Zurzibiet
Die Frauen wollen die Gemeinderäte im Bezirk erobern – dass es so viele sind wie noch nie, hat seine Gründe

Neben 60 Männern kandidieren im Bezirk Zurzach und der Gemeinde Würenlingen auch 26 Frauen für die 75 Gemeinderatssitze. Einen Anteil daran haben auch die Gruppe Frauen Würenlingen und der Verein Zurzibieter Frauen. Letzterer glaubt nicht, dass es sich nur um einen temporären Anstieg handelt.

Stefanie Garcia Lainez
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In Würenlingen haben Initiantinnen gleich mehrere Frauen für eine Kandidatur motivieren können: Barbara Di Santis (2. v. l.) kandidiert für die Fiko, Manuela Smit-Voser (v.l.), Carmen Spuler und Lea Meier Roth stehen für den Gemeinderat zur Wahl.

In Würenlingen haben Initiantinnen gleich mehrere Frauen für eine Kandidatur motivieren können: Barbara Di Santis (2. v. l.) kandidiert für die Fiko, Manuela Smit-Voser (v.l.), Carmen Spuler und Lea Meier Roth stehen für den Gemeinderat zur Wahl.

zvg

Noch nie sind so viele Frauen im Zurzibiet zu den Gemeinderatswahlen angetreten. 2017 lag ihr Anteil noch bei 26,3 Prozent. Wird die Rechnung ohne die acht Rheintaler Fusionsgemeinden gemacht, waren es mit 24,5 Prozent noch etwas weniger. Im kommenden September macht der Frauenanteil nun 30,2 Prozent aus: 26 Kandidatinnen und 60 Kandidaten kämpfen um die 75 Gemeinderatssitze.

«Das freut uns natürlich», sagt Ursi Payne, Vorsitzende des Vereins Zurzibieter Frauen. Der Verein setzte sich bei der Gründung 2013 auf die Flagge, dass in jedem Gemeinderat mindestens eine Frau sitzt. Das Ziel wurde zwar in der aktuellen Legislatur noch nicht ganz erreicht: In Kaiserstuhl sitzen fünf Männer.

Anders könnte es in den kommenden vier Jahren aussehen. Abgesehen von Fisibach, wo bisher nur drei Personen – alles Männer – antreten, kandidiert überall mindestens eine Frau. In zwei Dörfern übernehmen die Frauen mit grösster Wahrscheinlichkeit die Mehrheit: In Mellikon, wo drei Frauen und zwei Männer antreten, und in Tegerfelden, wo vier Frauen und zwei Männer kandidieren. In Würenlingen sind unter den acht Kandidierenden drei Frauen. In Zurzach steht bereits fest, dass im siebenköpfigen Gremium zwei Gemeinderätinnen sitzen.

Dass dies nur eine temporäre Entwicklung ist, glaubt Ursi Payne nicht:

«Wir spüren schon einen Trend, dass immer mehr Kandidatinnen antreten.»

Zum einen könne das mit dem 50-Jahre-Jubiläum der Einführung des Frauenstimmrechts zusammenhängen. «Das gab sicher Schwung.» Zum anderen dürfte sich auch die Arbeit der Zurzibieter Frauen auszahlen.

Gemeinderat Endingen: Zuerst keine Kandidatin, jetzt Frauenmehrheit

Das zeigt sich beispielsweise in Endingen: Noch 2016 suchte der Verein erfolglos eine Frau, um mindestens einen der beiden frei werdenden Sitze zu besetzen. Danach führte der Verein zahlreiche Gespräche, klärte über die Anforderungen des Amtes auf und half mit, dass die Frauen in Endingen inzwischen die Mehrheit im Gemeinderat stellen.

Das ist momentan im ganzen Bezirk nur noch in Tegerfelden der Fall. «Wir haben Frau Vizeammann Rebecca Spring und Gemeinderätin Alessia Stampanoni mit Flyern aktiv unterstützt», sagt Ursi Payne. Das Gleiche gilt auch für die beiden Frauen im künftigen Zurzacher Gemeinderat.

In anderen Gemeinden wie Tegerfelden war der Verein eher im Hintergrund tätig und coachte die Kandidatinnen über das richtige Auftreten oder wie Wählerinnen und Wähler mobilisiert werden können. Unterdessen hat sich der Verein etabliert, ist präsent im Zurzibiet, was wiederum das Bewusstsein für das Thema stärke.

Inzwischen kommen Gemeinden aktiv auf den Verein zu, wenn ein Exekutivmitglied abtritt. Noch im Aufbau ist das Patensystem, bei dem amtierende und ehemalige Gemeinderätinnen Tipps geben und allgemeine Fragen beantworten.

Einsatz der Frauen hat sich auch in Würenlingen gelohnt

Auch in Würenlingen wurden die Frauen im Frühling aktiv, als bekannt wurde, dass die einzige Frau im Gemeinderat nicht mehr kandidiert. «Es ist wichtig, dass die Frauen im Gemeinderat und in den Kommissionen angemessen vertreten sind und sich politisch beteiligen», sagte Alice Treier im Namen der Initiantinnen damals zu dieser Zeitung. Und ergänzte:

«Die Parteizugehörigkeit steht dabei nicht im Zentrum, sondern dass die Frauen sich entsprechend einbringen können.»

Der Einsatz lohnte sich: Während 2017 unter den acht Kandidierenden nur eine Frau war, steigen in diesem Jahr drei Kandidatinnen in den Wahlkampf.

Trotz allem Erfolg: «Es hat noch immer zu wenig Frauen in den Gemeinderäten», sagt Ursi Payne von den Zurzibieter Frauen. «Dabei ist eine gute Durchmischung des Gremiums wichtig. Frauen und Männer kommunizieren unterschiedlich und setzen sich anders für verschiedene Themen ein.» Frauen würden aber oft zögern, sich bei Wahlen aufstellen zu lassen. «Sie haben zu grossen Respekt und trauen sich dieses Amt oft nicht zu.» Auch winkten sie wegen der Mehrfachbelastung aus Familie, Beruf und Politik häufig ab. Ursi Payne sagt:

«Es ist richtige Knochenarbeit, die Frauen von einer Kandidatur zu überzeugen.»

Sie ergänzt: «Dabei braucht es keine Akademikerinnen, sondern Personen mit gesundem Menschenverstand und dem Willen, sich für das Gemeinwesen einzusetzen.» Dafür dürfe die Bereitschaft grösser sein.