Porsche
Zu gut für die Strasse

Er ist ein Tracktool, aber der Porsche 911 GT3 RS mit 500 PS zeigt auch auf, wie vielseitig und alltagstauglich Supersportwagen heute sind.

Markus Chalilow
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Porsche 911 GT3 RS

Porsche 911 GT3 RS

HO

Er ist der derzeit stärkste Porsche 911 mit Saugmotor. 500 PS werden aus dem Vierliter-Boxermotor generiert. Und damit ist er bereits ein Dinosaurier, denn die Tage der freisaugenden Motoren sind auch bei Porsche gezählt. Turbo ist Trumpf, bald wird auch der 911er über eine Aufladung verfügen. Und obwohl der GT3 RS eigentlich auf die Rennstrecke gehört, haben wir uns den Wagen auf öffentlicher Strasse vorgenommen. Und waren erstaunt, wie alltagstauglich solche Renngeräte mittlerweile geworden sind. Denn bis auf die extrem knappe Bodenfreiheit wird man von RS (für RennSport) im Alltag kaum eingeschränkt.

Porsche 911 GT3 RS

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Dies natürlich nur, wenn man einigermassen leidensfähig ist. Die Federung ist sehr straff, in den perfekt geformten Schalensitz muss man sich «hineinarbeiten». Und die Übersicht ist wegen des Überrollkäfigs eingeschränkt. Auch aus dem Rennsport stammt die Taste in der Mittelkonsole. Der «Pit Speed limiter» lässt sich auf das aktuelle Tempolimit in der Boxengasse einstellen. Etwas Formel 1 auf der Strasse also. Ein Gimmick, im Alltag unbrauchbar. Aber eben, der Porsche dürfte öfters auch auf der Rennstrecke bewegt werden, da, wo er hingehört. Aber sonst? Klimaanlage, automatisches Doppelkupplungsgetriebe, elektrische Fensterheber, Luxus pur in einem Rennsportauto. Wie bereits erwähnt, ist der 911 GT3 RS sehr alltagstauglich. Einkaufen? Kein Problem, der Kofferraum im Bug ist gross genug. Im Stau? Auch kein Problem, die Automatik lässt den rechten Fahrerfuss ruhen, die Klimaanlage sorgt für angenehme Temperaturen. Nur ganz schlechte Strassen mag der Zuffenhausener nicht. Dafür sind die Federwege einfach zu kurz, der Wagen beginnt zu hüpfen.

Ab und zu haben wir dem Sechszylinder dann doch die Sporen gegeben. Es ist wunderbar, wenn der Boxer unter infernalischem Brüllen die 8000er-Marke knackt. Bergab voll in die Eisen steigen, auf der Bremse einlenken, herumziehen und wieder ans Gas. Das macht so ein GT3 RS, als hätte es seine Urahnen nie gegeben. Kein Zucken, keine Hinterlist, manchmal wollten wir aussteigen und nachsehen, ob der Motor wirklich noch im Heck montiert ist. Wer einen 911 aus den 90er-Jahren gefahren ist, wird das Auto nicht wiedererkennen. Und dann dieser mechanische Grip! Hat man die Michelin-Walzen (auch sie sind für den Rennstreckeneinsatz geeignet) auf Temperatur (und wenns grad nicht regnet, sonst lässt man das Auto besser in der Garage) scheint die Querbeschleunigung nie zu enden. Und ja, auch mir ist klar, dass man auf der Strasse nie ans Limit dieses Wagens kommt. Aber der Weg dorthin ist das Ziel.

Beim 911 GT3 RS geht dir zuerst das Talent aus, dann der Mut, dann die Strasse, und erst danach enden die Fähigkeiten dieses Sportwagens. Natürlich haben wir auch ein paar Sachen gefunden, die uns nicht komplett überzeugt haben. Die 21-Zoll-Hinterräder zum Beispiel. Hier haben die Marketing-Spezialisten die Techniker wohl übertrumpft. Die Räder in diesem Format ergeben einfach keinen Sinn. Sind nur schwerer als 19- oder 20-Zöller. Und dieser Heckspoiler! Mächtig das Teil, auf der Rennstrecke sicher sinnvoll. Auf der Strasse hingegen meist nur im Weg. Zudem: Um in den Geschwindigkeitsbereich zu gelangen, in welchem das mächtige Teil einen Nutzen bringt, ist im Alltag gar nicht möglich.

ein Wort zum Getriebe. Den GT3 RS gibt es nur mit dem richtig guten Doppelkupplungsgetriebe PDK. Das System ist nahezu perfekt, die Gangwechsel extrem schnell, nahezu ohne Zugkraftunterbrechung. Aber irgendwie fehlt bei einem solchen Auto das Gefühl, selbst im Öl rühren zu können. Das Fahrgefühl ist so emotional, dass man auch das emotionale Erlebnis des Selber-Schaltens haben möchte. Leider gibts eine Handschaltung nicht einmal gegen Aufpreis. Mindestens 221'000 Franken kostet der derzeit wohl faszinierendste Porsche. Unser Testwagen schlug gar mit 234'230 Franken zu Buche. Ist er das wert? Ganz sicher, wenn man sich die hochkarätige Technik, das extrem direkte Fahrgefühl und die Ausstattung ansieht. Aber wer vor allem auf öffentlichen Strassen unterwegs ist, ist mit dem GT3 ohne «RS» sicher besser bedient. Und spart erst noch rund 50'000 Franken bei der Anschaffung.