Volkswagen
Alleskönner mit Sportsgeist

Das Car of the Year gibts jetzt auch als Power-Variante: Volkswagen Golf GTI.

Peter Ruch
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VW Golf GTI

VW Golf GTI

HO

Auch wir, so abgebrüht wir scheinen mögen, sind dann manchmal erstaunt. Erfreut. Dass wir den Golf 7 als ausgezeichnetes Automobil empfinden (wir haben einen im Dauertest - und möchten ihn gar nicht mehr hergeben), das haben wir schon verschiedentlich zum Ausdruck gebracht. Die geballte Kraft und Macht von Martin Winterkorn steckt in dem Wagen, mit diesem Golf zeigt er der Welt und vor allem der Konkurrenz, wo Gott hockt. Wie hoch der Hammer hängen kann. Da sind die Erwartungen an die GTI-Variante des Golf natürlich noch höher. Einverstanden, ein paar Generationen lang (3,4, sicher auch 5) war GTI nix mehr als eine Ausstattungsvariante des Golf, lieblos wurde er abgehandelt in Wolfsburg, das Erbe der ersten und zweiten Generation ging verloren, man vergass, weiter an der Legende zu basteln. Beim Sechser wurde es wieder besser, und der Siebner jetzt - wenn es an diesem Wagen etwas zu mäkeln gibt - dann sein Aussehen, sein Sound und sein Preis.

Doch sonst: wir verneigen uns ehrfürchtig. Gefahren sind wir nur den Wagen mit dem Performance Paket samt Doppelkupplungsgetriebe DSG, also best of: 230 PS, mechanische Sperre, ein paar optische Gimmicks. Auf dem Weg von München zum GTI-Treffen am Wörthersee gings zuerst auf der deutschen Autobahn zur Sache (ja, geht gut, geht sehr gut), dann fanden wir in Österreich eine Gasse, die war der Traum. Gut 70 Kilometer ohne Verkehr, keine Kinderkrippen, kaum je ein Dorf, teilweise miserabler Belag, schön schmal, manchmal sehr schnell, dann wieder sehr eng. Wir hatten Spass. Massig davon. Drei Dinge sind herausragend: Fahrwerk, Lenkung sowie Kraft und deren Übertragung. Beginnen wir beim Motor samt Getriebe. Dass DSG, hier verbaut mit sieben Gängen, hervorragend ist, das ist nicht wirklich neu. In Verbindung mit dieser Variante von EA288, 2 Liter Hubraum und Turbo, gibt es allerdings eine neue Krone, die Harmonie ist bestechend, die Schaltvorgänge kürzest, die Anschlüsse, und darum geht es ja wenn man flott unterwegs sein will, schlicht perfekt. Sowohl hoch wie auch runter. Die Maschine selbst: sehr drehfreudig, schon aus dem Drehzahlkeller, man hat nie das Gefühl, man habe zu wenig. Natürlich wäre mehr besser (Renault Megane! Mini JCW!), aber für die öffentliche Strasse reicht es alleweil. Wer für Ego oder die Rennstrecke mehr braucht, der muss auf den R warten, der kommt wohl auch noch dieses Jahr und dann nicht mehr als Grauguss-Sechszylinder, sondern mit dem gleichen 2-Liter und mehr Dampf auf dem Turbo. Benchmark: der Audi S3, wahrscheinlich gibt es noch das eine oder andere Pferd mehr. Dann allerdings: Allrad, sprich - mehr Gewicht. Jetzt sind es 1350 Kilo, und das ist gerade noch so knapp ok.

Und überhaupt: wenn man sauber fährt, immer schön auf Zug, dann funktioniert das alles bestens. Auch dank der mechanischen Sperre, das ESP muss nur selten eingreifen, und wenn, dann ist so schnell wieder weg, wie es gekommen ist. Ausschalten kann man das Ding aber nicht. Nur Lob haben wir dafür die so genannte Progressivlenkung übrig, deren Präzision zunimmt, je schärfer man das Auto bewegt. Und genau so soll es sein, denn beim Gondeln kann man ja durchaus etwas rudern. Ansonsten ist auch der GTI ein Golf 7 mit all seinen Qualitäten, sehr saubere Verarbeitung, sehr ergonomisch, alles ist klar und logisch. Die Platzverhältnisse sind gut, Kofferraum hat es reichlich. Selbstverständlich würde man sich gerade
im Sport-Modell etwas mehr Charme wünschen (karierte Sitzbezüge reichen da nicht aus), der Sound ist leider kümmerlich (was die Fans aber schnell ändern werden), doch die Alltagstauglichkeit ist hervorragend. Das ausgezeichnete Gesamtpaket hat aber halt seinen Preis, ab 38'050 Franken ist so ein GTI zu haben, das Performance-Paket, das wir unbedingt empfehlen wollen, kostet 1250 Franken Aufpreis.