», anfertigte. Im Jahr darauf kamen die nächsten zur Sammlung – ein gewaltiger Lammbock für ihren Mann und eine Larve für sich selber. Von da an gab es kein Halten mehr.
«Fast wie im Rausch kreierte sie danach ein Motiv nach dem andern», sagt Christian Platz, der mithalf, die erste Ausstellung von Baumgartners Stofflarven zu organisieren. Unter den Werken waren Sujet-Züge für «Die Abverheyte», klassische Fasnachtsfiguren, aber auch Motive aus der griechischen Mythologie. Viele der Larven sind ab Dienstag, 10. März, am Spalenberg 30 in Basel zu sehen. Dort können sie auch für einen moderaten Betrag erworben werden, der Erlös kommt einem wohltätigen Zweck zugute.
Doch Marianne Baumgartner, geboren 1930 und vor drei Jahren gestorben, stand nicht nur für eine fasnachtskünstlerische Neuinterpretion der Textillarve. Sie war auch eine der bedeutendsten Kostümnäherinnen ihrer Zeit. So publizierte sie zum 50. Geburtstag ihrer Clique im Jahr 1988 eine so genannte Kostümkiste, in der viele ihrer Schnittmuster für klassische Basler Fasnachtskostüme enthalten waren. Die Büchlein erschienen aufgrund der grossen Nachfrage nach Vorlagen, allerdings in kleiner Auflage. Auch heute noch werden etwa Ueli-Kostüme nach ihren Vorlagen angefertigt.
Die Ausstellung wird von Baumgartners Erben organisiert, darunter Karl Baumgartner, der selbst Textilgestalter ist. Sie sollte eigentlich die etwas triste Zeit nach der Basler Fasnacht aufhellen. Dass sie nun zu einer Insel der Fasnachtsromantik nach einer kaum stattgefundenen Fasnacht wird, stellte sich damals noch keiner vor. Nun bieten die Stofflarven nicht nur einen Einblick in eine besondere Kreation der Basler Kostümierung, sondern auch noch ein bisschen Ersatz für die ausbleibende Fasnachtsstimmung. Geöffnet ist übrigens auch an den kommenden Bummelsonntagen, an denen wegen anhaltendem Massenveranstaltungsverbot wohl kein Bummel stattfinden darf.
Die Exponate sind alles Einzelstücke, handgemacht. Sie sind originell und vor allem leicht zu tragen: Ausreichend Material für eine Komplettverhüllung, aber auch leicht genug, um unbeschwert Pfeifen oder Trommeln zu können. Sollten sie nach Ende der Ausstellung tatsächlich alle abverkauft sein, wäre ihnen ein zweites Leben zu gönnen. Zum Beispiel an der Fasnacht 2021, der nach diesem tristen Trauerjahrgang ein besonders ergreifender Farbrausch zu gönnen sei.
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«Stoffwächsel, Stoffrunzle, Stofflarve», Dienstag, 10. März, bis Sonntag, 22. März, am Spalenberg 30 in Basel. Öffnungszeiten: Dienstag bis Freitag, 10 bis 12 Uhr und 14 bis 18.30 Uhr, Samstag, 11 bis 17 Uhr, und Sonntag, 15 bis 22 Uhr.