BMW
Es beginnt ein neues Zeitalter

Der BMW i3 ist ein Elektroauto - und dennoch durch und durch ein BMW.

Peter Ruch
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BMW i3

BMW i3

PRU

Die Entwicklung eines neuen Automobils kostet so etwa eine Milliarde Euro, über den Daumen gepeilt. Unter vorgehaltener Hand wird gemunkelt, BMW habe in die Entwicklung des i3 etwa 2,5 Milliarden Euro investiert, also deutlich mehr als üblich. Daraus ergeben sich zwei Dinge. Erstens: mit dem i3 wird die weiss-blaue Marke nie schwarze Zahlen schreiben können, geht einfach nicht, aber die Bayern können das verkraften. Zweitens: es ist BMW so richtig Ernst mit der Elektromobilität. Und das ist gut so, das wird einen sehr frischen Wind geben in der Branche, wohl eher sogar einen Sturm. Denn BMW geht eine Wette ein auf die Zukunft, mit Ausnahme von Renault/Nissan als bisher einziger Hersteller.
Nach einer ersten, ausführlichen Testfahrt lässt sich sagen: willkommen in der Zukunft. Nein, es ist nicht so, dass BMW das Rad neu erfunden hat, nicht einmal das Elektroauto definieren die Bayern neu. Mit 160 Kilometern Reichweite setzt der i3 keinen neuen Bestwert, das können andere E-Autos auch oder sogar besser (Tesla!). Für alle, denen das zu wenig ist, wird es noch eine i3-Variante mit Range-Extender geben, ein Dreizylinder-Motörchen plus einen 9-Liter-Benzintank plus 120 Kilo Übergewicht, damit ist man dann zwar auf der sicheren Seite in Sachen Reichweite, doch dafür ist die CO2-Bilanz nicht mehr ganz so grossartig.
Die reine Lehre beim i3 wiegt 1195 Kilo. Das ist ein wichtiger Punkt, denn beim Thema Leichtbau beginnt bei BMW der Fortschritt. Jedes Kilo zuviel schränkt die Reichweite ein, je leichter, desto weiter. Möglich ist dieses tiefe Gewicht - immerhin schleppt der i3 stolze 280 Kilo an Batterien und Elektromotoren herum - nur deshalb, weil allerorten Karbon verwendet wird. Da geht BMW neue Wege, auch in der umweltfreundlichen Produktion, und man darf erwarten, dass dies diesem hochfesten und sehr leichten Material im Autobau Tür und Tor öffnen wird. Der kleine Stromer, 170 PS stark, beschleunigt BMW-typisch sehr flott, in 7,2 Sekunden ist er von 0 auf 100. Die Höchstgeschwindigkeit ist allerdings auf 150 km/h beschränkt. Doch da ist trotzdem und trotz der schmalen Reifen jede Menge Fahrfreude, wie alle E-Autos verfügt der i3 über eine sehr gute Durchzugskraft, aber auch das Fahrwerk verträgt einiges in Sachen Kurvengeschwindigkeiten. Auch wenn das vielleicht nicht der Sinn ist eines Elektroautos, doch der i3 lässt sich sehr sportiv bewegen - ohne deswegen unkomfortabel zu sein. Nicht wirklich BMW-typisch: die clevere Ausnutzung des Raums. Der i3 ist nur knapp 4 Meter lang, 1,78 Meter breit, 1,58 Meter hoch, doch er bietet für die Insassen und im Kofferraum erfreulich viel Platz. Und selbstverständlich alle Sicherheitsfeatures, die heute Standard sind. Gewöhnen muss man sich vielleicht an die gegenläufig öffnenden Türen - und auch an gewisse Materialien im Innenraum, da ist nicht edles Holz und teures Leder Trumpf, sondern Nachhaltigkeit.
Ein gutes, sogar sehr überzeugendes Produkt also, mit einem Ab-Preis von unter 40'000 Franken für einen BMW mit derart fortschrittlicher Technik nicht einmal sehr teuer. Doch es sind weder Fahrleistungen, neue Materialien noch der interessante Preis, die den i3 wirklich aussergewöhnlich machen, sondern der Mut vom BMW, mit der Untermarke «i» vollkommen neue Wege zu gehen, in Sachen Herstellung, Vertrieb, Technik, auch Design. Mit Macht (und auch viel Marketing-Geld) werden die Bayern auf einen Markt kommen, der dringend frische Ideen braucht - und BMW kann sie liefern. Ob das schon reicht, um den Elektroautos endlich so etwas wie den Durchbruch an der Verkaufsfront zu sichern, das muss sich noch weisen. Sicher aber ist: die anderen Hersteller sind aufgeschreckt, bemühen sich fast ein bisschen krampfhaft, den Zug in Richtung Zukunft auch noch zu erwischen. Mercedes, zum Beispiel, hat gerade angekündigt, die B-Klasse bald schon auch rein elektrisch anbieten zu wollen. Mit Batterien-Technik von Tesla.