Die GTS-Modelle des Porsche 911 mit Turbo- statt Saugmotor: So sind sie auf der Strasse und auf der Rennstrecke.
Es ist bestimmt kein Zufall, dass sich Rallyelegende Walter Röhrl für seine Demo-Runden auf dem Killarney-Racetrack anlässlich der Lancierung der neuen Porsche-911-GTS-Modelle ausgerechnet das babyblaue Coupé geschnappt hat. Hinterradantrieb, Handschaltung und 450 PS, das klingt genau nach dem Geschmack des Meisters.
Der 911 Carrera GTS ist, wie alle GTS-Modelle bei Porsche, der Mittelweg zwischen sportlichem «S» und hochgezüchtetem «turbo». Beim 911er gibt es auch in dieser Variante volle Wahlfreiheit: Hinterrad- oder Allradantrieb, Handschaltung oder Doppelkupplungsgetriebe, Coupé, Cabrio oder Targa, wobei Letzterer nur mit Allrad zu haben ist. Alle GTS-Modelle, auch jene mit Hinterradantrieb, bekommen die an der Hinterachse um 44 Millimeter verbreiterte Karosserie. Das sorgt für einen bulligeren Auftritt und vor allem für eine breitere Spur, um das Fahrverhalten zu verbessern.
Zusammen mit der sportlicheren Fahrwerksabstimmung und der optionalen Hinterachslenkung macht das den 911er spürbar agiler. Zudem sind mit dem GTS erstmals auch extra griffige Semislick-Reifen für den Sportler zugelassen, die selbst Röhrl auf der Rennstrecke begeistern: «Der Grip ist unglaublich.» Auch in schnell gefahrenen Kurven ist der 911 so kaum aus der Ruhe zu bringen – trotz 450 PS und 550 Nm an der Hinterachse. «Im Grenzbereich auf der Rennstrecke ist der 911er mit Turbomotor etwas schwerer zu kontrollieren als der Vorgänger mit Saugmotor, da das hohe Drehmoment nicht ganz so feinfühlig dosierbar ist», meint Röhrl. Um das zu spüren, muss man aber auch das Fahrtalent des zweifachen Rallyeweltmeisters mitbringen – und das Auto erst mal in diesen Grenzbereich bringen.
Mehr Schub
Die Mehrleistung von 30 PS und die zusätzlichen 50 Nm Drehmoment im Vergleich zum Carrera S schöpft der 3-Liter-Boxer mit doppelter Turboaufladung aus grösser dimensionierten Turboladern. Das hat den kaum spürbaren Nachteil, dass das maximale Drehmoment einen kaum spürbaren Tick später anliegt, sorgt aber auf der anderen Seite dafür, dass die Leistung auch bei hohen Drehzahlen nicht abebbt. So gerüstet rennt der Carrera GTS bis zu 312 km/h schnell (Coupé mit Handschaltung) und beschleunigt in bestenfalls 3,6 Sekunden auf 100 km/h (Carrera 4 GTS Coupé mit PDK).
Bei der ersten Ausfahrt abseits der Rennstrecke, auf den kurvigen Passstrassen rund um den Tafelberg bei Kapstadt, kann sich der GTS aber vor allem durch die satte Kraft aus dem Drehzahlkeller in Szene setzen. Gerade bei den etwas schwergewichtigen Cabrio- und Targa-Varianten ist das zusätzliche Drehmoment ein grosser Fortschritt im Vergleich zum Vorgänger. Der durchzugsstarke Turbomotor kann das Gewicht von deutlich über 1600 kg besser kaschieren und wirkt damit deutlich lebendiger.
Für passenden Klang sorgt im GTS serienmässig eine Sportabgasanlage mit Klappensteuerung. Die kommt zwar nicht ganz an die rauen Klänge des freisaugenden Vorgängers ran, erfreut das Ohr aber vor allem bei hohen Drehzahlen mit markantem Röhren und spektakulärem Blubbern im Schubbetrieb. Wie in allen Carrera-Modellen hat man auch beim GTS die Wahl zwischen dem sehr direkten und perfekt arbeitenden PDK-Doppelkupp lungsgetriebe und der knackigen und präzisen Handschaltung, die das Sportwagenerlebnis nochmals erhöht.
Schicke Zierde
Aufgewertet wird der GTS traditionsgemäss nicht nur mit mehr Leistung und sportlicherer Abstimmung, sondern auch optisch. Aussen fallen die 20-Zoll-Räder in Schwarz mit Zentralverschluss auf, die die Sportlichkeit gekonnt betonen. Gegen Aufpreis kann zudem die unermüdliche Keramikbremsanlage geordert werden. Allerdings zeigt auch die serienmässige Stahlbremse auf der Rennstrecke keine Schwächen.
Abgedunkelte Rücklichter und weitere schwarze Akzente machen den GTS von aussen elegant. Innen schmeicheln zahlreiche Alcantara-Einlagen Augen und Fingern des Fahrers. Optional kann der GTS durch das Entfernen der Rückbank und leichte Schalensitze noch sportlicher gestaltet werden. Allgemein ist selbstverständlich, wie bei Porsche üblich, gegen Aufpreis fast alles möglich. Besonders empfehlenswert sind die aktive Hinterachslenkung und das GTS-Interieurpaket mit farblich abgesetzten Ziernähten und Carboneinlagen für noch mehr sportliches Flair im Cockpit.
Gerechtfertigtes Plus?
Der Aufpreis zum 30 PS schwächeren Carrera S beträgt 16 700 Franken; der Carrera GTS ist damit ab 150 300 Franken zu haben. Das Cabrio kostet weitere 15 900 Franken Aufpreis. Der Allradantrieb kostet jeweils 9000 Franken, das automatische Doppelkupplungs getriebe weitere 5050 Franken. Damit lässt sich der 911 Carrera GTS problemlos auch über die 200 000-Franken-Marke konfigurieren. Gemessen an der Wertigkeit und am möglichen Fahrspass ist das aber durchaus gerechtfertigt. Aufgrund der sehr guten Fahrleistungen und Fahreigenschaften kann der GTS nicht nur ein Upgrade vom Carrera S bedeuten, sondern auch eine echte Alternative zum deutlich teureren 911 turbo sein. Und: Für Puristen bietet der GTS Fahrleistungen, die noch vor wenigen Jahren dem Turbo würdig waren in Kombination mit Handschaltung und Heckantrieb.