Zum Gedenken an den Künstler Christoph Gloor, der am Samstag gestorben ist.
Ein leeres Blatt Papier, sagtest Du an Deinem 80. Geburtstag, sei Dir wichtig. Und jetzt, nur wenige Monate später, führt Dein Tod dazu, dass ein leeres Blatt «zum Gedenken» an Dich vollgeschrieben werden muss. Wie schön es wäre, Du würdest das Blatt wie früher an Dich nehmen und eine Karikatur zeichnen, würdest Deine Sicht auf die verrückte Welt, in der wir leben, in einem Bild ausdrücken. Und dazu Deine Gedanken äussern, präzise und bissig, aber nie unter der Gürtellinie.
Deine Blätter bleiben seit Samstag leer. Es ist, als würde ein eisiger Wind wehen, dort, wo Du gewirkt und gelacht, getrunken und gedacht hast. Die Runde Deiner Liebsten ist nicht mehr vollständig, sie schrumpft seit Jahren, Dein Freund und Künstlerkollege Jean Tinguely ist schon lange gegangen, andere sind ihm gefolgt. Und jetzt Du.
Bei der nächsten Versteigerung der Stiftung «Kinder in Brasilien» wirst Du nicht mehr im Publikum im «-tis» sitzen, wenn Dein enger Freund Onorio Mansutti auf der Bühne mindestens eines Deiner Werke anbietet und sich vor Kaufangeboten kaum retten kann. Onorio wird Dich als Freund ehren, mit dem er stets «hitzig, aber immer fair» diskutiert und nebenbei die ganze Welt bereist hat; und er wird Dir danken, dass Du seine Stiftung jahrzehntelang unterstützt hast.
Auch die Gemeinde Birsfelden wird ohne Deine Zeichnungen auskommen müssen, Zeichnungen, die Dein Heimatdorf prägen, aber auch am anderen Ende der Schweiz auftauchen und -tauchten, etwa dort, wo Menschen den «Nebelspalter» lesen.
Die Region ist nicht nur um einen scharfen Beobachter und grossartigen Künstler ärmer, sie hat auch einen einzigartigen Menschen verloren. Menschen wie Dich braucht die Welt mehr denn je, Menschen, die den Mächtigen mit dem Bleistift in der Hand auf die Finger schauen. Die Aktualität hat Deinem Schaffen ein Ende gesetzt, Dein Werk aber, das bleibt.