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Weniger Jobs, weniger Sponsoren, weniger Geld: Weshalb Silvan Dillier lange um einen neuen Vertrag zittern musste

Erst am Mittwoch konnte der Schneisinger Radprofi Silvan Dillier endlich aufatmen. Er unterschrieb beim belgischen Pro-Continental-Team Alpecin-Fenix einen Einjahresvertrag. Lange Zeit sah es so aus, als ob dem 30-Jährige sämtliche Türen vor der Nase zugeschlagen werden.

Marcel Kuchta
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Silvan Dillier präsentiert das Trikot seines neuen Arbeitgebers.

Silvan Dillier präsentiert das Trikot seines neuen Arbeitgebers.

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Silvan Dillier musste sich lange gedulden, ehe er seinen neuen Arbeitgeber bekannt geben durfte. Nun ist klar: Nach drei Jahren im französischen AG2R-Team zieht es den Schneisinger Radprofi nach Belgien. Beim Alpecin-Fenix-Team unterschrieb der 30-Jährige einen Vertrag für die kommende Saison.

Auf den ersten Blick mag diese Wahl erstaunen. Denn die belgische Equipe gehört nicht zum erlauchten Kreis der World- Tour-Mannschaften, sondern wird «nur» als «Pro Continental» eingestuft und gehört somit zur zweithöchsten Stärkeklasse im Profi-Radsport. Zur Erinnerung: Nur die World-Tour-Teams haben einen garantierten Startplatz bei den wichtigsten Rennen wie den grossen Landesrundfahren (Tour de France, Giro, Vuelta) oder den Eintagesklassiker (Flandern, Paris–Roubaix, Mailand–Sanremo etc.).

Nicht erstklassig, aber trotzdem immer dabei

Ist dieser Wechsel für den ehrgeizigen Silvan Dillier also nicht ein monumentaler Abstieg? Nein, ist es nicht. Denn ein Reglements-Passus des Internationalen Radsportverbands UCI macht es möglich, dass auch Alpecin-Fenix trotz Pro-Conti-Status an allen Wettkämpfen der höchsten Rennstufe startberechtigt ist. Die Belgier gewannen in diesem Jahr die Mannschaftswertung ihrer Stärkeklasse, was gleichbedeutend ist mit dem Eintrittsticket zu sämtlichen World-Tour-Rennen. Alpecin-Fenix besitzt also sozusagen eine Dauer-Wildcard, darf sowohl die Tour de France als auch alle Eintagesklassiker bestreiten. Aber, und das ist der grosse Vorteil, das Team muss – im Gegensatz zu denjenigen der höchsten Stufe – nicht an jedem World-Tour-Rennen mitmachen.

Die Mannschaft hätte sogar die Lizenz des sich zurückziehenden CCC-Teams übernehmen können, fühlt sich aber in seiner aktuellen Ausgangslage offensichtlich wohl. Sportlich gehört Alpecin-Fenix vor allem dank Superstar Mathieu van der Poel, der im Oktober die Flandern-Rundfahrt gewann, sowieso eigentlich schon zu der gehobeneren Hubraumklasse. Entsprechend begeistert ist Silvan Dillier, dass es mit dem Wechsel nach Wochen des bangen Wartens doch noch geklappt hat. «Wir haben ein ambitioniertes, junges Team. Ich freue mich riesig auf diese Herausforderung.»

Weniger Teams, weniger Jobs, weniger Sponsoren

Dass der Schneisinger bis weit in den November hinein keine Klarheit betreffend seiner Zukunft als Radprofi hatte, war zu einem grossen Teil den Umständen geschuldet. Einerseits zogen sich einige Teams ganz aus dem Radsport zurück, anderseits forderte die Corona-Krise auch Opfer aufseiten der Sponsoren. Die Arbeitsplätze wurden knapper, die Budgets kleiner. Kurz: Für Dillier ging eine Tür nach der anderen zu. Trotz des denkbar ungünstigen Zeitpunkts für die Jobsuche blieb er optimistisch, dass es doch noch irgendwie klappen würde. «Ich habe keine Gedanken daran verschwendet, dass ich am Ende mit leeren Händen dastehen würde», sagt er. Sein Dank gilt deshalb in erster Linie auch seinem Manager Manuel Quinziato, der sich in den vergangenen Wochen mächtig für seinen Klienten ins Zeugs gelegt hatte.

Wie Dilliers Programm im kommenden Jahr aussehen wird, ist noch offen. Jetzt ist erst einmal durchatmen angesagt. Auch eine Geduldsprobe kann anstrengend sein.