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Im Schweizerischen Militärmuseum Full restaurieren Spezialisten Armeefahrzeuge, darunter auch den deutschen «Königstiger»-Panzer.
Unauffällig steht der Panzer neben Artilleriegeschützen der Schweizer Armee in einer Halle des Militärmuseums in Full. Auf Böcken ruht das zweiteilige, gut sechs Meter lange Rohr des Geschützes im Kaliber 8,8 Zentimeter. Der rostrot grundierte Turm des Panzers steht auf einer Konstruktion, die einst für Arbeiten an den Türmen des Schweizer Panzers 68 gedient hatte.
Auf Paletten liegen einbaufertige Teile bereit. Seit Jahren arbeitet ein Team des Schweizerischen Militärmuseums an der Restaurierung dieses Panzers, eines «Panzerkampfwagens VI, Tiger II», der einstigen deutschen Wehrmacht.
Der sogenannte «Königstiger», der 1944 gebaut und in den letzten Monaten des Zweiten Weltkrieges eingesetzt worden war, bildete damals, technisch gesehen, wohl einen der Höhepunkte der Panzer-Entwicklung.
«Der Panzer befindet sich im Eigentum des Bundes», sagt Thomas Hug, der Präsident des Vereins Schweizerisches Militärmuseum Full. «Das Museum hat ihn als Dauerleihgabe erhalten. Wir wissen nicht, wann und wie er zum Bund gekommen ist.» Fest steht aber, dass der 68 Tonnen schwere Panzer einst auf dem Waffenplatz Thun bei Bergeübungen mit dem Centurion-Entpannungspanzer als Schleppobjekt gedient hat.
An diesem Morgen arbeiten Bernd Kubiak, der das Königstiger-Team leitet, und Uwe Harnack am Panzer. «Gegenwärtig konzentrieren sich die Arbeiten auf den Turm», sagt Bernd Kubiak. «Da sind zwei Leute ausreichend.»
Auf die Frage nach der persönlichen Motivation, einen Teil der Freizeit in einer kalten Halle bei der Arbeit an einem alten Panzer zu verbringen, erklärt Bernd Kubiak: «Ich schraube gerne an Oldtimer-Autos. Die Möglichkeit, bei der Restaurierung des Königstigers mitarbeiten zu können, hat mich fasziniert. Für mich ist dieses Ding eine rein technische Herausforderung.» Uwe Harnack stellt fest: «Mich interessiert die Geschichte der technischen Entwicklung der Panzer. Für mich geht es aber auch um das Bewahren von Technik.»
Inzwischen sind die aus gewalzten Stahlblechen zusammengeschweisste Wanne und das Fahrwerk des Königstigers überholt. Der Blick in die ausgeräumte Wanne zeigt die in einem Spezialbetrieb neu angefertigten Drehfederstäbe, welche die Schwingarme für die Laufwerkräder tragen, aber auch die neuen Leitungen für die Zentralschmierung und die sieben Benzintanks. «Wir werden allerdings nur einen Tank in Betrieb nehmen», so Thomas Hug.
«Wir wollen ja nicht längere Strecken fahren.» Verständlich. Wird doch in der Literatur der Fahrbereich des Panzers auf der Strasse mit rund 100 Kilometern und im Gelände mit 80 Kilometern angegeben. Dann waren die insgesamt rund 500 Liter Benzin fassenden Tanks leer.
Wesentliche Elemente des Königstigers werden auswärts instand gestellt. So befindet sich der Motor – ein Zwölf-Zylinder-Maybach-Benziner mit einem Hubraum von knapp 24 Litern und einer Maximalleistung von 700 PS – bei einem Spezialisten in Polen.
Das halb automatische, hydraulische Vorwählgetriebe mit seinen acht Vorwärts- und vier Rückwärtsgängen wird in Deutschland überholt. «Man muss die Leute suchen, die das können», stellt Thomas Hug fest.
Aber auch die Kosten spielen eine Rolle. «Die Restaurierung des Königstigers ist das bisher finanziell grösste Vorhaben des Museums», erklärt Thomas Hug. Zudem ist der Königstiger nicht das einzige Objekt, das gegenwärtig restauriert wird.
Gearbeitet wird unter anderem an einer Feldbäckerei der Schweizer Armee und einem Lastwagen des Typs Ford Canada aus dem Jahre 1944. Fahrzeuge dieses Typs sind bis in die Siebzigerjahre hinein in der Schweizer Armee verwendet worden. Ältere Semester werden sich vor allem daran erinnern, dass bei diesem Lastwagen Gas- und Bremspedal «vertauscht» angeordnet waren.
«Bis jetzt sind rund 300 000 Franken in die Restaurierung des Königstigers gesteckt worden», sagt Thomas Hug. «Wir rechnen mit Gesamtkosten von 400 000 Franken. Finanziert wird das durch Spenden.»
Der Königstiger im Schweizerischen Militärmuseum werde weltweit der zweite fahrbereite Panzer dieses Typs sein, so Thomas Hug. «Damit wird er ein weiterer Anziehungspunkt für das Museum sein.»
Bedenken, dass ausgerechnet ein Panzer wie der Königstiger, mit seiner doch sehr belasteten Herkunft, zu einem Anziehungspunkt des Museums werden soll, hält der Vereinspräsident entgegen: «Das Museum wird jährlich von rund 15 000 Personen besucht. Dieses Publikum entspricht einem Querschnitt der Bevölkerung. Die Besucherinnen und Besucher können nicht als Militaristen oder sogar Extremisten bezeichnet werden.»
Für das Museum stehe nicht nur die Präsentation von Schweizer Armee-Material im Vordergrund, sondern ebenso die Gegenüberstellung des historischen Materials verschiedener Armeen.
Das Schweizerische Militärmuseum in Full funktioniere nur durch den Einsatz einer Equipe von Idealisten, die zum Gotteslohn arbeiten, findet Thomas Hug: «Wir sind sicher keine Armeegegner. Wir sind aber weder Militaristen noch Kriegsbegeisterte. Wir wehren uns auch dagegen, in eine bestimmte Ecke gestellt zu werden.»